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# taz.de -- Nobelpreis für Chemie: Benjamin List bekommt Anruf aus Stockholm
> Der 53-jährige Deutsche erhält gemeinsam mit dem Schotten David MacMillan
> die höchste Auszeichnung in den Naturwissenschaften. Er forscht zu
> Organokatalysatoren.
Bild: Benjamin List teilt sich den Nobelpreis für Chemie 2021 mit dem gebürti…
Berlin taz | Zu den immer wieder gern gestellten Fragen an frischgebackene
Nobelpreisträger:innen gehört die nach dem Moment des Anrufs. Was ist
es für ein Gefühl, am Morgen vor der Bekanntgabe den berüchtigten Anruf aus
Stockholm zu bekommen? Die meisten der Ausgezeichneten antworten natürlich
in aller Bescheidenheit, den Anruf nicht erwartet zu haben. Der deutsche
Chemiker Benjamin „Ben“ List dagegen erzählte am Mittwochvormittag auf der
Pressekonferenz zur Bekanntgabe des Chemienobelpreises, es sei schon lange
ein Witz zwischen ihm und seiner Frau, auf seinem Handy sei ein Anruf aus
Schweden für ihn.
Dieses Mal war es nun kein Witz, der 53-jährige List erhält gemeinsam mit
dem gebürtigen Schotten David MacMillan die noch immer höchste
[1][Auszeichnung in den Naturwissenschaften]. Nicht gemeinsam, sondern eher
einsam für sich hatten der Deutsche und der Brite vor zwei Jahrzehnten fast
gleichzeitig eine neue Möglichkeit entdeckt, chemische Reaktionen zu
kontrollieren.
In der Chemie spricht man bei einer solchen Kontrolle von Katalyse – seit
dem 19. Jahrhundert bildet sie einen Kern der chemischen Forschung. Denn
die meisten chemischen Reaktionen laufen ohne Hilfsmittel unkontrolliert
oder gar nicht ab. Und selten kommt dann das Gewünschte dabei heraus.
Die Evolution des Lebendigen hat dieses Problem sehr aufwendig gelöst, und
zwar mit Enzymen. Sie steuern die zahllosen Prozesse in lebenden Zellen,
für fast jede biochemische Reaktion gibt es einen eigenen dieser
Biokatalysatoren. Meistens bestehen sie aus mindestens einem sehr großen
Eiweißmolekül, dessen Struktur oft nicht in Gänze bekannt und nachstellbar
ist.
## Anorganische Katalysatoren reichen nicht
In der chemischen Industrie wurden dagegen anorganische Katalysatoren auf
Metallbasis entwickelt, mit deren Hilfe sich zum Beispiel
Kohlenstoffverbindungen großtechnisch nach Wunsch verändern und
weiterentwickeln lassen, das allerdings meistens unter hohem Druck oder
hohen Temperaturen.
Zugleich können sie nicht das, was Enzyme können: von zwei chemisch
identischen, sich räumlich aber wie eine rechte und eine linke Hand
zueinander verhaltenden Molekülen nur das eine herstellen. In der Medizin
kann so was entscheidend dafür sein, ob ein Medikament wirkt – oder
Nebenwirkungen hat. Thalidomid, bekannt als [2][Contergan], ist ein solches
Molekül.
List, der damals am Scripps Research Institute im kalifornischen La Jolla
forschte, kam wie MacMillan auf die Idee, aus Enzymen nur jene organischen
Moleküle als Katalysatoren zu nutzen, die tatsächlich an der chemischen
Reaktion beteiligt sind. Solche Organokatalysatoren enthalten kein Metall,
sind günstig, funktionieren unter Normalbedingungen – und stellen heute
teils hochselektiv die richtige Spiegelbildversion eines Moleküls her. Für
viele Bereiche der modernen Chemie war das tatsächlich eine Revolution.
List sagt, damals habe er noch das Gefühl gehabt, er sei der Einzige, der
auf diesem Gebiet forsche und womöglich komme nichts dabei heraus. Aber er
war eben doch nicht ganz allein.
6 Oct 2021
## LINKS
[1] /Nobelpreis-fuer-Chemie/!5806706
[2] /Contergan-Skandal/!5049796
## AUTOREN
Kathrin Zinkant
## TAGS
Nobelpreis
Chemie
Forschung
Nobelpreis
Schwerpunkt Klimawandel
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