# taz.de -- Petition der Woche: Die Gassen den Bewohner:innen! | |
> Balkone sind Mangelware in der Heidelberger Altstadt. Eine Petition | |
> fordert nun, das Sitzen auf den Straßen zu legalisieren. | |
Bild: In der Heidelberger Altstadt sitzt man gern draußen – nicht nur in der… | |
Seit Jahrzehnten sitzt Kurt Baust vor seinem pittoresken Haus in der | |
Heidelberger Altstadt. Mit Klappstuhl und Tisch am Rand der gepflasterten | |
Pfaffengasse, um den 104-Jährigen herum Blumenkästen. Gemütlich sieht es | |
aus, da nimmt man gern Platz. | |
Doch damit sollte Ende Juni Schluss sein. Mehrfach forderte der Kommunale | |
Ordnungsdienst (KOD) Bewohner:innen der Heidelberger Altstadt auf, die | |
schmalen Gassen vor ihren Häusern zu räumen. Öffentlicher Raum sei das, | |
Rettungswege müssten frei bleiben. | |
Dass die parkenden Autos viel mehr Platz einnehmen – geschenkt. Diese sind | |
schließlich leise, und man wolle „Biergarten-Chaos“ verhindern, [1][zitiert | |
die Rhein-Neckar-Zeitung die Stadt]. Tourist:innen machen zwar auch | |
Lärm, die Außengastro ebenso, aber Gott vergelt’s, hier geht es ums | |
Prinzip! | |
So wurde Kurt Baust zum Symbol. Eine [2][Onlinepetition für ihn] sammelte | |
mehrere tausend Unterschriften, und prompt folgte eine Reaktion der Stadt | |
Heidelberg: Ordnungsbürgermeister Wolfgang Erichson von den Grünen | |
erklärte, der Ordnungsdienst werde in Zukunft nur bei „Gefahr im Verzug“ | |
eingreifen. | |
Herr Baust darf also wieder draußen sitzen, und als Marlene Hohenadl | |
letztens in der Pfaffengasse vorbeischaute, tat er dies auch fröhlich. Für | |
die gebürtige Heidelbergerin ist die Geschichte hier aber nicht zu Ende. | |
Hohenadl [3][hat eine weitere Petition gestartet] und fordert: Das | |
Draußensitzen soll für Anwohner:innen offiziell legal sein. | |
Bis vor Kurzem gab es dafür keinen Anlass. „In der Altstadt ist es gang und | |
gäbe, dass die Leute mit Tischen und Stühlen in den Gassen laue | |
Sommerabende genießen“, sagt die 30-Jährige. Erst durch das Einschreiten | |
des KOD wurde ihnen bewusst, dass sie eigentlich nur geduldet werden. | |
Unter dem Motto „Unsere Stadt. Unser Gehsteig“ kamen bis Donnerstag knapp | |
500 Unterschriften zusammen. Hohenadl wünscht sich, dass „die Stadt, die | |
Straßen, die Lebensräume“ den Bürger:innen gehören. Die Gastronomie | |
hatte in der Pandemie ihre Außenbereiche erweitern dürfen. Das ist | |
„charmant“, sagt Hohenadl, es füge sich in ihre Vorstellung von ihrer | |
Heimatstadt. Doch angewiesen sollte man darauf nicht sein. | |
Die Stadt selbst möchte sich zur Causa nicht weiter äußern, die | |
Pressestelle verweist in einer Mail nur nochmals darauf, dass der KOD nur | |
bei „Gefahr im Verzug“ eingreifen werde. Also zum Beispiel, wenn ein | |
Rettungsweg versperrt ist. | |
Ein Entgegenkommen, mit dem sich Hohenadl aber nicht zufriedengeben will. | |
Es ärgert sie, dass die Bewohner:innen die Bereiche vor ihren Haustüren | |
hegen und pflegen, während eine Nutzung vom guten Willen des | |
Ordnungsdienstes abhängt. Die Altstädter:innen seien zusammengerückt, | |
erzählt Hohenadl, für einen Moment war großer Kampfgeist zu spüren gewesen. | |
Durch das Einlenken der Stadt sei dieser nun aber abgeflaut. | |
An Heerscharen von Tourist:innen habe man sich gewöhnt, das sei der | |
Preis für das Leben in einer Stadt wie Heidelberg. Mehr stören Marlene | |
Hohenadl die parkenden Autos, die in der Altstadt den Lebensraum | |
„zupflastern“, Rettungswege viel eher blockieren als Klappstühle. Am Ende | |
bleibt die Frage, ob sich die Bewohner:innen damit abfinden, nur | |
geduldet zu werden. Oder ob – wie Hohenadl es formuliert – das System vor | |
Ort „ganz basal infrage“ zu stellen sei. | |
31 Jul 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://www.rnz.de/nachrichten/heidelberg_artikel,-heidelberg-klappstuhl-kr… | |
[2] https://www.change.org/p/stadt-heidelberg-der-%C3%A4lteste-heidelberger-sol… | |
[3] https://www.change.org/p/dr-eckhard-w%C3%BCrzner-unsere-stadt-wir-fordern-d… | |
## AUTOREN | |
Julia Weinzierler | |
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