# taz.de -- Fotopreis 2021 der Horbach Stiftung: Die Seele Argentiniens in Bild… | |
> Der argentinische Fotograf Marcos Zimmermann erhält den Fotopreis 2021 | |
> der Horbach Stiftung. Zuletzt befasste er sich mit der Identität seiner | |
> Landsleute. | |
Bild: Feierabend unter einer Brücke: Einblicke in Argentiniens Gesellschaft vo… | |
Ein Merkmal der Generation Z ist eine gewisse Ungeduld im Umgang mit | |
Erfolg. Wer heute etwas auf Instagram oder Twitter postet, eine | |
Influencer-Karriere oder eine Laufbahn als Künstler anstrebt, will am | |
liebsten morgen schon den Erfolg sehen und die ersten Früchte ernten. | |
Und wenn etwas so Altmodisches wie ein gedrucktes Buch erscheint, erwarten | |
viele ebenfalls eine zeitnahe (und natürlich möglichst positive) Resonanz | |
für das eigene Schaffen – und nicht erst nach 30 oder 40 Jahren. Genauso | |
ist es aber dem argentinischen Fotografen Marcos Zimmermann ergangen. | |
1981 veröffentlichte die Kunsthistorikerin und Vizedirektorin des | |
Kunsthauses Zürich, Erika Billeter, den Katalog zur Ausstellung „Fotografie | |
Lateinamerika. Von 1860 bis heute“. Um das Jahr 2012 herum bekam der | |
[1][Kölner Fotografiesammler, Stifter und Lateinamerika-Liebhaber Michael | |
Hornbach] dieses Buch in die Finger, schmökerte darin herum und entdeckte | |
unter den zahlreichen vorgestellten Fotografinnen und Fotografen Marcos | |
Zimmermann. | |
## Nachhaltige Wirkung | |
Mehr als 30 Jahre nach der Veröffentlichung zeigte das Buch noch immer | |
seine Wirkung und Horbach begeisterte sich für Zimmermanns „überwältigende | |
Landschaftsaufnahmen Patagoniens, die uns auffordern zu retten, was noch zu | |
retten ist“. Gleich zwei Mal stellte er den Nachfahren eines deutschen | |
Auswanderers des 19. Jahrhunderts in seinen Kunsträumen in der Kölner | |
Südstadt aus. | |
Doch damit nicht genug: Kürzlich hat Zimmermann sein neuestes | |
Langzeitprojekt „Los Argentinos“ abgeschlossen. Vier Jahre lang hat er | |
versucht, die Identität und die Seele seiner Landsleute in Fotografien | |
festzuhalten. Er begleitete sie bei der Arbeit und in ihrer Freizeit, auf | |
Reisen und in der Schule, auf Demonstrationen und auf Feiern. | |
Entstanden ist ein unspektakuläres, dafür aber umso sensibleres Panoptikum | |
eines Landes – ein Essay erzählt mit den Mitteln der klassischen Reportage- | |
und Porträtfotografie, natürlich in Schwarz-Weiß und in einer zutiefst | |
humanistischen Tradition. | |
## Schwerpunkt bei der ärmeren Bevölkerung | |
Nicht von ungefähr erinnert es auch an die großen Klassiker der | |
Fotografiegeschichte wie „Menschen des 20. Jahrhunderts“ von August Sander, | |
„Deutsche“ von Stefan Moses, „Die Deutschen“ von René Burri, „Les | |
Européens“ von Henri-Cartier Bresson und natürlich „The Americans“ von | |
Robert Frank. | |
Einen Schwerpunkt bildet bei Zimmermann der eher ärmere und benachteiligte | |
Teil der Bevölkerung, „weil mir das Leben, das von einer dringlicheren | |
Realität geschnitzt wurde, wahrer erscheint als andere, die in | |
Bequemlichkeit gebettet sind.“ | |
Das kratzt vielleicht haarscharf vorbei an der Sozialromantik, hat aber | |
auch nachvollziehbare Gründe: Vor der Coronapandemie lebte jeder dritte | |
Arbeitnehmern in Argentinien unterhalb der Armutsgrenze – mittlerweile sind | |
es bereits 40 Prozent. Und auch der Fotograf selbst ist von den Folgen | |
nicht verschont geblieben – Ausstellungen wurden abgesagt und Verkäufe | |
fanden ebenfalls nicht statt. | |
## Kunstpreis mit sozialem Faktor | |
[2][Aus diesem Grund hat Michael Horbach], der selbst mehrfach in | |
Argentinien war und der sich seit Jahren sowohl für soziale als auch für | |
künstlerische Projekte engagiert, seinen diesjährigen Fotopreis an Marcos | |
Zimmermann vergeben. Mit 10.000 Euro zählt dieser zu den besser dotierten | |
Fotografiepreisen in Deutschland und ist bereits an Größen wie Bettina | |
Flittner, Sebastião Salgado, Flor Garduño und Pep Bonet verliehen worden. | |
Gleichzeitig zählt für Horbach aber nicht nur die Qualität einer Arbeit, | |
sondern auch die Bedürftigkeit der Künstlerin oder des Künstlers. Eine | |
Einstellung, die in der deutschen Stipendien- und Kunstpreislandschaft | |
selten so klar formuliert wird. In seiner aktuellen Sommerausstellung | |
präsentiert Horbach nun eine Auswahl dieses umfangreichen Projekts zusammen | |
mit Arbeiten von anderen Fotografen und Künstlern. | |
4 Aug 2021 | |
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## AUTOREN | |
Damian Zimmermann | |
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