Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Schwangerschaftsabbrüche in Mexiko: Gericht kippt absolutes Verbot
> Im Bundesstaat Coahuila haben Richter ein absolutes Abtreibungsverbot
> als verfassungswidrig erklärt. Das Urteil hat Auswirkungen auf ganz
> Mexiko.
Bild: Frauen feiern die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs der Nation, 7.Se…
Berlin taz | Das Urteil des Obersten Gerichtshofs Mexikos (SCJN) war
eindeutig: Alle zehn anwesenden Richterinnen und Richter des Gremiums
entschieden am Dienstag, dass das absolute Abtreibungsverbot
verfassungswidrig ist. Mit diesem Beschluss kippten sie zwar nur einen
Paragraf des Strafgesetzes des [1][nördlichen Bundesstaates Coahuila],
ließen jedoch keine Zweifel daran, dass der Urteilsspruch für das ganze
Land gelten werde.
Da unter den Richtern eine Mehrheit von über acht Beteiligten erreicht
worden sei, seien alle regionalen und föderalen Gerichte gezwungen, sich an
diesen juristischen Vorgaben zu orientieren, schrieben sie in ihrer
Begründung.
Dem umstrittenen Paragraf 196 zufolge konnten Frauen, die aus einer
„freiwilligen Entscheidung“ heraus ihre Schwangerschaft abbrachen, bislang
in Coahulia mit ein bis drei Jahren Haft bestraft werden. Auch Personen,
die an der Abtreibung beteiligt waren, mussten mit der Strafe rechnen.
Das höchste Gericht entschied nun, dass ein Fötus zwar geschützt werden
müsse, das Recht von Frauen auf reproduktive Freiheit dadurch aber nicht
verletzt werden dürfe. Die Kriminalisierung der Abtreibung verletzte die
Rechte von Frauen auf eine freie Entwicklung der Persönlichkeit, auf
Nicht-Diskriminierung und auf den Zugang zur gesundheitlichen Versorgung.
„Ab jetzt beginnt ein neuer Weg der Freiheit, der Würde und des Respekts
gegenüber allen Beteiligten, aber vor allem der Frauen“, sagte der
Vorsitzende Richter Arturo Frenando Zaldívar.
## Sieg für die Frauenbewegung
Für die [2][mexikanischen Frauenbewegungen] ist dieses Urteil ein großer
Erfolg. Die Entscheidung des Gerichts zeige, dass die mexikanische
Gesellschaft Schritt für Schritt die Rechte von Frauen durchsetzen werde,
erklärte Ana María Hernández von der feministischen Organisation Consorcio.
Bislang sind Schwangerschaftsabbrüche in den meisten Regionen des
katholisch geprägten Landes verboten. Lediglich in den Bundesstaaten
Mexiko-Stadt, [3][Oaxaca], Veracruz und Hidalgo können Frauen nicht mehr
juristisch bestraft werden, wenn sie sich entscheiden, in den ersten zwölf
Wochen einer Schwangerschaft abzutreiben. Nur der Abbruch nach einer
Vergewaltigung ist bislang im ganzen Land nicht strafbar.
Mexikos [4][Präsident Andrés Manuel López Obrador], der ein traditionelles
Familienbild verteidigt, äußerte sich bislang immer zurückhaltend gegenüber
der Frage. Kurz vor Bekanntgabe des Urteils erklärte er, „das müssen die
Frauen lösen“. Viele Politikerinnen und Politiker seiner linken Partei
Morena hatten sich jedoch in den Bundesstaaten für die Entkriminalisierung
eingesetzt.
Olga Sanchez Cordero (Morena), die jüngst das Amt als Innenministerin abgab
und nun dem Senat vorsitzt, twitterte nach dem Urteilsspruch: „Nie wieder
eine Frau im Gefängnis, weil sie sich zur Abtreibung entschieden hat.“ Ihre
Partei sprach von einem historischen Tag, während die zweitstärkste Partei,
die rechte PAN, betonte, man setze sich „für die Verteidigung des Lebens
von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod ein.“
Die Regierung von Coahuila ordnete nach dem Urteilsspruch an, sofort alle
Frauen aus dem Gefängnis zu entlassen, die wegen eines
Schwangerschaftsabbruchs einsitzen. Ob und wie das Verbot der
Kriminalisierung jedoch letztlich in den einzelnen Bundesstaaten umgesetzt
wird, bleibt offen. Vor allem in extrem konservativen Regionen werden
Frauen weiterhin dafür kämpfen müssen, dass sie zu ihrem Recht kommen.
Jeder Bundesstaat kann mit eigenen Vorgaben festlegen, unter welchen
Voraussetzungen eine Abtreibung durchgeführt werden darf. Viele rechtliche
Auseinandersetzungen sind also vorprogrammiert.
8 Sep 2021
## LINKS
[1] /Korruption-und-Gewalt-in-Mexiko/!5057524
[2] /Femizide-im-mexikanischen-Ciudad-Juarez/!5757384
[3] /Legalisierte-Abtreibungen-in-Mexiko/!5751276
[4] /Amtsantritt-von-Lopez-in-Mexico/!5551520
## AUTOREN
Wolf-Dieter Vogel
## TAGS
Mexiko
Schwerpunkt Abtreibung
Frauenrechte
Mexiko
Mexiko
Mafia
Mexiko
Schwerpunkt Flucht
## ARTIKEL ZUM THEMA
Urteil des Obersten Gerichts in Mexiko: Abtreibungsverbot ist rechtswidrig
Mexikos Oberstes Gericht erklärt es für verfassungswidrig, Abtreibung unter
Strafe zu stellen. Entsprechende Paragrafen müssen gestrichen werden.
Oberstes Gericht in Mexiko: Die Vorreiterin
Erstmals wird eine Frau Vorsitzende des Obersten Gerichts in Mexiko. Norma
Lucía Piña gilt als Gegenspielerin von Präsident López Obrador.
Jalisco-Kartell in Mexiko: Mafia bedroht Medien
In Mexiko droht ein Drogenkartell einer Nachrichtensprecherin mit dem Tod.
Der mexikanische Präsident sagte ihr Schutz zu.
Mexiko verklagt US-Waffenkonzerne: Mordwerkzeuge made in USA
Mit ihren Waffen werden in Mexiko tausende Menschen ermordet. Nun sollen
sich ein Dutzend US-Waffenkonzerne vor Gericht verantworten.
US-Grenzkontrolle bei El Paso: Der Traum vom besseren Leben
Die Grenze von Mexiko zu den Vereinigten Staaten ist seit Beginn der
Coronapandemie geschlossen. Dennoch suchen Zehntausende Menschen in den USA
eine neue Heimat.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.