# taz.de -- Konflikt in Montenegro: Serbischer Herrschaftsanspruch | |
> Die Serbische Orthodoxe Kirche ist mehr als nur Religion. Mit ihr | |
> verbindet sich der serbische Versuch, Montenegro eine eigene Identität | |
> abzusprechen. | |
Bild: Der neue Patriarch der Serbischen Orthodoxen Kirche in Montenegro, Mitrop… | |
Wenn die Serbische Orthodoxe Kirche sich wie jetzt in Montenegro auch | |
politisch wieder in den Vordergrund drängt, dann werden ungute Erinnerungen | |
an die 90er Jahre geweckt. Damals war es das Projekt Großserbien, das zu | |
Kriegen in Kroatien und Bosnien führte, heute ist es das Projekt „Srpski | |
Svet“, die Vereinigung der „serbischen Welt“, die in den umliegenden | |
Ländern wieder Angst zu schüren in der Lage ist. | |
Die Serbische Orthodoxe Kirche in Belgrad herrscht bisher schon in der | |
serbischen Teilrepublik in [1][Bosnien und Herzegowina], über Teile Kosovos | |
und schickt sich jetzt an, auch in Montenegro das Sagen zu haben. Da in | |
Serbien traditionsgemäß die Politik der Religion folgt, bedeutet das | |
politisch, diese Gebiete langfristig in einem Staat zu vereinigen zu | |
wollen. Die „serbische Welt“ ist also nicht nur eine geistlich-kulturelle | |
Idee, wie sie gerne dargestellt wird, sie birgt auch einen | |
Herrschaftsanspruch in sich. | |
Dieser Anspruch wurde in Montenegro jetzt in brutaler Weise deutlich. Den | |
[2][neuen Patriarchen] des Landes in dem Kloster der alten Königsstadt | |
Montenegros Cetinje in sein Amt einzuführen, ist ein Schlag gegen die | |
eigenständige montenegrinische Identität. Und sie ist ein Schlag gegen die | |
noch schwache unabhängige Montenegrinische Orthodoxe Nationalkirche, die es | |
zudem gewagt hatte, die von den Serben 1918 konfiszierten Kirchengüter | |
zurückzufordern. Die serbische Kirche hat jetzt gezeigt, wo der Hammer | |
hängt. | |
Ihr ist es gelungen, auch politisch Boden unter die Füße zu bekommen. Der | |
Architekt der 2006 ausgerufenen Unabhängigkeit Montenegros, [3][Milo | |
Djukanović,] hat mit der Korruption seines Regimes Montenegro geschadet und | |
den proserbischen Kräften im Land (30 Prozent fühlen sich als Serben) den | |
Weg an die Macht geebnet. | |
Das öffnet Perspektiven für die weitere Destabilisierung des Landes und | |
letztendlich die Machtübernahme durch Belgrad. Zehntausende von | |
Demonstranten bedeuten aber auch, dass sich jetzt eine kräftige | |
Gegenbewegung ohne die Ballastfigur Djukanović formieren kann. | |
6 Sep 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Gesetz-gegen-Genozid-Leugnung/!5785840 | |
[2] /Orthodoxe-Kirche-in-Serbien/!5753016 | |
[3] /Parlamentswahl-in-Montenegro/!5710622 | |
## AUTOREN | |
Erich Rathfelder | |
## TAGS | |
Montenegro | |
Serbien | |
Balkan | |
Kirche | |
Religion | |
Montenegro | |
Schwerpunkt Angela Merkel | |
Montenegro | |
Balkan | |
Montenegro | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Regierungskrise in Montenegro: Fragiles Bündnis stürzt | |
In Montenegro ist die Regierung nach nur 14 Monaten im Amt durch ein | |
Misstrauensvotum abgewählt worden. Nun könnte eine Minderheitsregierung | |
folgen. | |
Abschiedsreise der Bundeskanzlerin: Merkel weiß, wer der Boss ist | |
Die Kanzlerin traf sich zum 16. Mal in neun Jahren mit dem serbischen | |
Präsidenten – und zeigt, dass sie keine Berührungsängste mit Autokraten | |
hat. | |
Serbisch-orthodoxe Kirche in Montenegro: Straßensperren gegen den Metropolit | |
In Montenegro haben Hunderte Demonstranten versucht, die Amtseinführung von | |
Bischof Joanikije zu verhindern. Sie fühlen sich von Serbien bedroht. | |
Grenzziehungen auf dem Balkan: Ein Papier mit Sprengkraft | |
„Ethnisch reine“ Staaten auf dem Balkan? Ein Vorschlag, der offenbar von | |
Sloweniens rechtspopulistischer Regierung stammt, sorgt für Aufregung. | |
Neue Regierung in Montenegro: Unser Autokrat | |
Milo Đukanović setzte auf Versöhnung und schubste Montenegro in die Nato. | |
Es bleibt offen, ob die von serbischen Parteien dominierte Regierung das | |
beibehält. |