# taz.de -- Ökologisches Imkern: Luxusbienen in Berlin | |
> Der Verein Stadtbienen bringt BerlinerInnen das Imkern bei und will mehr | |
> Bienen auswildern. Der NABU fordert stattdessen Schutz der Wildbienen. | |
Bild: Auch Stadtbienen wohnen zur Miete, hier in der sogenannten Bienenbox | |
BERLIN taz |Die Honigbienen des Vereins Stadtbienen e.V. haben ein gutes | |
Leben, darin sind sich die Teilnehmer*innen von dessen Projekt | |
„Gemeinsam Imkern“ einig. Denn der Verein versucht seit 2014 Honigbienen im | |
Stadtbild zu verankern, indem er Hobby-Imker ausbildet – momentan sind | |
sechs Projekte in der Stadt vertreten. | |
Bei „Gemeinsam Imkern“ behausen die Bienen eine eigens designte und | |
gebauten „Bienenbox“. „Wir haben den Bienen sogar einen Unterstand gegen | |
den Regen gebaut und die Bienenbox gut verriegelt. So können sie uns nicht | |
gestohlen werden“, erzählt Louay Dawoud. Der nun in Berlin lebende Syrer | |
ist einer von zwanzig Teilnehmer*innen bei „Gemeinsam Imkern“. | |
Bei leichtem Regen, an einem frühen Sonntagmorgen, trifft sich die Gruppe | |
von „Gemeinsam Imkern“ mit Kaffee und Imker-Übungsbuch an der Bauhütte | |
Kreuzberg, direkt neben dem taz-Gebäude. Hier lernen Geflüchtete und | |
Berliner*innen [1][ökologisches Imkern] von der Imkerin Nadja Wrona. | |
## Imkern und Praxistreffen in Berlin-Mitte | |
Heutiges Thema ist die Vorbereitung der Bienen auf den Winter. Die Imkerin | |
erklärt den Einsatz von Ameisensäure – die wirkt gegen Varroa-Milben – und | |
sie zeigt, wie die Bienenboxen im Winter gedämmt werden müssen. Nach 16 | |
Praxistreffen soll sich die Gruppe selbstständig um ihre Bienen kümmern | |
können. | |
„Wir möchten die Teilnehmenden dazu inspirieren, ihren eigenen Weg im | |
Umweltschutz zu gehen“, sagt Anja Kern, Sozialarbeiterin und Leiterin des | |
Projekts. Unter anderen Umständen hätten sich die Teilnehmer*innen wohl | |
nicht kennengelernt, denn sie kommen aus unterschiedlichen sozialen | |
Umständen: Die Neu-Imker*innen sind Anfang 20 bis Ende 60, sie kommen aus | |
Berlin, Syrien, Neuseeland und dem Libanon. Jede*r bringt andere | |
Fähigkeiten mit, die sich beim gemeinsamen Hobby zusammenfügen. | |
## Alternativer Imkerverein | |
Der Verein entstand 2014 nach der Aktion „Balkonbienen“, mit der der | |
Berliner Johannes Weber ein alternatives Konzept für Bienenhaltung in der | |
Stadt erstellt hat. Weber entwickelte die Bienenbox, die ähnlich wie ein | |
Blumenkasten am Balkon aufgehängt werden kann. Die Box ist etwa so groß wie | |
ein kleines Sideboard und kann bis zu 80 kg schwer werden. Sie kostet rund | |
300 Euro. | |
Stadtbienen e.V. möchte ökologisch Imkern, das heißt möglichst eingriffsarm | |
und naturnah. Deswegen soll die Bienenbox eine Baumhöhle imitieren, das | |
natürliche Habitat von Honigbienen. Auch bauen die Bienen eigene Waben und | |
überwintern auf ihrem Honig. „Wir entnehmen dem Bienenvolk nur so viel | |
Honig, wie sie entbehren können“, sagt Imkerin Wrona. | |
Das Projekt „Gemeinsam Imkern“ startete im Juli dieses Jahres und wird bis | |
Mitte 2023 vom [2][Bundesamt für Migration und Asyl] gefördert. Materialien | |
zum Imkern und das Bienenvolk besorgte der Stadtbienen e.V. Dazu bietet der | |
Verein Projekte für weitere Zielgruppen an wie Unternehmen oder Schulen und | |
Kindergärten. | |
## Wilde Honigbienen | |
Aber nicht nur in der Stadt will der Verein Stadtbienen e.V. wirken, | |
sondern er kümmert sich auch um die Auswilderung von Honigbienen. Das | |
Projekt „Wilde Honigbienen“ soll 2022 beginnen und sucht nach Spendern. Mit | |
der Auswilderung möchte Stadtbienen e.V. die [3][Biodiversität in Wäldern] | |
stärken und den Artenbestand von wilden Honigbienen erhöhen. | |
Hierfür wählt Stadtbienen e.V. mit Förster*innen einen Waldstandort aus, | |
legt eine Baumhöhle an und siedelt das Bienenvolk an. Dann beobachten | |
Imker*innen die Entwicklung des Bienenvolkes, um bei Krankheiten die | |
Bienen behandeln zu können. | |
Die NABU-Spezialistin für Bienen, Melanie von Orlow, findet das Projekt | |
„Wilde Honigbienen“ wenig sinnvoll. „Natürlich überleben Honigbienen oh… | |
Imker. In Berlin gibt es immer wieder wilde Honigbienen, die über Jahre | |
leben und selbst der Varroamilbe trotzen. Eine weitere Auswilderung ist | |
nicht unbedingt nötig.“ | |
Für dringlicher hält sie den Schutz von etwa im Moor lebenden Wildbienen. | |
„Es ist viel entscheidender, deren Lebensraum zu erhalten. Die eigentlichen | |
Gefährder der Bienenvielfalt sind Versiegelung, Häuserneubau und | |
Monokulturen“, sagt sie. | |
## Hauptsache Gemeinsam | |
In der Imker-Welt gibt es die unterschiedlichsten Meinungen zu Bienenwohl | |
und Honigernte. „Imkern ist eine Philosophie“, sagt Birgit Otto, Mitglied | |
vom Imkerverband Berlin. Jeder Imker und jede Imkerin habe eine andere | |
Herangehensweise; steht beispielsweise maximale Honiggewinnung geben, so | |
ist ein konventioneller Imkerstock besser geeignet als die Bienenbox. | |
Fachmeinung hin oder her, bei „Gemeinsam Imkern“ geht es den | |
Teilnehmer*innen auch um die Gemeinschaft. Louay Sawoud zeigt Bilder | |
auf seinem Handy, wo er mit einem weiteren Teilnehmer Honig schleudert. | |
„Hier erklärt uns Nadja die Welt der Bienen“, sagt er. „Ich lerne hier s… | |
viel. Das ist richtig toll.“ | |
30 Sep 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Imker/!t5046109 | |
[2] /Bundesamt-fuer-Migration-und-Fluechtlinge/!t5008818 | |
[3] /Forstwissenschaftler-ueber-Waelder/!5658314 | |
## AUTOREN | |
Maryam Preußer | |
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