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# taz.de -- Rassismus an der Radsportstrecke: Das Kamel
> Patrick Moster wird nach seinen rassistischen Sprüchen nach Hause
> geschickt. Wie sein Verband hat er den Anschluss an die moderne Sportwelt
> verpasst.
Bild: Was hat Sportdirektor Patrick Moster (links) nur gegen den algerischen Ra…
Berlin taz | Patrick Moster muss seine Koffer packen und die Olympischen
Spiele verlassen. Das hat der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) am
Donnerstagmorgen verkündet. Der Sportdirektor des Bunds Deutscher Radfahrer
(BDR) war tags zuvor beim Einzelzeitfahren der Männer ganz schnell zur
peinlichsten Person der Spiele geworden. Mit den Worten „Hol die
Kameltreiber!“, hatte er Nikias Arndt angefeuert, auf dass der die vor ihm
gestarteten Azzedine Lagab aus Algerien und Amanuel Ghebreigzabhier aus
Eritrea einhole.
In der TV-Übertragung war die Entgleisung deutlich zu hören. Moster blieb
nichts anderes übrig, als auf die entstandene Empörung in den sozialen
Medien, aber auch in der Profiszene der Radsportler mit einer Bitte um
Entschuldigung zu reagieren. Der DOSB und sein Präsident Alfons Hörmann
nahmen die Entschuldigung an, ebenso der Präsident des Bunds Deutscher
Radfahrer, [1][der ehemalige SPD-Grande Rudolf Scharping].
Sie nahmen Moster die Story von der olympischen Aufregung ab, die
verantwortlich sei für die unbedachte Äußerung. Alles sei wieder gut, hieß
es aus den Funktionärsmündern, und Moster dürfe in Tokio bleiben. Die
Botschaft war ebenso eindeutig wie geschmacklos: Rassismus – kann ja mal
passieren.
Am Ende mussten sich die Funktionäre dem Druck der Öffentlichkeit beugen.
Sie haben Moster nach Hause geschickt und hatten sich doch blamiert. Sie
dachten, sie kämen bei einem multiethnischen Event wie den Olympischen
Spielen durch mit ihrer Entschuldigung. Das zögerliche Handeln von DOSB und
BDR zeigt, wie gestrig das deutsche Funktionärswesen ist. Während
[2][Nikias Arndt sein Entsetzen über den Sportdirektor], dessen einzige
Aufgabe im Rennen es ist, den Sportler anzufeuern, via Twitter zum Ausdruck
brachte, dachten die Schreibtischsportler, dass alles halb so wild ist.
Rick Zabel, ein Radprofi, der die Nominierung für die Spiele verpasst hat,
[3][äußerte über Instagram seine Abscheu] gegenüber Mosters Äußerungen und
erklärte ganz nebenbei, welche Macht ein Sportdirektor im BDR hat.
## Die Macht der Funktionäre
Während sich die Profis in ihren Rennställen und zu einem Gutteil auch als
Alleinunternehmer in Sachen Leistungssport selbstständig auf ihre Rennen
vorbereiten, entscheidet einer wie Moster, wer mitdarf zu Olympia oder den
Weltmeisterschaften. Und während im Profizirkus mündige Sportler unterwegs
sind, die es gewohnt sind, für sich Entscheidungen zu treffen, formiert
sich im Bund Deutscher Radfahrer Borniertheit und Machtbewusstsein zu einer
wahrlich unseligen Allianz.
Zum modernen Profisport passt dieser Verband schon lange nicht mehr. Der
BDR hatte einst einen Sportdirektor namens Burckhard Bremer, der alles
daran setzte, auffällige Blutwerte eines Bahnradfahrers zu verheimlichen.
Als [4][die damalige Verbandschefin Sylvia Schenk] das kritisierte, waren
ihre Tage als Präsidentin gezählt. Rudolf Scharping übernahm und festigte
die Macht Bremers. Dass war im Jahr 2004. Seitdem ist der Verband schon von
gestern.
Zu spüren bekam das Azzedine Lagab. Der [5][reagierte auf Twitter mit dem
Humor des moralisch Überlegenen]. „Nun, es gibt kein Kamelrennen bei
Olympia, deshalb betreibe ich Radsport“, zwitscherte er. Kamele gibt es
indes durchaus in Tokio. Man findet sie unter den Sportfunktionären. Eines
ist nun heimgeschickt worden.
29 Jul 2021
## LINKS
[1] /Steinzeit-in-Scharpings-Radfahrerbund/!5070697
[2] https://twitter.com/NikiasArndt/status/1420334787458371584
[3] https://www.instagram.com/p/CR4JvYMNHCe/
[4] /BDR-Kandidatin-ueber-ihre-Ziele/!5070885
[5] https://twitter.com/AzzedineLagab/status/1420380485931311105
## AUTOREN
Andreas Rüttenauer
## TAGS
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