# taz.de -- Die Wahrheit: Der Biber ist geil | |
> Kommen in Berlin Nager auf die Idee, einen Damm in die Spree zu bauen, | |
> muss ein neuer Castor-Transport her. Aber schnell, die beißen sonst alles | |
> weg. | |
Bild: Vom Bibimbap in Biberach zum Biber in Spree und Tiber | |
Es tummelten sich so einige. Vorne am Spreeufer des Treptower Parks in der | |
Hauptstadt, Ende August, als mal Sommer war. Diesmal handelte es sich aber | |
nicht um den altehrwürdigen Bierschoner vom Fußballklub und Erstligisten | |
1.FC „Eisern“ Union oder um die Bodybuilder auf der sagenumwobenen Insel | |
der Jugend. Nein, diesmal waren es die Biber. Schockiert titelte das | |
Boulevardblatt B.Z. damals: „Entsetzlich! [1][Bierschoner mit Union-Fans] | |
auf Grund gelaufen.“ Was war geschehen? | |
So richtig konnte es sich die Wissenschaft in der Folge auch nicht | |
erklären, aber offenbar hatten Hunderte Biber über Nacht spontan die Idee | |
gehabt, Teile des Plänterwalds im Berliner Südosten abzunagen und die Spree | |
mit einem fetten Damm zu stauen. Der Strom war über Nacht zu einem Rinnsal | |
verkümmert. Naturschützer und Partyvolk wateten alsbald neugierig im | |
Schlick herum und fanden darin von Algen überwucherte E-Scooter. Dubiose | |
Führer boten „Spreewanderungen“ an. Über allem ragte die massive Biberbur… | |
auf der die pelzigen Nager patrouillierten und mümmelten. | |
Als die Spree dann auch stromabwärts hinterm Reichstagsgebäude versiegte, | |
berief der Bundestag eine Biber-Notfallsitzung ein. Noch-CDU-Chef Armin | |
Laschet zeigte sich äußerst besorgt, da auch gefällte und gestapelte Bäume | |
einen Wald darstellten und man den Brandschutz so nicht garantieren könne. | |
Beatrix von AfD-Storch twitterte später, sie würde auch räudige Babybiber | |
abknallen, behauptete kurz darauf aber, dass sie mausgerutscht sei und | |
„abprallen“ hätte schreiben wollen. Toni Hofreiter von den Grünen drückte | |
seine bedingungslose Solidarität mit den Bibern aus. In dem Schlick könne | |
man ja Felder oder eine neue Liegewiese anlegen und die Biber bei ihrem | |
Jahrhundertbau unterstützen. | |
## Das Wasser hinter dem Damm | |
Weil die Politik eine neuerliche Flutwelle unbedingt vermeiden wollte – das | |
Wasser hinter dem Damm stieg immer weiter – trommelte sie die gesammelte | |
Wissenschaft zusammen, die in Archiven fortan Biberschinken wälzte. Es | |
dauerte aber nicht lange, da machte der österreichische Top-Bibologe Hofrat | |
Josef Wiemer die Entdeckung. Bereits zu DDR-Zeiten soll die Spree mehrfach | |
gestaut worden sein. Weil der Castor fiber, also der europäische Biber, | |
unter Artenschutz stand, exportierten Honecker und Co die Tiere für Valuta | |
in alle Welt. | |
Um die Viecher damals aus ihrem Bau zu locken, destillierten | |
Veterinärmediziner an der Ostberliner Humboldt-Uni ein Sekret namens | |
Bibergeil. Mit einem lauten Quieken witterten die Tiere einst den | |
moschusähnlichen Duft. „A geh, wirklich?“, fragte sich Doktor Wiemer, der | |
im Keller der Humboldt-Uni bei seinen Studien noch eine alte Phiole mit dem | |
Zeug auftreiben konnte. | |
Der Hofrat stellte daraufhin einen Castor-Transport zusammen. In Anhängern | |
standen künstliche Biberburgen mit Castor-Beuteln, und die Nager tapsten | |
hinein. Wiemer fuhr sie eigenhändig und -füßig in Berlins Norden und dort | |
in das Tegeler Fließ, einem Biberparadies. Nun konnte der Damm Schicht für | |
Schicht plattgemacht werden und der Bierschoner setzte endlich, endlich | |
seinen Weg Richtung Alte Försterei, dem Stadion von Eisern Union, fort. | |
Derweil bauten allerdings Berliner Waschbären schon eine neue Burg im | |
Plänterwald. Hofrat Doktor Wiemer übernahm erneut. | |
13 Oct 2021 | |
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## AUTOREN | |
Denis Gießler | |
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