# taz.de -- Fußball-EM 2022 in England: Aufbruch in ein neues Zeitalter | |
> Die deutschen Fußballerinnen haben für die EM in England schwierige | |
> Gegner zugelost bekommen. Das Turnier soll Maßstäbe für zukünftige | |
> setzen. | |
Bild: Vereinte Konkurrenz: Voss-Tecklenburg (2. v.r.) mit den Kolleg:innen aus … | |
Die deutsche Visitenkarte bei der Auslosung der Endrunde für die Frauen-EM | |
2022 in England hätte kaum besser sein können. Wer nicht gewusst hätte, | |
dass es sich bei Nadine Keßler um die ehemalige Weltfußballerin und | |
Europameisterin 2013 aus der deutschen Frauen-Nationalmannschaft gehandelt | |
hat, hätte [1][die mittlerweile die Frauenfußball-Abteilung der Uefa | |
leitende Pfälzerin] auch als gebürtige Britin verorten können. | |
In fast akzentfreiem Englisch und ohne jeden Versprecher kommentierte die | |
33-Jährige die Zeremonie im Victoria Warehouse in Greater Manchester. Ihr | |
Versprechen: Dieses Turnier als Aufbruch in ein neues Zeitalter zu | |
begreifen. „Wir wollen eine ganz neue Generation fußballbesessener Mädchen | |
und Jungen inspirieren und in England, Europa und darüber hinaus ein | |
Vermächtnis hinterlassen.“ | |
Spannend wird sein, welche Rolle Deutschland bei diesem Turnier spielt, das | |
in vielerlei Hinsicht neue Maßstäbe setzen soll. Gleich zum Auftakt trifft | |
die DFB-Auswahl in Milton Keynes auf Vizeeuropameister Dänemark (8. Juli), | |
danach geht es in Brentford gegen Spanien (12. Juli), dann wieder in Milton | |
Keynes gegen Außenseiter Finnland (16. Juli). Die Gruppenersten und | |
-zweiten ziehen ins Viertelfinale ein. | |
Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg erwarteten „enge Spiele mit hoher | |
Qualität.“ Fest steht für sie: „Es ist eine schwere Gruppe, die uns von | |
Anfang an herausfordern wird. Dänemark ist auf einem Superweg, Spanien | |
sowieso, wenn wir den Vereinsfußball sehen – sie haben eine fußballerisch | |
tolle Mannschaft. Finnland ist so ein bisschen die Unbekannte.“ Aber bange | |
machen gilt nicht: „Es ist vielleicht gut so, wenn man gleich im Turnier | |
Gas geben muss.“ | |
## Acht bis neun Favoriten | |
Das Eröffnungsspiel am 6. Juli bestreitet übrigens England gegen Österreich | |
mit seinen vielen Spielerinnen aus der deutschen Frauen-Bundesliga. Der | |
Gastgeber trifft außerdem in seiner Gruppe auf Nordirland und Norwegen. Der | |
Titelverteidiger Niederlande muss sich in der Vorrunde gegen die Schweiz, | |
Schweden und Russland durchsetzen. Eine vierte Gruppe bilden Frankreich, | |
Italien, Belgien und Island. | |
Bei der Show mischte auch Anja Mittag mit, die Deutschland 2013 im Finale | |
gegen Norwegen zum bislang letzten von acht EM-Titeln schoss. Doch es ist | |
längst kein Automatismus mehr, dass diese Trophäe in die Vitrine beim | |
Deutschen Fußball-Bund (DFB) wandert. „Es gibt keine Titel mehr geschenkt. | |
Es können acht, neun Teams dieses Turnier gewinnen“, [2][glaubt | |
Voss-Tecklenburg]. Ihre Mannschaft solle aber gerne bei den Favoriten | |
genannt werden. Selbstbewusst fügt sie hinzu: „Wir haben eine junge | |
Mannschaft mit viel Qualität – und die gilt es jetzt auf den Platz zu | |
bringen.“ | |
Im Rückblick sind viele überzeugt, dass der achtfache Europa- und zweifache | |
Weltmeister unter ihrer Regie bei der WM 2019 in Frankreich weiter als nur | |
ins Viertelfinale gekommen wären, wenn Trainerteam und Mannschaft damals | |
mehr Zeit zum Kennenlernen gehabt hätten. So scheiterte man aber an | |
Schweden knapp mit einer 1:2-Niederlage. Nun werden drei Jahre bis zum | |
nächsten Turnier vergangen sein, und die Entwicklung unter der | |
Bundestrainerin stimmt hoffnungsvoll. | |
Die 53-Jährige bekommt nach eigener Aussage schon „Gänsehaut“ bei dem | |
Gedanken an den nächsten Sommer. „Ich denke, es wird das bisher größte und | |
beste EM-Turnier“, denn: „Wir sind in einem Land, das Fußball liebt, mit | |
tollen Stadien und Mannschaften. Wir werden Rekorde brechen.“ Ursprünglich | |
hätte das EM-Endrundenturnier im Sommer 2021 ausgetragen werden sollen, | |
rückte aber wegen der Verschiebung des Männerturniers auf diesen Zeitraum | |
um ein Jahr nach hinten. | |
Das Mutterland des Fußballs wird den 16 Teilnehmern den roten Teppich | |
ausrollen; und auch die Uefa tut einiges, um Wertschätzung und | |
Wertschöpfung zu vergrößern. „Wir wollen ein offenes und integratives | |
Turnier veranstalten, das nicht nur die größte und beste Frauen-EURO aller | |
Zeiten ist, sondern auch den Maßstab für alle zukünftigen europäischen | |
Frauensportveranstaltungen setzt“, sagte Generalsekretär Giorgio Marchetti. | |
Von den mehr als 700.000 Tickets waren vor der Auslosung bereits 162.000 | |
abgesetzt. Zuschauerzahlen und Sendereichweite sollen sich gegenüber der EM | |
2017 verdoppeln. In den Niederlanden hatten 240.045 Fans die Stadien | |
besucht, 50 Millionen TV-Zuschauer eingeschaltet. | |
England wagt sich in die größten Kathedralen: Das Eröffnungsspiel steigt im | |
Old Trafford, das Finale am 31. Juli in Wembley. Spielorte wie Southampton, | |
Sheffield oder Brighton versprechen ein buntes Potpourri. | |
Der DFB-Tross wird eingedenk seiner Gruppenspiele in der | |
250.000-Einwohner-Planstadt Milton Keynes und Brentford in Westlondon sich | |
vermutlich ein Basisquartier im Großraum London suchen. Auf jeden Fall soll | |
es, so Voss Tecklenburg, eine Wohlfühloase“ werden. | |
29 Oct 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Uefa-Papier-zum-Frauenfussball/!5601325 | |
[2] /Bundestrainerin-Martina-Voss-Tecklenburg/!5735729 | |
## AUTOREN | |
Frank Hellmann | |
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