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# taz.de -- Marathon am Wahlsonntag: Olaf Scholz und seine Laufgruppe
> Die neue Bundesregierung hat eine Langstrecke vor sich, auf der sie noch
> viel fluchen wird. Aber aufgeben ist nicht – wie bei unserem Autor.
Bild: Du packst das – Marathonläufer in Berlin
Als es ganz schlimm wird, ist der Olaf zur Stelle. Irgendwo bei Kilometer
36, als ich nach letzten Kraftresten in meinem Körper suche, taucht er
rechts von mir zwei Meter hoch auf einem Wahlplakat auf. Und verspricht mir
weder Mindestlohn noch Minimiete, sondern: „DU PACKST DAS“. Ich kann mir
nicht helfen: Ich bin ihm dankbar.
Sie fanden: Die Wahl war eine Qual? Ha! Hätten Sie halt briefgewählt! Die
echte Schinderei waren an diesem warmen Wahlmarathontag die berüchtigten 42
Kilometer durch Berlin. Da war ich glücklich über meinen Leidensgenossen,
der weiß: Man kann monatelang hart trainieren, sich im Wettkampf komplett
fokussieren, Freunde und Familie vernachlässigen und trotzdem immer denken:
„Warum mache ich diesen Quatsch eigentlich?“
[1][Olaf Vizekanzler jedenfalls ist ein Mann, der zäh an sich arbeiten
kann], und, wenn es richtig ausschweifend wird, eine Flasche Mineralwasser
aufmacht. Ein Langstreckler wie wir. Der nun, wie es aussieht, gleich sehr
viele sehr lange Läufe und Märsche vor sich hat: Ausbau von Windanlagen
voranbringen, Rente sichern, „Respekt“ auch für AfD-WählerInnen aufbringe…
[2][den CO2-Preis so erhöhen, dass es keiner merkt,] Putin eingrenzen und
trotzdem Nord Stream 2 zulassen und so weiter. Und das sind nur die ersten
fünf Kilometer.
## Schmerzhafte Realität
Mein Marathonlauf am Wahltag war leider weniger von Metaphern geprägt als
von schmerzhafter Realität. Es fühlte sich eher so an wie bei Annalena
Baerbock und Armin Laschet: Ein guter Start, ein leichtes Einlaufen – und
dann zieht jemand nach einem Drittel der Strecke plötzlich den Stecker.
Nichts geht mehr von selbst, der Spaß, die Kraft, die Zuversicht sind
dahin. Letztens habe ich ein Buchkapitel „Der ganz lange Atem“ genannt und
den Weg zur Klimaneutralität mit einem Marathonlauf verglichen. Keine gute
Idee, knirsche ich seit Kilometer 15 mit den Zähnen. So fühlt sich ein
treibhausgasneutrales Deutschland an? Dann will ich lieber noch eine zweite
Meinung dazu.
Irgendwann rette ich mich ins Ziel. Nach sechs alkoholfreien Bieren kann
ich mich beim Picknick im Park auch wieder für den anderen Marathon da
draußen interessieren. Olaf Scholz hat immerhin vier Jahre Ruhe vor der
nächsten Schinderei. Allerdings drohen seiner Laufgruppe jetzt überall
Gefahren: Falsche Abzweigungen, blockierte Straßen, Psychodruck, schlechte
Ernährung. Und immer mindestens einen gelben und einen grünen Mitläufer,
die einem in die Hacken treten. Zumindest einen Vorteil hatte mein Lauf:
Ich musste an keiner Ampel halten.
1 Oct 2021
## LINKS
[1] /Scholz-im-Wahlkampf/!5802898
[2] /Parteiprogramme-zum-Klima/!5801885
## AUTOREN
Bernhard Pötter
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Wir retten die Welt
Schwerpunkt Klimawandel
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Olaf Scholz
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