# taz.de -- Ärger mit Schnelltests in der Schule: Positiv – äh, doch nicht | |
> Laut einem Pressebericht häufen sich an Hamburger Schulen die | |
> falsch-positiven Corona-Tests wegen eines Wechsels des Herstellers. | |
> Stimmt das? | |
Bild: Schnelltest in der Schule: Schüler am Goethe-Gymnasium in Hamburg-Lurup … | |
HAMBURG taz | „Meine Tochter wurde mehrfach falsch-positiv getestet“, sagt | |
Manuela Mammes. Das erste Ergebnis kam schon im September, zwei Wochen vor | |
den Herbstferien, erzählt sie. Ab diesem Zeitpunkt seien am | |
Albrecht-Thaer-Gymnasium im Hamburger Stadtteil Stellingen Schnelltests des | |
Herstellers Genrui eingesetzt worden. | |
Direkt beim ersten dieser Schnelltests sei das Ergebnis positiv gewesen. | |
„Meine Tochter war erschüttert, erschrocken, traurig. Das kann für Kinder | |
traumatisch sein.“ Mammes habe daraufhin ihre Tochter abgeholt und sich | |
erkundigt, wo sie einen PCR-Test machen kann. Mittags hätten sie bei der | |
Kinderärztin den Abstrich machen lassen. „Und dann wartet man auf das | |
Ergebnis.“ Es kam am Dienstag – negativ. Die Tochter konnte wieder in die | |
Schule, zumindest bis zum nächsten Schnelltest. Denn der war wieder | |
positiv. Auch diesmal fälschlicherweise. | |
In Hamburger Schulen werden die Schüler:innen schon seit Monaten | |
mehrfach wöchentlich getestet, [1][derzeit dreimal die Woche]. Dabei kommt | |
es durchaus vor, dass ein Test ein positives Ergebnis anzeigt, auch wenn | |
die Person eigentlich gar nicht infiziert ist. Am Dienstag berichtete Die | |
Zeit von vielen Anrufen in der Redaktion. Eltern hätten sich gemeldet und | |
im Zusammenhang mit den Schnelltests von Genrui von ungewöhnlich vielen | |
falsch-positiven Testergebnissen berichtet. Der Hersteller war vor Kurzem | |
gewechselt worden. Doch sind die Tests des neuen Herstellers tatsächlich | |
ungenauer als ihre Vorgänger? | |
Auf taz-Anfrage erklärt Peter Albrecht, Pressesprecher der Schulbehörde, | |
dass für den Zeitraum vor den Herbstferien keine auffällig erhöhte Quote an | |
falsch-positiven Schnelltestungen ersichtlich sei. „Aus den vorherigen | |
Testumstellungen ist bekannt, dass die Umstellungsphase in der Regel mit | |
gewissen Fehlerquoten einhergehen kann.“ Aus diesem Grund seien alle | |
Schulen gebeten worden, die Testroutinen nach den Herbstferien | |
aufzufrischen. | |
Für den Wechsel der Tests ist die Schulbehörde dabei gar nicht zuständig. | |
Die Schnelltests werden zentral für alle Hamburger Behörden in einem | |
Vergabeverfahren von der Behörde für Justiz und Verbraucherschutz | |
beschafft. Genrui ist bereits der vierte Hersteller, dessen Tests zum | |
Einsatz kommen. Auch der Justizbehörde ist kein Nachweis für eine erhöhte | |
Zahl falsch-positiver Befunde bekannt. Nach ihren Angaben liegen | |
Beschwerden zu falsch-positiven Ergebnissen nur in den Schulen und nicht in | |
anderen Bereichen vor. Trotzdem werde analysiert, inwieweit etwa | |
Handhabungsfehler zu einer erhöhten Anzahl von falsch-positiven | |
Testergebnissen führen könnten. | |
Kritik kommt aus der Opposition. Die Akzeptanz der Schnelltests an Schulen | |
werde durch solche Ergebnisse massiv beschädigt, kritisiert Sabine | |
Boeddinghaus, schulpolitische Sprecherin der Linksfraktion. „Die | |
Schulbehörde muss dringend einen klaren Weg aufzeigen, um den Schulen die | |
Verunsicherung zu nehmen.“ Eine Möglichkeit sei beispielsweise, dass nach | |
einer positiven Testung ein zweiter Schnelltest zur Vergewisserung | |
ausreiche. Bisher sei geregelt, dass in diesem Fall zwingend ein PCR-Test | |
erforderlich ist. Zudem müsse die PCR-Pooltestung ausgeweitet werden. | |
Im Gespräch verdeutlicht Albrecht, dass es sich bei den falsch-positiven | |
Tests in Bezug auf die Gesamtzahl der Testungen um Einzelfälle handele. Am | |
ersten Schultag nach den Herbstferien hätten bei regelhaft durchschnittlich | |
200.000 durchgeführten Schnelltests 287 Schülerinnen sowie sieben Personen | |
des schulischen Personals ein positives Testergebnis erhalten. | |
Nach PCR-Testungen hätten sich gut zwei Drittel der positiven Schnelltests | |
als falsch-positiv herausgestellt, also insgesamt rund 200. Nach Angaben | |
der zuständigen Behörde für Justiz und Verbraucherschutz liege die Rate | |
damit im wissenschaftlich zu erwartenden Rahmen. Neuere Daten wiesen laut | |
Albrecht zudem darauf hin, dass die Zahl der positiven Schnelltestungen | |
insgesamt bereits wieder rückläufig sei. | |
Trotzdem betont Albrecht ein „großes Verständnis für die Einzelfälle“. | |
Individuell betrachtet sei „jeder falsch-positive Schnelltest eine | |
schwierige Geschichte“. In der Schulbehörde bemühe man sich um Lösungen, | |
habe bisher jedoch keine gefunden. Auch die Möglichkeit einer zweiten | |
Schnelltestung ziehe man in Betracht, jedoch müssten hier noch rechtliche | |
Bedenken ausgeräumt werden. | |
## Belastung für betroffene Kinder | |
Egal ob ansteigende Tendenz oder Einzelfall, für die Betroffenen sei jeder | |
falsch-positive Test eine Belastung, findet Manuela Mammes. Da oft die | |
gleichen Kinder betroffen seien, hätten sie bei drei Tests die Woche keine | |
Chance, zur Schule zu gehen, solange diese Schleife nicht unterbrochen | |
werde. Auch an ihren Freizeitaktivitäten könnten die Kinder durch die | |
falsch-positiven Ergebnisse nicht mehr teilhaben. | |
„Aus diesen negativen Erfahrungen können Kinder auch Angst vor der | |
Testsituation an sich entwickeln und sich weigern, Tests zu machen“, | |
befürchtet Mammes. Sie hofft, dass es bald eine Lösung gibt. „Man könnte | |
andere Tests bereitstellen, zumindest für die Kinder, die besonders von | |
falsch-positiven Ergebnissen betroffen sind.“ Oder auf PCR-Tests umstellen. | |
„Das wäre eine bessere Lösung für die Kinder. Meine absolute | |
Wunschvorstellung wären jedoch nur noch anlassbezogene Tests.“ Auch wenn | |
die Schulbehörde nicht für die Anschaffung der Tests verantwortlich sei, | |
sieht Mammes sie in der Pflicht, zumindest für Schulkinder eine Alternative | |
zu organisieren. | |
28 Oct 2021 | |
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## AUTOREN | |
Tjade Brinkmann | |
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