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# taz.de -- Airbnb und die Daten der Vermieter: Berlin auf der Nase herumtanzen
> Nach einem Gerichtsurteil dürfen Berlins Bezirke Airbnb zur
> Datenherausgabe verpflichten. Eigentlich. Die Plattform macht weiter, was
> sie will.
Bild: Legale oder illegale Ferienwohnung? Ein Symbolbild
Das Einhalten von Recht und Gesetz ist auch in der als vergleichsweise
locker geltenden Hauptstadt eine wichtige Angelegenheit. Geht es zum
Beispiel um [1][Brandschutzmängel in einem linken Hausprojekt], fährt man
gerne ein paar Hundertschaften auf, um diese zu beheben. Und will ein
Betreiber Musikveranstaltungen in seinem Strandbad veranstalten, scheitert
das schon mal an dem unerbittlichen Widerstand des Ordnungsamtes. Wie
zuletzt am [2][Plötzensee] geschehen, wo letzten Samstag eine
Open-Air-Veranstaltung per Polizeieinsatz beendet wurde.
Deutlich weniger Probleme mit Rechtsbrüchen haben hingegen internationale
Großkonzerne wie etwa die Ferienwohnungvermittlungsplattform Airbnb. Denn
seit der Einführung des Zweckentfremdungsverbot-Gesetzes 2014 ist das
Geschäftsmodell des US-Unternehmens de facto illegal.
Dieses besteht in der Regel darin, dass findige Unternehmer:innen
Miet- und Eigentumswohnungen auf der Plattform als Ferienwohnungen
vermieteten und somit ein Vielfaches der üblichen Marktmiete einnahmen.
Fataler Nebeneffekt dieser Praxis ist, dass sie die bestehende Wohnungsnot
noch weiter verschärft. Die in dieser Woche erschienene Studie „Loft mit
Aussicht auf Verdrängung“ der Rosa-Luxemburg-Stiftung zeigt das noch einmal
eindrücklich.
Das Gesetz besagt, dass die kurzzeitige Vermietung von Wohnraum nur in
Ausnahmefällen genehmigt wird. Trotzdem werden durch die Plattform immer
noch 10.000 Wohnungen dem Berliner Mietmarkt entzogen, kaum eine davon hat
eine offizielle Genehmigung als Ferienwohnung.
## Die Richter ließen Berufung zu
Die Vermieter:innen rechtlich zu verfolgen, ist schwierig, denn
freiwillig will Airbnb deren Daten nicht herausrücken. Daran wird auch ein
[3][neues Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts] nichts ändern, das den
Konzern genau dazu verpflichtet. Denn die Richter ließen eine Berufung zu –
und bis das Urteil in letzter Instanz ausgefochten ist, könnten ein paar
Jahre ins Land gehen. Und selbst dann dürfte es schwierig werden, da die
Herausgabe der Daten erst per Gerichtsvollzug in Irland eingetrieben werden
müsste.
Salopp formuliert tanzt also Airbnb der Stadt seit Jahren auf der Nase
herum. Um dem Treiben ein Ende zu bereiten, bräuchte es vor allem
politische Entschlossenheit. So müsste noch die letzte Lücke des
Zweckentfremdungsverbot-Gesetzes geschlossen werden – dagegen sträubt sich
allerdings die SPD –, derzeit nämlich gilt eine Ausnahme bei einer
Vermietung von maximal 90 Tagen im Jahr.
Letztendlich führt sich die Koalition in ihrem laxem Umgang mit dem
US-Unternehmen selber vor. Was bringt es, Gesetze zu erlassen, wenn diese
systematisch missachtet werden? Im Gegensatz zu linken Freiräumen und
Open-Air-Partys wäre hier ein hartes Durchgreifen mal eine erfrischende
Abwechslung, die ganz nebenbei das Vertrauen in den Rechtsstaat ein gutes
Stück wiederherstellen könnte. Die Hundertschaften wären vor illegal
vermieten Airbnb-Wohnungen allemal besser aufgehoben.
31 Jul 2021
## LINKS
[1] /Rigaer-Strasse-94-vor-Grosseinsatz/!5775024
[2] /Musikverbot-im-Strandbad-Ploetzensee/!5785602
[3] /Gerichtsurteil-und-Studie-gegen-Airbnb/!5785984
## AUTOREN
Jonas Wahmkow
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Zweckentfremdungsverbot
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