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# taz.de -- Dopingverstöße bei Olympia: Agenten im Jagdfieber
> Zehn Leichtathleten aus Nigeria haben sie erwischt, die Superermittler
> von der Athletics Integrity Unit. Sie verstehen sich als
> „Sport-Geheimdienst“.
Bild: Weitenjagd im Schatten der olympischen Ringe? Nicht für Ese Brume aus Ni…
Hinter dem etwas sperrigen Kürzel AIU verbirgt sich die Hoffnung auf
sauberen Sport, auch bei diesen Olympischen Spielen. Die schnelle
Eingreiftruppe des internationalen Leichtathletikverbands World Athletic
nennt sich in voller Länge [1][Athletics Integrity Unit (AIU)], und sie
versteht sich als eine Art Geheimdienst des Sports. Sie ist auch ein
Ermittlungsorgan, das betrügerischen Sportlern hautnah auf den Leib rückt.
Es wird natürlich auf Doping getestet, aber nicht auf die klassische Art,
die meist nur auf Quantität und nicht auf Qualität setzt.
Die 11 Millionen Pfund schwere AIU hat große Ziele formuliert, sie möchte
die Lücke zwischen den Dopern und den Dopingjägern verringern, wenn nicht
sogar schließen. Erlaubt sind dabei polizeiliche und geheimdienstliche
Methoden. Alles andere ist eh Augenwischerei und Statistikschummelei, das
weiß auch AIU-Chef Brett Clothier, ein Anwalt aus Australien, dessen
Bedingung, den Job anzunehmen, absolute Unabhängigkeit vom Weltverband war.
Die sicherte ihm World-Athletic-Präsident Sebastian Coe zu.
Der ehemalige Mittelstreckler aus Großbritannien war nach seinem
Amtsantritt 2015 gezwungen, etwas zu tun. Der Verband war unter Lamine
Diack zu einem korrupten Etwas verkommen; der Antidopingkampf des
Senegalesen sah so aus, dass er von überführten Dopern Schweigegeld
erpresste und im Gegenzug die inkriminierenden Papiere verschwinden ließ.
Die Jungs von der Integritäts-Einheit haben jetzt schon über 250
Sportlerinnen und Sportler überführt, und zwar keine kleinen Fische,
sondern größere Kaliber. Denn das ist der Ansatz: Man möchte an die Elite,
auch die olympische, heran, die über die finanziellen und logistischen
Mittel verfügt, Doping auf höchstem Niveau zu betreiben – mit Mikrodosen,
Maskierungsmitteln und anderen Kniffen. Jetzt, kurz vor Beginn der
olympischen Leichtathletikwettbewerbe, sind ihnen etliche Sportler ins Netz
gegangen.
## Auffälligkeiten in Kategorie A
Zehn nigerianische Leichtathleten müssen ihren Traum von Olympia begraben.
Sie wurden von der AIU aus dem Rennen genommen, weil sie nicht die nötige
Zahl an Dopingtests vorweisen konnten. Zehn Sportler, das entspricht 40
Prozent der gesamten nigerianischen Olympiamannschaft der Leichtathleten.
Unter ihnen: Ese Brume, Bronzemedaillengewinnerin im Weitsprung der Frauen
bei der WM 2019 in Doha – und Blessing Okagbare, Silbermedaillengewinnerin
im Weitsprung bei den Olympia 2008 in Peking, die sich diesmal für die 100
Meter und 200 Meter qualifiziert hatte.
Die Sanktionierten gehören mit Nigeria einer Nation an, die in der
Kategorie A, also jener der verdächtigsten Dopingverbände, besonders unter
die Lupe genommen wird. Betroffen sind jetzt überdies drei Athleten aus der
Ukraine, ein Marokkaner, ein Sportler aus Äthiopien und drei aus
Weißrussland. Zwei kenianische Athleten, die von der AIU als „Fälle“
geführt werden, hat Athletics Kenya schon im Vorfeld der Spiele durch
andere Athleten ersetzt. Der Fokus der Ermittler richtet sich vor allem auf
Afrika, 46 Prozent der Tests fanden auf diesem Kontinent der schnellen
Läufer statt.
Dass die AIU hinter die Kulissen schaut und sich nicht vom schönen Schein
blenden lässt, belegt [2][der Fall des russischen Hochspringers Danil
Lyssenko]. Der frühere Hochsprung-Weltmeister war bei unangekündigten
Dopingtests nicht erreichbar. Die Funktionäre des russischen Verbands
wollten den Regelverstoß mit gefälschten Dokumenten vertuschen. „Uns geht
es um die Geschichten hinter den Vorstößen“, sagt Clothier – und
tatsächlich wurde Lyssenko vom internationalen Sportgericht CAS für sechs
Jahre gesperrt.
Auch dem US-Sprinter Christian Coleman wurde der Ermittlungseifer der
AIU-Agenten zum Verhängnis. Seine Ausrede für einen verpassten Dopingtest
entlarvte sich als Lüge – mittels Nachweis einer Finanztransaktion bei
einer Shoppingtour. Coleman muss den Spielen fernbleiben, auch wenn der
CAS seine Sperre leicht reduzierte.
„Wir glauben“, sagt Dopingjäger Brett Clothier, „dass die Spiele mit dem,
was wir in den letzten Jahren, insbesondere im Vorfeld von Tokio, erreicht
haben, fairer sein werden als in der letzten Zeit.“ Nun, die Hoffnung
stirbt zuletzt.
29 Jul 2021
## LINKS
[1] https://www.athleticsintegrity.org/
[2] https://www.insidethegames.biz/articles/1109808/lysenk-six-year-ban-cas-ath…
## AUTOREN
Markus Völker
## TAGS
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
Doping im Spitzensport
Tokio
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