# taz.de -- Größter Pensionsfonds zieht Geld ab: Osloer Nahostkonflikt | |
> Norwegische Fonds verkaufen Beteiligungen an Firmen, die mit israelischen | |
> Siedlungen zu tun haben. Vor allem die Begründung sorgt für Diskussionen. | |
Bild: Grund für den Verkauf von Beteiligungen: Menschenrechtsverletzungen | |
Stockholm taz | Norwegens größter Pensionsfonds KLP hat sich von bisherigen | |
Beteiligungen an 16 Unternehmen getrennt, weil diese in israelischen | |
Siedlungen im Westjordanland aktiv sind. Die Begründung: Bei den Siedlungen | |
in den von Israel besetzten palästinensischen Gebieten handle es sich um | |
„Konfliktregionen“. [1][Wer sich hier wirtschaftlich engagiere, laufe | |
Gefahr, an Verstößen gegen internationales Recht und | |
Menschenrechtsverletzungen beteiligt zu sein]. Es widerspreche den | |
ethischen Richtlinien des Fonds, Anteile solcher Unternehmen zu halten. | |
KLP verwaltet die Pensionsgelder der Öffentlich-Angestellten im Kommunal- | |
und Gesundheitssektor Norwegens und hat ein Gesamtvermögen von rund 750 | |
Milliarden Norwegischen Kronen (72 Milliarden Euro). | |
Man habe Unternehmen aus dem Bankwesen, dem Bau- und Infrastruktursektor | |
und der Telekom ausgeschlossen, erklärte Kiran Aziz, die als Analytikerin | |
in der Kapitalverwaltung des Fonds arbeitet. Das seien etwa Firmen, die | |
Strom, Treibstoff oder Überwachungsdienste für die externen Grenzen der | |
israelischen Siedlungen bereitstellen: „Wir finden, dass diese Firmen eine | |
wichtige Rolle bei der Erhaltung und Fortführung dieser Siedlungen | |
spielen.“ Banken habe man ausgeschlossen, weil sie den Bau der Siedlungen | |
finanzierten, Baufirmen wegen der Lieferung von Materialien, | |
Telekom-Konzerne, weil sie Infrastruktur böten. | |
Insgesamt habe KLP Aktien und Anleihen im Wert von 275 Millionen Kronen | |
verkauft, auch von Konzernen wie Alstom und Motorola. Dabei habe man | |
zunächst das Gespräch gesucht, die Unternehmen hätten aber nicht auf | |
Kontaktversuche reagiert, so Aziz. | |
## Ölfonds stieg aus zwei Firmen aus | |
Zuvor hatte sich bereits der [2][Auslandspensionsfonds, besser bekannt als | |
Norwegens Ölfonds], der weltweit größte Staatsfonds, mit der gleichen Frage | |
beschäftigt – und schließlich ebenfalls die Anteile an zwei Unternehmen | |
wegen ihrer Verbindungen zu israelischen Siedlungen verkauft. Begründet | |
hatte er das mit einem [3][Bericht des Hohen Kommissars der Vereinten | |
Nationen für Menschenrechte von Februar 2020.] Dieser nennt 112 | |
Unternehmen, die in den nach internationalem Recht illegalen | |
Siedlungsgebieten aktiv sind. | |
Nach dem Bericht hatte der Ethikrat des Ölfonds die eigenen Beteiligungen | |
untersucht und der Fondsverwaltung im Dezember den Ausschluss von zwei | |
israelischen Firmen nahegelegt, die Industrieanlagen in Siedlungen im | |
Westjordanland bauen oder vermieten. Dem war die Fondsverwaltung, die | |
Nationalbank, im Mai gefolgt. Es gebe ein Risiko, dass diese Unternehmen | |
„zu systematischen Menschenrechtsverletzungen beitragen“, hieß es. | |
## Reaktionen gespalten | |
Die KLP-Entscheidung sei ein „enorm wichtiger Beschluss zur Unterstützung | |
des Völkerrrechts und dem Kampf für die Menschenrechte“, sagt Henriette | |
Killi Westhrin, Generalsekretärin der [4][Norsk Folkehjelp], der | |
humanitären Solidaritätsorganisation der norwegischen Gewerkschaften. | |
Gleichzeitig bedauert sie die Reaktion des Ölfonds als „zu zurückhaltend“. | |
Er müsse mehr Firmen ausschließen: Nach einer Norsk-Folkehjelp-Untersuchung | |
sei der Staatsfonds an 64 Unternehmen beteiligt, die „mit ihren Aktivitäten | |
die völkerrechtswidrige Besetzung Palästinas fördern“ würden. | |
Kritik kommt dagegen von Miff ([5][Med Israel for fred]), einem | |
norwegischen Verband, der nach eigenen Angaben „Israel-Freunde mit | |
unterschiedlichen politischen Ansichten“ vertritt. Die Entscheidungen | |
beruhten auf „einer Fehlinterpretation des internationalen Rechts“. Der von | |
den Fonds zur Begründung herangezogene Artikel 49 der vierten Genfer | |
Konvention „schließt nicht das Recht des jüdischen Volkes aus, sich in | |
Judäa und Samaria niederzulassen“. | |
5 Aug 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Ben-und-Jerrys-im-Westjordanland/!5781957 | |
[2] /Klage-gegen-Norwegens-Oelpolitik/!5724971 | |
[3] https://www.ohchr.org/EN/NewsEvents/Pages/DisplayNews.aspx?NewsID=25542 | |
[4] https://www.npaid.org/ | |
[5] http://www.miff.no/miff-english-with-israel-for-peace/ | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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