# taz.de -- Abriss des Hauses Marlene Poelzig: Ein Symbol der Emanzipation | |
> Am Montag begannen die Abrissarbeiten des Hauses Marlene Poelzig. Enkelin | |
> und Initiator:innen versuchen, das Objekt irgendwie noch zu retten. | |
Bild: Spontane Plakate für die Protestaktion: das Haus Marlene Poelzig soll be… | |
Eine kleine Menschenmenge hat sich am Dienstagmittag in der sonst sehr | |
ruhigen Tannenbergallee versammelt. Eine Architekturstudentin namens | |
Antonia Noll steht auf einem Kabelverzweiger und hält ein Schild hoch mit | |
der Aufschrift „Ein Haus für mehr Gleichberechtigung im Bauwesen“. | |
Der Anlass für die Versammlung, zu der etwa 30 Menschen gekommen sind, ist | |
der plötzliche [1][Abriss des Hauses Marlene Poelzig] in der | |
Tannenbergallee 28. [2][Eine Initiative], die nach der Architektin Poelzig | |
benannt ist, hat einen Tag nach Beginn des Abrisses zu einer spontanen | |
Protestaktion aufgerufen. | |
Denn das Haus westlich vom Theodor-Heuss-Platz wurde 1930 nach dem Entwurf | |
der Bildhauerin und Architektin Marlene Poelzig errichtet. Und das war | |
damals keine Selbstverständlichkeit. „1930 durften Frauen fast überall noch | |
nicht in die Architekturausbildung. Dies ist das einzige Haus, das sie ganz | |
allein geplant und auch gebauleitet hat. Bauleitung war eine vollkommene | |
Männerdomäne“, erklärt Ulrike Lauber, Professorin für Stadt- und | |
Regionalplanung an der Beuth Hochschule für Technik Berlin, die ebenfalls | |
zur Versammlung erschienen ist. „Und wir fragen uns natürlich auch ein | |
bisschen, wenn es Hans Poelzigs Haus gewesen wäre, in wieweit es dann hier | |
in einem besseren Zustand wäre.“ | |
Hans Poelzig war der Ehemann Marlene Poelzigs und ebenfalls Architekt. Die | |
Frage, ob das Haus abgerissen werden würde, wenn es von Hans Poelzig | |
konstruiert worden wäre, wird auch von solidaritätsbekundenden Studentinnen | |
aufgegriffen: „Architektur ist krass dominiert von weißen Männern, und es | |
ist schon wichtig, Position zu ergreifen und Stirn zu zeigen“, erklärt | |
Elena Mücke, die im siebten Semester Architektur studiert und zusammen mit | |
ihrer Kommilitonin von der anderen Straßenseite aus das Haus beobachtet. | |
## Schon länger ein trauriger Anblick | |
Das einstöckige Haus, das zu Lebzeiten Poelzigs als Wohn- und Atelierhaus | |
diente, ist mittlerweile vollkommen verwahrlost. Das Dach besteht nur noch | |
aus Holzbrettern und vor den Türen, wo einst ein großer Garten gewesen sein | |
soll, liegt ein großer Berg aus Sand und Ziegelsteinen. | |
Zur Versammlung gekommen ist auch die Enkelin von Marlene Poelzig, | |
Katharina Blaschke. Sie hat bereits am Tag zuvor vor dem Haus gestanden, | |
nachdem sie kurzfristig vom Abriss erfahren hatte. Auf die Frage, wie es | |
ihr geht, bekommt sie rote, feuchte Augen. „Es macht mich schon traurig. | |
Ich meine, ich habe den Verfall die letzten eineinhalb Jahre beobachtet.“ | |
Ob das Haus vollständig abgerissen werden soll, wird durch den Eigentümer | |
cai-Group entschieden. Laut Lauber sollen dort Luxuswohnungen gebaut | |
werden. | |
2 Nov 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Nach-der-Petition-Die-Poelzig-Villa-bekommt-eine-zweite-Chance/!5736308/ | |
[2] https://hausmarlenepoelzig.de/ | |
## AUTOREN | |
Shoko Bethke | |
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