| # taz.de -- Direktmandat bei Wahlen in Russland: Knapp vorbei | |
| > Die Juristin Anastasia Udalzowa war bei den Dumawahlen schon als Siegerin | |
| > ausgerufen worden. Doch plötzlich lag der Kandidat der Kremlpartei vorne. | |
| Bild: Anastasia Udaltsova spricht während einer Pressekonferenz in Moskau | |
| Nach der Auszählung von 100 Prozent der Stimmzettel hatte die | |
| Nachrichtenagentur Interfax Anastasia Udalzowa [1][bei den Dumawahlen] | |
| schon als Siegerin im Kampf um ein Direktmandat für die Kommunistische | |
| Partei (KPRF) in Moskau ausgerufen. [2][Doch, oh Wunder:] Am Ende landete | |
| der Kandidat der Kremlpartei „Einiges Russland“ mit zehn Prozentpunkten | |
| Vorsprung auf dem ersten Platz. „Wir haben Einiges Russland besiegt“, | |
| schrieb Udalzowa in den sozialen Netzwerken. „Wir werden weiter für unseren | |
| Sieg kämpfen, mit juristischen und politischen Methoden.“ | |
| Davon, dass sich die 43-jährige Juristin, die laut Wahlwerbung Russland von | |
| Dieben und Oligarchen „säubern“ will, nicht unterkriegen lassen wird, ist | |
| auszugehen. 1978 in Tscherkassy (Ukraine) geboren, trat sie im Alter von 18 | |
| Jahren in die Kommunistische Partei ein. 1998 ging sie nach Moskau und nahm | |
| die russische Staatsbürgerschaft an. Zwei Jahre später lernte sie ihren | |
| Mann Sergei kennen – damals Chef der „Avantgarde Rote Jugend“. Auch | |
| Udalzowa schloss sich an. Später ging die Bewegung in der „Linken Front“ | |
| auf. Zur standesamtlichen Trauung erschien der Bräutigam in Jeans und | |
| T-Shirt mit einem Bild von Stalin und der Aufschrift: „Der Sieg wird uns | |
| gehören.“ | |
| Die zweifache Mutter blieb weiter politisch aktiv. 2007 war sie eine der | |
| Mitbegründer*innen des Rates von Initiativgruppen in Moskau – ein | |
| Dachverband, in dem sich Vertreter*innen unterschiedlicher | |
| Bürgerbewegungen zusammengeschlossen hatten. 2009 und 2010 war Udalzowa | |
| maßgeblich an der Organisation von Aktionen in Moskau mit dem Titel „Tage | |
| der Wut“ beteiligt, bei denen die Teilnehmer*innen nicht nur eine | |
| Verbesserung der sozialen Lage, sondern auch freie Wahlen forderten. 2010 | |
| wurden diese Kundgebungen verboten. | |
| 2014 wurde Sergei Udalzow wegen der Organisation von Massenunruhen in | |
| Zusammenhang mit den Protesten auf dem Moskauer Bolotnaja-Platz 2012 zu | |
| einer viereinhalbjährigen Haftstrafe verurteilt, was die Familie in schwere | |
| finanzielle Nöte brachte. Doch Anfragen um Unterstützung wurden von anderen | |
| Oppositionellen abschlägig beschieden – auch von Kremlkritiker Alexei | |
| Nawalny. Der lüge doch, wenn er nur den Mund aufmache. Ihm sei das | |
| Schicksal politischer Gefangener doch komplett egal, lautete damals der | |
| Kommentar von Udalzowa. | |
| 2019 trat Udalzowa bei der Wahl zum Moskauer Stadtparlament an und bekam | |
| einen der 13 Sitze für die Kommunisten. Schon da hatte Alexei Nawalny die | |
| Russ*innen zu einer „smarten Abstimmung“ aufgerufen, was so viel bedeutet | |
| wie: für jede/n stimmen, wenn es nur kein/e Kandidat*in der Kremlpartei | |
| Einiges Russland ist. Von dieser Strategie dürfte auch Udalzowa profitiert | |
| haben, aber gegen Wahlbetrug in Russland ist auch damit nicht anzukommen. | |
| Fest steht: Sie wird weitermachen – irgendwie. „Unser Land war, ist und | |
| wird immer links sei“, sagte Udalzowa, die westliche Werte strikt ablehnt, | |
| einmal. Ob sich das auch bewahrheiten wird, steht auf einem anderen Blatt. | |
| 21 Sep 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Barbara Oertel | |
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