# taz.de -- BDR-Kandidatin über ihre Ziele: „Ich war damals zu gutgläubig“ | |
> Sylvia Schenk möchte Radsportpräsidentin werden. Die engagierte | |
> Dopingbekämpferin weiß um die Spannungen im Verband. | |
Bild: Kritische Sportart: Sylvia Schenk steht für mehr Transparenz im deutsche… | |
taz: Frau Schenk, warum wollen Sie sich den Bund Deutscher Radfahrer noch | |
einmal antun? | |
Sylvia Schenk: Bislang bin ich lediglich als Kandidatin vorgeschlagen, der | |
Rest entscheidet sich am Freitag und Samstag. Fakt aber ist, dass ich für | |
das Amt bereitstehe. | |
Wie kam es dazu? | |
Als Ende Januar die Frage kam, ob ich mir eine Kandidatur vorstellen | |
könnte, habe ich das nicht sofort ausgeschlossen, sondern versucht | |
herauszufinden, was beim BDR los ist. In anschließenden Gesprächen waren | |
dann Unzufriedenheit und Frust zu spüren, auch wegen der ständigen Kritik | |
in der Öffentlichkeit aufgrund der Dopingproblematik. Als dann Rudolf | |
Scharping seinen Rückzug erklärte, hatte ich das Gefühl: Ich kann | |
diejenigen im Radsport, die bereit sind, neue Wege zu gehen, jetzt nicht | |
hängen lassen. | |
Nun steht Scharping doch wieder für eine weitere Amtszeit bereit. Woher | |
rührt dieser Sinneswandel? | |
Nein. War es denn ein Sinneswandel? | |
Könnte doch sein, dass das mit Ihnen und Ihrer Kandidatur zu tun hat? | |
Das würde ich nicht unbedingt in seine Entscheidung hineininterpretieren. | |
Ich nehme an, dass Rudolf Scharping einfach nur BDR-Präsident bleiben will. | |
Die Süddeutsche Zeitung hat festgestellt, im nationalen Radsport herrsche | |
„massive Spannung“, seit klar ist, dass Sie für das Amt bereitstehen. Was | |
ist damit wohl gemeint? | |
Das möchte ich nicht interpretieren. Ich hatte allerdings den Eindruck, | |
dass die Spannung schon länger geherrscht hat – sonst wäre ich ja auch | |
nicht gefragt worden und Rudolf Scharping hätte nicht so reagiert. | |
Vielleicht deckt ja allein die Möglichkeit einer Kandidatur von mir | |
vorhandene Spannungen auf. | |
Sie gelten als engagierte Kämpferin gegen Doping und Betrug. Will der | |
deutsche Radsport überhaupt Aufklärung? | |
Genau das ist die Frage, auf die ich eine Antwort suche. Mal schauen, wie | |
viele im BDR das auch wissen wollen. | |
Was hat sich seit Ihrer ersten Amtszeit (2001 bis 2004) im deutschen | |
Radsport verändert? | |
Die entscheidende Frage ist: Was hat sich im Umfeld verändert? Welche | |
Erwartungen gibt es an Transparenz und Integrität? Wie sollten | |
Ehrenamtliche in den verschiedenen Positionen, aber auch Interessengruppen, | |
die nicht Mitglieder sind, eingebunden werden? Man muss heute mit allen ins | |
Gespräch kommen, mit der Jedermannszene und den Antidopingkämpfern. Auf der | |
anderen Seite geht es auch darum, was ich dazugelernt habe, zum Beispiel | |
über Prävention, den Umgang mit Risiken, mit Verdacht, Misstrauen. Die | |
Deutsche Sporthilfe hat gerade eine Studie über Existenzängste und Druck | |
bei Spitzenathleten vorgelegt – als mögliche Ursache für Doping. | |
Da wollen Sie ansetzen? | |
Wir müssen uns fragen: Wie hilft man den Aktiven wirklich, anstatt sie im | |
Zweifelsfall im Regen stehen zu lassen? Doping ist nicht bloß ein Problem | |
der Sportler. Da stecken Strukturen dahinter und die Einstellung des | |
gesamten Umfeldes. Darüber habe ich im Kampf gegen Korruption viel gelernt. | |
Kann ein Straftatbestand Sportbetrug hier Probleme lösen? | |
Eine endgültige Umsetzung durch den Gesetzgeber würde viel Zeit in Anspruch | |
nehmen, selbst wenn sofort alle Sportverbände dafür wären. Strafgesetze | |
sind zudem immer nur ein Mosaikstein. Es geht auch um die Frage: Wie viel | |
Ressourcen stecken die Länder dann in die Strafverfolgung? Und vor allem: | |
Was kann man sofort tun? | |
Nämlich? | |
Umfassende Prävention, die am Umfeld der Sportler ansetzt, ist schon jetzt | |
möglich. Das Kontrollsystem reicht ja nicht aus. Es lässt zu viele | |
Schlupflöcher. | |
Ihr Rücktritt 2004 hatte auch mit der Dopingproblematik zu tun. In dem von | |
Ihnen geführten Verband konnte der damalige Sportdirektor Burckhard Bremer | |
auffällige Blutwerte eines Sportlers verheimlichen. | |
Das Entscheidende war, dass mir die Fakten schriftlich bestätigt vorlagen. | |
Es bewegte sich nicht in Gerüchten, Andeutungen oder einem nicht | |
verwertbaren Vier-Augen-Gespräch. | |
Als Sie von dem Vorgang erfuhren, haben Sie die Vertrauensfrage gestellt: | |
Er oder ich. Ihre Präsidiumskollegen haben sich für Bremer ausgesprochen. | |
Wie enttäuschend war das für Sie? | |
Mir war klar, dass ich meine Linie halten und das durchfechten muss. An | |
Enttäuschung als Gefühl erinnere ich mich nicht. Eher an Angst und | |
Unsicherheit – und auch an Ärger über mich, weil ich gegenüber manchen | |
Personen viel zu gutgläubig war. | |
Kann man sagen, dass Sie gescheitert sind, weil Sie schon damals aufklären | |
wollten? | |
Ja. | |
22 Mar 2013 | |
## AUTOREN | |
Frank Ketterer | |
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