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# taz.de -- Aus Azubis können streiken: Ausbilden und auslaugen
> Die Azubis bei Vivantes und der Charité beklagen schlechte
> Arbeitsbedingungen. In der Krankenhausbewegung stehen die Zeichen auf
> Streik.
Bild: Auch schon wieder ein Jahr her… Zu wenig Kohle für die Pflege gibts sc…
Berlin taz | Die Auszubildenden in den kommunalen Krankenhäusern Charité
und Vivantes schlagen Alarm. Gemeinsam mit der [1][Berliner
Krankenhausbewegung] und der Gewerkschaft Verdi berichteten vier Azubis am
Mittwochmorgen über ihre miserablen Arbeitsbedingungen – und stellten die
Ergebnisse einer Umfrage vor, in der 300 der etwa 1.500 angehenden
Pflegekräfte über ihre Ausbildungserfahrungen befragt wurden.
Ihre Antworten sind erschreckend: Demnach kann sich die Hälfte der Azubis
nicht oder eher nicht vorstellen, den Pflegeberuf längerfristig auszuüben.
Sage und schreibe 75 Prozent erklärten, der Beruf sei mit den eigenen
Vorstellungen von Familien- oder Freizeitplanungen völlig oder eher
unvereinbar. Sieben von zehn der Befragten sagten, sie würden manchmal oder
sogar häufig Tätigkeiten ausüben, für die sie noch gar nicht ausgebildet
wurden.
Meike Jäger, Verdi-Landesfachbereichsleiterin für Gesundheit und Soziales,
erklärte, die Umfrage offenbare „gravierende Probleme, die schnellstens
abgestellt werden müssen“. Hierzu haben die Azubis einen Forderungskatalog
erarbeitet, der am Donnerstag der Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD)
vor ihrer Senatsverwaltung übergeben werden soll. Darin fordern die Azubis
eine bessere Einarbeitung in ihre Station, eine längerfristige
Dienstplanung und eine bessere Betreuung durch die Praxisanleiter:innen.
## Die Politik redet, Klinikleitungen blocken ab
Die Auszubildenden sind in der Berliner Krankenhausbewegung organisiert,
die neben einem Tarifvertrag Entlastung für die Pflegekräfte auch eine
Bezahlung nach Tarif für alle Beschäftigten insbesondere der
[2][Vivantes-Tochterunternehmen] fordert. Vor allem gegen den
Entlastungsvertrag führen Klinikleitungen den Fachkräftemangel als Argument
heran. Die Befragungsergebnisse untermauern nun den Standpunkt der
Gewerkschaft. Die sagt: der Personalmangel liegt primär an den miserablen
Arbeits- und Ausbildungsbedingungen.
Im Zusammenhang mit ihren Forderungen hatte die Krankenhausbewegung ein
100-Tage-Ultimatum gestellt, dass am 20. August ausläuft. Pünktlich zu
Beginn der heißen Phase des Ultimatums – und des Wahlkampfs – haben Linke
und SPD nun Beschlüsse verabschiedet, in denen sie sich mit den Zielen der
Bewegung solidarisieren. Auch die Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch
unterstützt die Forderungen öffentlich. Konkret geschehen ist seitens der
Politik aber wenig.
Die Klinikleitung von Vivantes blockt derweil weiter alle Gespräche über
den Tarifvertrag Entlastung ab. Erstmalig verhandelt hat Verdi allerdings
Ende letzter Woche mit der Leitung der Charité. Doch diese habe ein Angebot
vorgelegt, dass die Situation der Beschäftigten in Teilen sogar noch
verschlechtert hätte, hieß es am Mittwoch aus der Gewerkschaft. Alle
Zeichen stehen deshalb derzeit auf Streik – auch die Auszubildenden werden
dabei sein.
Veranstaltungshinweis: Am Donnerstag, den 12. August, übergeben die
Auszubildenden ihre Forderungen an Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci
(SPD). Eine Kundgebung findet um 16 Uhr vor der Senatsverwaltung für
Gesundheit, Pflege und Gleichstellung in der Oranienstraße 108 statt.
12 Aug 2021
## LINKS
[1] /Krankenhausbewegung-in-Berlin/!5779290
[2] /Tarifkampf-der-Krankenhausbeschaeftigten/!5786616
## AUTOREN
Timm Kühn
## TAGS
Arbeitskampf
Pflege
Krankenhäuser
Ausbildung
Vivantes
Verdi
Verdi
Pflegekräftemangel
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