# taz.de -- Verzögerte Genehmigung für Tierversuche: Senatorin quält Affenqu… | |
> Obwohl die linke Bremer Gesundheitssenatorin Tierversuche an Affen längst | |
> hätte genehmigen müssen, verschleppt sie die Entscheidung. | |
Bild: Wer will diesem vorwurfsvollen Blick standhalten? Berberaffen in einem Af… | |
BREMEN taz | Ein niedliches Äffchen, dass mit seinen großen Augen einen | |
mitleiderregenden Appell an alle Betrachter formuliert: „Schluss mit der | |
Affenqual in Bremen!“ Mit diesen Plakaten, die kürzlich in Bremen zu sehen | |
waren, forderten Tierschutzvereine, dass der Neurobiologe Andreas Kreiter | |
seine Forschung an Makaken an der Universität Bremen aufgibt. | |
Aktuell flackert der Rechtsstreit um die Genehmigung neu auf. Denn über den | |
[1][Verlängerungsantrag], den Kreiter bereits im Juli stellte, hat die | |
Gesundheitsbehörde bis heute nicht entschieden, obwohl Kreiters Genehmigung | |
am 30. November auslief. | |
Aus ihrer persönlichen Ablehnung gegen Tierversuche macht die | |
Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Linke) keinen Hehl. Grund für die | |
Verzögerung sei aber die [2][veränderte Rechtslage], die eine erneute | |
Prüfung erfordere. Diese Veränderung der Rechtslage bezweifelt wiederum die | |
Universität. Streitpunkt ist dabei auch, ob das Tierschutzgesetz in seiner | |
neuen Fassung vom 26. Juni anzuwenden ist, trotz der bestehenden | |
Übergangsregelung. Die neue Fassung enthält die Ergänzung, dass eine | |
Genehmigung „nach Prüfung durch die zuständige Behörde“ zu erteilen ist. | |
Die Makaken repräsentieren einen alten Streit, der nun neu entbrannt ist. | |
Denn gegen die Tierversuche sind nicht nur die Tierschützer:innen, sondern | |
auch die Bremer Politik. Das ist nicht unbedingt verwunderlich, denn in der | |
Öffentlichkeit sind Tierversuche nicht populär. [3][Schon 2007] hatte die | |
Bremische Bürgerschaft damals einstimmig das baldige Ende der Forschung am | |
Makakenhirn beschlossen. | |
Allerdings: Das wäre ein Eingriff in das Grundrecht auf Forschungsfreiheit. | |
Ein Versuch der zuständigen Behörde, die Experimente zu beenden, war 2012 | |
vor dem Oberverwaltungsgericht letztinstanzlich gescheitert. Das | |
Bundesverwaltungsgericht wies die Beschwerde gegen das Urteil als | |
unbegründet zurück. Es stellte obendrein fest, dass es „der Bremischen | |
Bürgerschaft an der Kompetenz“ fehle, „die Zulässigkeit von Tierversuchen | |
jenseits dessen zu regeln, was ihr im Gesetz zugestanden ist“. Und das | |
Gesetz räume der Behörde eben keinen Prüfungsspielraum ein. | |
Klar ist die Rechtslage hingegen in einem Punkt: Laut Tierschutzverordnung | |
hätte Gesundheitssenatorin Bernhard innerhalb von 40 Tagen über Kreiters | |
Antrag entscheiden müssen. So heißt es im Beschluss des Bremer | |
Verwaltungsgerichts. An das wendete sich Kreiter mit einem Eilantrag auf | |
Rechtsschutz, denn er kann seine Forschung nicht einfach längerfristig | |
pausieren. Das „führe zu irreparablen Schäden“, urteilte das Gericht. | |
Mitarbeiter:innen würden abwandern, Finanzierung wegfallen, | |
mehrjährige Projekte müssten ohne Ergebnis abgebrochen werden und auch die | |
Versorgung der Tiere wäre gefährdet. Vorläufig darf Kreiter also die | |
Versuche fortsetzen. | |
Die Nachteile davon wiegen allerdings schwer, räumt das Gericht ein. Sie | |
lägen in der Beeinträchtigung des Tierschutzes, dem in Artikel 20a des | |
Grundgesetzes Verfassungsrang eingeräumt worden ist. „Bei der Durchführung | |
der beantragten Versuche würden Versuchstieren Schmerzen, Leiden oder | |
Schäden zugefügt“, so die Richter:innen. | |
Der Beschluss wirft kein gutes Licht auf die Gesundheitssenatorin. Sie sei | |
verantwortlich dafür, dass das Gericht „die aufgeworfenen Rechts-, | |
Tatsachen- und Bewertungsfragen“ nicht bis zur Frist am 30. November | |
beantworten konnte. Warum sie nicht über den Antrag entschied, habe sie | |
bisher nicht dargelegt. Sie habe Kreiter auch nicht aufgefordert, seinen | |
Antrag zu ergänzen und ihre Bedenken erst im gerichtlichen Verfahren | |
ausführlich geäußert. Eine knapp 1.000-seitige Behördenakte sei „dem | |
Gericht zunächst unvollständig und erst auf ausdrückliche Nachfrage am 16. | |
November überlassen worden“. | |
Dass die Genehmigung eindeutig abzulehnen sei, gehe aus der Akte nicht | |
hervor, schreiben die Richter:innen. „Bei Gericht ist nach Sichtung der | |
Akte vielmehr der Eindruck entstanden, dass von Seiten der Antragsgegnerin | |
die Bescheidung des Antrags bewusst verzögert wird“, heißt es gegen Ende | |
des Beschlusses. | |
3 Dec 2021 | |
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## AUTOREN | |
Paul Petsche | |
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