# taz.de -- Berichterstattung über Medien: Intendanten stürzen | |
> Der Medienjournalismus hat es in der Branche schwer, denn er wird oftmals | |
> kritisch beäugt. Dabei ist die Kritik nicht immer begründet. | |
Bild: Die Zeiten, in denen sich Medienjournalismus nur mit den klassischen Medi… | |
Vom Medienwissenschaftler Lutz Hachmeister, der als einer der wenigen | |
seines Fachs auch richtig gut schreiben kann, ist folgender trauriger Satz | |
überliefert: „Ich glaube, dass der Medienjournalismus [1][mit dem Internet | |
perdu gegangen] ist, also auch mit dem Niedergang einer kenntlichen | |
nationalen Medienindustrie“. Das hört sich zunächst mal überzeugend an. | |
Schließlich leben wir in einer Zeit, in der selbst ein ARD-Sender „One“ | |
heißt. Und so ziemlich alles Netzig-Fetzige auf Plattformen läuft, die | |
nicht „Made in Germany“ sind. | |
Nun steht „One“ anstaltsintern ja für „o(h)ne Sinn“. Das kommt der Sac… | |
schon näher, weil niemand diesen vom WDR betreuten Abspielkanal wirklich | |
braucht. „Den braucht’s mit seiner peppigen Aufmachung in der ARD“, sagt | |
die Mitbewohnerin. Und außerdem ist One für sie und viele andere Menschen | |
unverzichtbar, wenn statt 20.15-Uhr-„Tatort“ mal wieder die | |
Mediennutzer:innen von morgen in den Schlaf gewiegt werden müssen. | |
Denn um 21.45 Uhr läuft auf One das Ganze nochmal in HD und nicht wie in | |
der Mediathek nur tiefaufgelöst. One könnte auch immer dann hilfreich sein, | |
wenn Bild sich mal wieder über den „Tatort“ aufregt, weil sie ihn beim | |
ersten Durchgang nicht verstanden haben. | |
Aber ich schweife ab. Medienjournalismus gibt es noch. Das hat unlängst | |
auch eine Studie der gewerkschaftsnahen Otto-Brenner-Stiftung (OBS) | |
überzeugend nachgewiesen. (Disclaimer: Ich arbeite manchmal auch für die | |
OBS). „Medienjournalismus in Deutschland – seine Leistungen und blinden | |
Flecken“ heißt das Ding. Der Untertitel ist großartig. Denn er weist | |
selbstironisch auf ein Manko der Studie hin, die sich nur mit | |
Medienjournalismus auf den klassischen Medienseiten der Tageszeitungen | |
beschäftigt. Dafür gab es jede Menge Spott. | |
[2][Schließlich findet Medienjournalismus] schon lange auch und gerade im | |
Netz statt, von Bildblog bis Übermedien in Sachen kritische Theorie und | |
Praxis und Diensten wie DWDL bis Meedia auf der Branchenseite. Von „perdu“ | |
kann also eigentlich nicht die Rede sein. Dass die Studie trotz ihres | |
engeren Fokus aber interessante Ergebnisse bringt, geht dabei leider ein | |
wenig unter. Sie fordert beispielsweise, endlich das Radio als eines der | |
meistgenutzten Medien stärker in den Blick zu nehmen, und konstatiert zu | |
wenig Blick über den nationalen Tellerrand. | |
Das wahre Manko des Medienjournalismus ist aber etwas ganz anderes. Ihm | |
sind Humor und Kampfgeist größtenteils verloren gegangen. Als der erwähnte | |
Hachmeister noch Medienredakteur beim Tagesspiegel war, formulierte er die | |
Aufgabe von Medienjournalismus ganz salopp als „Intendanten stürzen“. | |
Natürlich Frauen und Kinder zuletzt. Da gibt’s viel zu tun, Freunde! | |
12 Aug 2021 | |
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## AUTOREN | |
Steffen Grimberg | |
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