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# taz.de -- Spanischer Sender im Griff der Rechten: Bald bedeutungslos
> Madrids konservative Regierung setzt das öffentliche Regionalfernsehen
> unter Druck. Der Sender TeleMadrid wird nun von Parteigängern geleitet.
Bild: TeleMadrid -Kandidatenrunde vor den Regionalwahlen, Isabel Díaz Ayuso is…
Madrid taz | Das gefällt [1][Isabel Díaz Ayuso] so richtig. Nicht nur, dass
die Chefin der Regionalregierung in der spanischen Hauptstadtregion Madrid
ständig die Nachrichten füllt, nein, sie darf sogar zu ungewöhnlichen
Sendezeiten ins öffentliche Regionalfernsehen TeleMadrid. So etwa, als sie
live sportliche Erfolge bei den Olympischen Spielen kommentierte. Das Beste
dabei: Im Studio des Morgenmagazins saß eine neue Sprecherin. Die alte, die
immer wieder kritische Fragen für Ayuso bereit gehalten hatte, war – wie
die gesamte Führungsriege bei TeleMadrid auch – abgesetzt worden.
Ayuso hat TeleMadrid nur wenige Monate nachdem sie bei vorgezogenen
Neuwahlen im Mai die absolute Mehrheit nur um drei Sitze verfehlte, endlich
da, wo sie den Sender immer schon haben wollte. Der Wandel ging rasant
vonstatten. Denn Ayuso regiert, dank der Unterstützung ihrer
Regierungspolitik durch die rechtsextreme Vox, wie sie will. Und selbst
dann, wenn sich Vox einmal enthalten sollte, kann Ayuso von der Opposition
nicht überstimmt werden.
Der bisherige rechtsliberale Koalitionspartner Ciudadanos hat den Einzug
ins Regionalparlament nicht mehr geschafft. Damit fiel auch das letzte
Korrektiv weg, wenn es um Ayusos Pläne, TeleMadrid zu beherrschen, ging.
Ciudadanos hatte 2017 durchgesetzt, dass der Direktor der öffentlichen
Anstalt mit Zweidrittelmehrheit im Regionalparlament gewählt werden muss.
Der Sender wurde nach Jahren der Gängelung durch die konservative Partido
Popular (PP) wieder professionell und unabhängig.
Kaum war das neue Parlament im Amt, ließ Díaz Ayuso das Gesetz für
TeleMadrid einfach ändern. Der Direktor wird künftig wieder mit normaler
Mehrheit gewählt. Der bekannte Journalist José Pablo López, der TeleMadrid
in den vergangenen vier Jahren wieder zu Ansehen gebracht hatte, wurde
prompt entlassen und durch José Antonio Sánchez ersetzt. Sánchez ist kein
Unbekannter. Er brachte vor Jahren das spanische öffentliche Fernsehen RTVE
auf PP-Linie, und sparte nach Einbruch der Zuschauerzahlen den Sender
kaputt. Bei TeleMadrid wiederholte er die Operation Anfang des Jahrzehnts.
Er war 2013 für die Entlassung von über 800 der 1.200 Mitarbeiter
verantwortlich.
## Den Namen Madrids beschmutzen
„Mit Sánchez hat Ayuso den Sender fest im Griff“, erklärt Luis Lombardo,
Vorsitzender des Betriebsrates. „Vor allem die Nachrichtenredaktion ist
völlig in der Hand der PP“, sagt Lombardo. Dort wurden nicht nur der
Nachrichtenchef ausgewechselt, sondern der gesamte Mittelbau der Redaktion,
Sprecher und einige Journalisten.
Das wirkt sich aufs Programm aus. In den ersten zwei Wochen der neuen
Etappe wurden in TeleMadrid und dem angegliederten Radio Onda Madrid zwölf
Live-Interviews ausgestrahlt. Dabei schafften es gerade einmal drei
Personen zu Interviews, die nicht aus der politischen Rechten kamen. Sechs
gehörten der PP an, [2][drei der rechtsextremen Vox.] Die Linke würde den
Namen Madrids beschmutzen, durfte da etwa der konservative Bürgermeister
der Hauptstadt José Luis Martínez-Almeida – der ebenfalls mit Unterstützung
durch die Vox im Amt ist – zum Besten geben. Die Sprecher saßen dabei und
verhielten sich zustimmend. Längst macht der Begriff „TeleAyuso“ die Runde
in Madrid.
„José Antonio Sánchez ist ein Totengräber für Fernsehanstalten“, sagt
Miguel Alvarez, Professor an der Journalistenschule der Universität im
zentralspanischen Castilla–La Mancha, der sich seit Jahren mit den Mängeln
und der Gängelung öffentlicher Sender in Spanien beschäftigt. Álvarez ist
sich sicher, dass es neben ideologischer Manipulation auch darum geht, den
Sender erneut in die Bedeutungslosigkeit zu treiben.
In Sánchez’ ersten Phase bei TeleMadrid sank die Zuschauerquote auf unter
vier Prozent. Eine ähnliche Tendenz zeichnet sich jetzt wieder ab. Hatte
der Regionalsender in den Jahren unter López erneut Prestige gewonnen, und
einen Anteil von knapp acht Prozent erreicht, sank im August, dem ersten
vollen Monat unter Sánchez, die Zuschauerquote auf 4,7 Prozent. Nachmittags
sehen gerade einmal 1,5 Prozent TeleMadrid. „Wenn so was zum ersten Mal
passiert, dann kann die Wahl Sánchez zum Direktor ein Fehler gewesen sein.
Aber wenn er zum dritten Mal so einen Posten bekommt, dann ist das
gewollt“, resümiert Álvarez.
3 Oct 2021
## LINKS
[1] /Wahlen-in-Madrid/!5770287
[2] /Spanische-Rechtsextreme-und-Corona/!5687605
## AUTOREN
Reiner Wandler
## TAGS
Spanien
Madrid
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Polizei
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