# taz.de -- Nachruf auf Doğan Akhanlı: Ein unbeugsamer Kritiker | |
> Der türkische Schriftsteller befasste sich mit dem Genozid an den | |
> Armeniern. Seit Jahren lebte er im Exil. 2017 war er in Spanien verhaftet | |
> worden. | |
Bild: Köln wurde seine zweite Heimat, zuletzt lebte er in Berlin: Doğan Akhan… | |
Nach kurzer schwerer Krankheit ist am Sonntag der Schriftsteller Doğan | |
Akhanlı gestorben. Für viele Freunde Doğans ist diese Nachricht ein | |
schwerer Schock, ging der Schriftsteller mit erst 64 Jahren doch weit vor | |
der Zeit. | |
Als ich Doğan vor elf Jahren das erste Mal in Istanbul traf, kam er gerade | |
aus dem Gefängnis. Trotz der vier Monate Untersuchungshaft war er nicht | |
gebrochen, nur sehr traurig, dass sein Vater, dessen wegen er überhaupt in | |
die Türkei zurückgekommen war, während seiner Haft gestorben war. Ein | |
Besuch des todkranken Mannes war ihm verwehrt worden. | |
## Gnadenlos verfolgt | |
Seit seiner Rückkehr nach Köln, wo er seit Anfang der 1990er lebte, widmete | |
sich Akhanlı literarisch erst recht den Themen, die wehtun. Er schrieb über | |
den Genozid an den Armeniern, war aktiv bei „Recherche International“, | |
einem Verein, der sich die Aufklärung der Genozide des 20. Jahrhunderts zum | |
Ziel gesetzt hat. In der Türkei wurde er deshalb gnadenlos verfolgt. | |
Der Vorwand dafür war ein Verfahren, bei dem er in den 1980er Jahren | |
angeklagt worden war, als Mitglied einer linken Organisation zwecks | |
Geldbeschaffung an einem Überfall auf einen kleinen Laden beteiligt gewesen | |
zu sein. | |
Obwohl ein Zeuge im Zuge seiner Freilassung aus der U-Haft aussagte, | |
Akhanlıs Name sei damals unter Folter nur deshalb genannt worden, weil | |
seine Freunde wussten, dass er bereits im Ausland war, blieb die politische | |
Justiz unerbittlich. Ein Freispruch wurde aufgehoben, ein neuer Prozess | |
gegen ihn begann in Abwesenheit. Die Türkei ließ über Interpol nach ihm | |
fahnden. | |
## Mit Goethe-Medaille geehrt | |
Als Doğan Akhanlı während eines Spanienurlaubs aufgrund des internationalen | |
Haftbefehls im Jahr 2017 tatsächlich erneut [1][festgenommen und in | |
Auslieferungshaft gesteckt wurde], schreckte das in Deutschland auch ein | |
größeres Publikum auf. Dank dieser „irrsinnigen Festnahme in Spanien werden | |
jetzt endlich seine Bücher auch ins Deutsche übersetzt“, sagte Günter | |
Wallraff, sein Freund aus Kölner Tagen, damals. | |
Für sein Buch „Die Richter des jüngsten Gerichts“ wurde er mit einem | |
Literaturpreis ausgezeichnet, vor zwei Jahren wurde er mit der | |
Goethe-Medaille geehrt. Obwohl er zuletzt in Berlin gelebt hatte, soll er | |
in seiner eigentlichen Heimatstadt Köln beerdigt werden. Sowohl Kölns | |
Oberbürgermeisterin Henriette Reker als auch der neue NRW Ministerpräsident | |
Wüst würdigten Doğan Akhanlı als großen Bürger Kölns. | |
1 Nov 2021 | |
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## AUTOREN | |
Jürgen Gottschlich | |
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