| # taz.de -- Widerstand gegen Putsch in Sudan: Tausende gehen auf die Straße | |
| > In Sudan ist es am Samstag zu massiven Protesten gegen die Militärs | |
| > gekommen. Dabei sollen Sicherheitskräfte mindestens zwei Menschen | |
| > erschossen haben. | |
| Bild: So laut wie möglich gegen die unrechtmäßigen Machthaber: ein Demonstra… | |
| Khartum afp/rtr/ap | Im Sudan haben trotz eines Großaufgebots der | |
| Sicherheitskräfte tausende Menschen gegen den Militärputsch vor knapp einer | |
| Woche protestiert. In der Hauptstadt Khartum sei gar eine sechsstellige | |
| Zahl an Demonstranten auf den Straßen gewesen, berichtet ein Augenzeuge der | |
| Nachrichtenagentur reuters. | |
| Nach Angaben von Ärzten haben Sicherheitskräfte dabei auf Teilnehmer der | |
| Proteste gefeuert. Mindestens zwei Menschen seien dabei getötet worden, | |
| berichtete das sudanesische Ärztekomitee, ein Berufsverband. Zur Eskalation | |
| kam es demnach in Omdurman, der Zwillingsstadt von Khartum. Vor Beginn der | |
| Massendemonstrationen am Samstag hatten die USA und die Vereinten Nationen | |
| die neue Militärführung eindringlich zur Zurückhaltung ermahnt. Sie müssten | |
| friedliche Proteste zulassen, forderte etwa der UN-Sondergesandte für den | |
| Sudan, Volker Perthes. | |
| Das Militär demonstrierte seit dem Morgen mit massiver Präsenz insbesondere | |
| in den Straßen von Khartum Stärke. Sicherheitskräfte blockierten Brücken, | |
| welche die Hauptstadt mit Nachbarstädten verbinden. Zudem richteten sie an | |
| Hauptverkehrsstraßen Kontrollpunkte ein, an denen Fußgänger und Autofahrer | |
| stichprobenartig durchsucht wurden. Die Internet- und Telefonverbindungen | |
| waren weitgehend lahmgelegt. | |
| Die Demonstranten in Khartum skandierten am Samstag Slogans wie „Nein, nein | |
| zur Militärherrschaft“ und „Wir sind freie Revolutionäre“. Im Osten der | |
| Metropole setzten Protestierende Autoreifen in Flammen. Auch in anderen | |
| Landesteilen wurde protestiert. Sie forderten die Wiedereinsetzung der von | |
| Zivilisten geführten Übergangsregierung und die Rückkehr auf den Pfad der | |
| Demokratie. | |
| Kundgebungen wurden auch im Osten und Norden sowie in Zentral-Sudan | |
| gemeldet. In der Hafenstadt Bur Sudan am Roten Meer errichteten hunderte | |
| Demonstranten Straßenblockaden, wie AFP-Reporter berichteten. | |
| Seitdem das Militär die Macht in dem nordostafrikanischen Land übernommen | |
| hat, [1][gehen landesweit täglich tausende Menschen auf die Straße]. Bei | |
| Konfrontationen mit den Sicherheitskräften sind nach Ärzteangaben | |
| mindestens acht Demonstranten getötet und 170 verletzt worden. Ein | |
| US-Beamter sprach sogar von 20 bis 30 Toten. | |
| ## Ankündigung eines „Millionenmarsches“ | |
| Trotz der Gewalt hatte die Demokratie-Bewegung für Samstag [2][einen | |
| „Millionenmarsch“ gegen die Machtübernahme des Militärs angekündigt] – | |
| ähnlich wie bei den Massenprotesten, die 2019 zum Sturz des langjährigen | |
| Machthabers Omar al-Baschir führten. „Es gibt kein Zurück mehr“, war auf | |
| Plakaten bei einer Kundgebung in Ost-Khartum zu lesen. „Wir haben keine | |
| Angst mehr“, sagte der sudanesische Menschenrechtsaktivist Tahani Abbas. | |
| Ein US-Beamter hatte die geplanten Proteste als „echten Test“ für die | |
| Absichten des Militärs bezeichnet. Jegliche Gewalt gegen Demonstranten sei | |
| zu unterlassen. Der britische Sondergesandte für den Sudan, Robert | |
| Fairweather, verwies auf das „fundamentale demokratische Recht auf | |
| friedliche Proteste“. Die Sicherheitskräfte hätten für jegliche Gewalt | |
| gegen Demonstranten die Verantwortung zu tragen. | |
| Der dem Militär zugerechnete Finanzminister Gibril Ibrahim deutete an, dass | |
| die Demonstranten zu Gewalt neigten. „Das Zerstören von Bürgersteigen, | |
| Strommasten und die Beschädigung von Eigentum, das von den Menschen gebaut | |
| wurde, hat nichts mit friedlicher Meinungsäußerung zu tun“, schrieb er auf | |
| Twitter. | |
| „Wir haben erfahren, dass die Putschisten Zerstörungen fabrizieren wollen, | |
| um ihre exzessive Gewalt zu rechtfertigen“, erklärte hingegen das | |
| sudanesische Informationsministerium, das weiterhin eine zivile Regierung | |
| unterstützt. | |
| Nach dem Sturz von al-Baschir 2019 hatte ein sogenannter Souveräner Rat die | |
| Regierungsgeschäfte im Sudan übernommen, in dem sich Militärs und | |
| Zivilisten die Macht teilten. Die Übergangsphase sollte 2023 mit der | |
| Einsetzung einer zivilen Regierung enden. Eine hohe Inflation, | |
| wirtschaftliche Probleme und tiefe politische Spaltungen verschärften aber | |
| die Lage. | |
| Soldaten hatten am Montag nach wochenlangen Spannungen zwischen | |
| Befürwortern einer Militärherrschaft und Unterstützern einer Zivilregierung | |
| die zivilen Mitglieder der Übergangsregierung festgenommen. | |
| [3][Regierungschef Abdalla Hamdok sitzt im Hausarrest fest]. Der oberste | |
| sudanesische General Abdel Fattah al-Burhan rief nach dem Putsch den | |
| Ausnahmezustand aus und kündigte die Bildung einer neuen Regierung mit | |
| „kompetenten Personen“ an. | |
| Der UN-Sicherheitsrat hat den Putsch einhellig verurteilt. Die | |
| Übergangsregierung müsse wieder eingesetzt und alle von den Militärs | |
| inhaftierten Personen müssten sofort freigelassen werden, hatte es | |
| geheißen. | |
| 30 Oct 2021 | |
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