# taz.de -- Dehoga-Chefin über Hotelboom: „Das waren wirklich goldene Zeiten… | |
> Hamburg erlebte bis 2019 einen riesigen Bauboom von Hotels. Nun sind | |
> viele Projekte ins Stocken geraten, sagt Dehoga-Chefin Ulrike von | |
> Albedyll. | |
Bild: Hier entstehen Hotels: Baugrube in der HafenCity | |
taz: Frau Albedyll, waren die Jahre von den Nullerjahren bis zur Pandemie | |
goldene Zeiten für Hamburgs Hotellerie? | |
Ulrike von Albedyll: Auf jeden Fall. Es kamen immer mehr Hotels dazu, aber | |
die Nachfrage nach Übernachtungen wuchs in gleichen Schritten – bis 2019 | |
gab es stetige Zuwächse bei den Übernachtungszahlen. Hamburg war als | |
Tourismusziel sehr attraktiv. Und auch die Übernachtungen zu | |
Geschäftszwecken nahmen kontinuierlich zu. [1][Das waren wirklich goldene | |
Zeiten.] | |
Die Zahl der Hotels war in 20 Jahren um zwei Drittel gestiegen, die Zahl | |
der Betten hatte sich mehr als verdoppelt. War die neue Konkurrenz für die | |
schon bestehenden Hotels kein Problem? | |
Nein, die neue Konkurrenz war kein Problem. Wir müssen nur auf die | |
Bettenauslastung schauen: Sie hat durchgehend auf einem hohen Niveau von | |
etwa 60 Prozent gelegen. Das ist enorm. | |
60 Prozent klingt aber, als wäre da noch Luft nach oben gewesen. | |
Kaum. Hamburg hatte ohnehin die höchste Bettenauslastung Deutschlands. Nun | |
spricht die Statistik von Bettenauslastung, die Hoteliers rechnen aber in | |
Zimmerauslastung. Wenn Sie die Zimmerauslastung betrachten – ist ein | |
Doppelzimmer mit einem Gast belegt, ist das zweite ja nicht verfügbar – | |
haben Sie einen deutlich höheren Wert als 60 Prozent. Umso härter war der | |
Aufprall, als viele Hotels Mitte März letzten Jahres conronabedingt keine | |
Touristen mehr beherbergen durften. Es waren zwar noch Übernachtungen für | |
Geschäftsreisende möglich, aber viele verzichteten darauf. Homeoffice und | |
Videokonferenzen waren auf einmal sehr angesagt. | |
Wie ist die Prognose für die kommenden Jahre? | |
Ich wage keine Prognose, denn wir merken ja alle gerade, dass wir in | |
unsicheren Zeiten leben. Aber ich spreche mal eine Hoffnung aus: Der | |
vergangene Monat lief ziemlich gut. Und es soll, so hat sich die Politik | |
jedenfalls geäußert, keinen Lockdown mehr geben, was ein wichtiger Schritt | |
in Richtung Sicherheit ist. | |
Noch Anfang diesen Jahres waren allein für 2021 Bauvorhaben für tausende | |
neue Betten angekündigt. Der Bauboom hält an? | |
Es waren sehr viele Bauprojekte für 2021 geplant. Ich stelle derzeit aber | |
fest, dass es bei vielen dieser Vorhaben noch nicht mal einen Spatenstich | |
gegeben hat. Bislang wurden nur wenige Projekte realisiert. Ich glaube, | |
dass Corona den Bauboom stark gebremst hat. Der ein oder andere wird sich | |
sicherlich nochmal überlegt haben, ob er sein Projekt realisieren will. | |
Leider habe ich keinen Überblick, welche Projekte nur auf das kommende Jahr | |
verschoben sind und welche sich nicht realisieren werden. | |
Ist es schwieriger geworden, Hotelprojekte in Hamburg umzusetzen? | |
Den Eindruck habe ich nicht, was die städtischen Genehmigungen angeht. | |
Aber der Baugrund ist knapper. | |
Ich bin immer wieder überrascht, [2][dass doch wieder eine Fläche gefunden | |
wird.] Schauen Sie auf die Innenstadt – sie ist eine einzige Baustelle. Da | |
ist immer Bewegung. Aber klar, wer ein neues Hotel ansiedeln will, braucht | |
dafür eine attraktive Lage. Mir scheint das bislang allerdings noch kein | |
Problem zu sein. | |
Wäre es nicht für bestehenden Hotels gut, wenn nun nicht noch mehr | |
Konkurrenz hinzukommt? | |
Ja, im Moment wäre das gut und wünschenswert. Corona hat dem Tourismus doch | |
sehr zugesetzt. | |
Der Markt ist also gesättigt? | |
Im Moment auf jeden Fall. Der Markt muss sich erst einmal von den | |
Coronafolgen erholen. Dies wird vermutlich erst 2023 der Fall sein, auch | |
wenn Prognosen, wie ja schon gesagt, ganz schwierig sind. Wenn sich also | |
die Umsetzung der Vorhaben etwas nach hinten verzögert, ist das auf jeden | |
Fall gut. | |
Kürzlich wurde bekannt, dass sich die weltweit agierende NH Hotel-Gruppe | |
aus dem Vorhaben, ein Hotel im aufgestockten Feldstraßenbunker zu eröffnen, | |
zurückgezogen hat. Lässt sich daraus etwas über den Hamburger Hotelmarkt | |
ableiten? | |
Wir sind in einer besonderen Zeit. Die Hotelketten hatten es während Corona | |
auch alles andere als leicht. Staatliche Hilfen wurden nicht, schleppend | |
oder nur teilweise gezahlt. Die Hotels hatten keine oder nur sehr kleine | |
Einnahmen und mussten die laufenden Kosten weiterzahlen. Dies ging nicht | |
nur an die Substanz, sondern war für einige existenzbedrohend. Ich kenne | |
die finanzielle Situation der NH Hotel-Gruppe nicht, aber in einer solchen | |
Situation plant niemand ein neues Projekt, sondern sieht zu, die | |
bestehenden Häuser zu erhalten. | |
Die Pandemie hatte dafür gesorgt, dass Menschen regionaler Urlaub machen. | |
Ist das aus Sicht Hamburger Hotelbetriebe ein guter Trend? | |
Ich weiß nicht, ob sich dieser Trend positiv für Hamburg auswirken wird. | |
Städtetourismus lag ja bei den deutschen Touristen schon vor Corona im | |
Trend. Auf jeden Fall [3][profitieren die ländlichen Regionen] – wie zum | |
Beispiel die Nord- und Ostsee oder der Harz davon. Mich persönlich freut | |
das sehr. Ich finde, Deutschland ist ein sehr attraktives Reiseziel. | |
Andernfalls müssten mehr Menschen aus dem Ausland angelockt werden. | |
Das ist ein Wunsch, den wir schon seit sehr vielen Jahren haben. Bislang | |
waren es zu bis zu 80 Prozent innerdeutsche Touristen. Mehr Menschen aus | |
dem Ausland anzulocken, lässt sich nur schwer realisieren. Das haben die | |
Erfahrungen der vergangenen Jahre gezeigt. Wir dürfen nicht vergessen, dass | |
wir mit sehr attraktiven Städten wie Berlin und München konkurrieren, die | |
teilweise gerade aus Übersee besser zu erreichen sind. | |
8 Sep 2021 | |
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## AUTOREN | |
André Zuschlag | |
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