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# taz.de -- Abzug der Nato-Truppen: Erdoğans Afghanistan-Option
> Washington drängt die Türkei, die Kontrolle über den Kabuler Flughafen zu
> übernehmen. Erdoğan gefällt die Idee, den Taliban nicht.
Bild: Der Flughafen Kabul, hier bewacht von einem US-Soldaten im April 2021
Berlin taz | Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan will sich mit den
Führern der Taliban treffen, um dazu beizutragen, [1][die Lage in
Afghanistan] zu deeskalieren. Das Treffen soll durch Katar, mit dem sowohl
die Türkei als auch die Taliban gute Beziehungen unterhalten, vermittelt
werden. „Vielleicht werde ich sogar in der Lage sein, die Person zu
treffen, die ihr Anführer ist“, sagte Erdoğan am Mittwoch.
Hintergrund ist, dass die USA die Türkei drängen, nach ihrem endgültigen
Abzug aus Afghanistan Ende des Monats die Kontrolle über den Flughafen von
Kabul zu übernehmen. Damit soll erreicht werden, dass ungeachtet der Kämpfe
zwischen Taliban und Regierungstruppen wenigstens ein Flughafen für zivile
Flüge offen bleibt.
Bei seinem [2][Treffen mit US-Präsident Joe Biden am Rande des Nato-Gipfels
im Juni] hatte Erdoğan zugesagt, dass die Türkei im Prinzip bereit sei,
diese Aufgabe zu übernehmen. Angesichts der vielen Konfliktpunkte zwischen
beiden Ländern sah Erdoğan darin eine Chance, den neuen US-Präsidenten für
die Türkei einzunehmen.
Da die Türkei aus Sicht Erdoğans ein muslimisches Land ist, ging er davon
aus, dass die Taliban einem Engagement in Afghanistan nach dem Abzug der
Nato-Truppen zustimmen würden. Man sei sich ja weltanschaulich sehr nahe,
sagte Erdoğan zur Empörung der türkischen Opposition. Die Taliban stellten
allerdings schnell klar, dass sie in der Türkei keinen muslimischen
Partner, sondern ein Nato-Mitglied sehen, das, wie andere Nato-Staaten
auch, das Land besetzt hätte und abziehen müsste.
Die USA drängen zunehmend lauter darauf, dass die Türkei nun Truppen zur
Kontrolle des Flughafens bereitstellt. Zuletzt hatte US-Außenamtssprecher
Ned Price am Dienstag die Wichtigkeit des Hamid-Karzai-Flughafens
[3][betont]. Unterdessen lässt Erdoğan hinter den Kulissen sondieren, unter
welchen Bedingungen die Taliban doch noch eine türkische Präsenz
akzeptieren würden.
Eingebunden in diese Bemühungen sind sowohl Katar als auch Pakistan, mit
denen die Türkei gute Beziehungen unterhält. Da die Taliban zumindest
offiziell nach wie vor darauf bestehen, dass die türkischen Truppen wie
alle anderen westlichen Truppen auch das Land verlassen, will Erdoğan die
Frage nun auf höchster Ebene klären. „Wir brauchen eine Verständigung auf
der Topebene“, sagte er in einem Interview mit CCN-Türk.
## Ankara: Mob geht auf Geflüchtete los
Für die türkische Opposition ist das Vorhaben Erdoğans, sich nach Syrien,
Libyen und Aserbaidschan nun auch noch in Afghanistan einzumischen,
gefundenes Fressen. Die große Mehrheit der türkischen Bevölkerung hat
angesichts der Wirtschaftskrise, der Coronapandemie und der
[4][Umweltkatastrophen der letzten Wochen] überhaupt kein Verständnis mehr
für außenpolitische Abenteuer, die nicht nur viel Geld kosten, sondern wie
im Falle Syriens auch dazu führen können, dass Hunderttausende Flüchtlinge
ins Land kommen.
Wie angespannt die Situation ist, zeigte sich in der Nacht auf Donnerstag
in Ankara, wo ein Mob von Hunderten Personen auf Geschäfte von Syrern und
Afghanen losging, nachdem sich das Gerücht verbreitet hatte, ein türkischer
Junge sei von Syrern ermordet worden.
12 Aug 2021
## LINKS
[1] /Eroberungskrieg-der-Taliban/!5788386
[2] /Treffen-von-Biden-und-Erdoan/!5778731
[3] https://www.state.gov/briefings/department-press-briefing-august-10-2021/
[4] /Waldbraende-in-Italien-und-der-Tuerkei/!5786309
## AUTOREN
Jürgen Gottschlich
## TAGS
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