# taz.de -- Steinzeit in Scharpings Radfahrerbund: „Wir müssen weg vom Wort … | |
> Keine Chance für Reformkandidatin Schenk. Scharping bleibt Chef des | |
> Bundes Deutscher Radfahrer. Er kann einfach gut mit Funktionären und | |
> verspricht Geld aus China. | |
Bild: Radeln in Telekom-Magenta: Jan-Ulrich-Freund Rudolf Scharping. | |
GELSENKIRCHEN taz | Am idyllischen Stadtgarten ragt das Hotel Maritim von | |
Gelsenkirchen empor. Ein grober Betonturm aus den siebziger Jahren, in | |
dessen Innerem die Zeit ein wenig stehen geblieben ist. Die holzvertäfelten | |
Räume verströmen trotz zaghafter Modernisierungen noch immer den Geist | |
ihrer biederen Entstehungszeit. Ein Sinnbild für den reformbedürftigen Bund | |
Deutscher Radfahrer, der dort am Samstag seine Bundeshauptversammlung | |
abhielt und mit einer satten Zweidrittelmehrheit Rudolf Scharping (411:156 | |
Stimmen) neuerlich zu seinem Präsidenten machte. | |
Mit Spannung hatte die Sportwelt die Wahl erwartet, bei der die ehemalige | |
BDR-Präsidentin Sylvia Schenk gegen ihren Nachfolger Rudolf Scharping | |
antrat. Doch schon die Sitzungsdramaturgie in dem fensterlosen und mit | |
seinen tief hängenden Decken bedrückend wirkenden Konferenzraum | |
„Timmendorf“ lässt keine Zweifel an der Wiederwahl des gewieften | |
Expolitikers aufkommen: Scharpings gut 20-minütiger Rechenschaftsbericht | |
gerät zu einer zunächst impliziten, dann immer deutlicheren Wahlkampfrede. | |
Der Präsident dankt vielen, dankt den hauptamtlichen Mitarbeitern in der | |
Geschäftsstelle, dankt den Ehrenamtlichen im Verband für ihr Engagement, | |
dankt den Sportlern für Erfolge, dankt den Sponsoren für Unterstützung. | |
Scharping dankt allen, die geholfen haben, den BDR „in den Jahren der | |
Gefahr durchzubringen“. | |
Und seine nur wenig unterschwellige Botschaft lautet: Ohne ihn als | |
Präsidenten wäre das wohl kaum gemeistert worden. Und dann gestattet er | |
sich, scheinbar beiläufig, die Bemerkung, er habe in Schanghai mit | |
wichtigen Sponsoren gesprochen – und noch nicht einmal seine Reisekosten | |
abgerechnet. Das möchten die Delegierten hören. Ebenso dass der Verband | |
2012 das wirtschaftlich beste Jahr seit mehr als zehn Jahren hinter sich | |
hat, an dessen Ende ein Gewinn von 65.000 Euro und ein Eigenkapital von | |
250.000 Euro stand. Dies dürfe nicht gefährdet werden. | |
Wer danach den matten Auftritt seiner Herausforderin Sylvia Schenk erlebt, | |
kann kaum noch zweifeln, dass Scharping einer weiteren Amtszeit | |
entgegensieht. Schenk ist Außenseiterin, geduldeter Gast, keine Delegierte. | |
Das Rederecht wird ihr nur für die eigene Vorstellung eingeräumt. Zehn | |
Minuten, in denen ihr der Versammlungsleiter auch noch rüde ins Wort fällt | |
(„Noch drei Minuten“). Unruhe und Pfiffe gibt es zwar, als er auch noch | |
sagt: „Noch zwei Minuten.“ | |
## Empörte Funktionäre | |
Zusätzliche Sympathiepunkte unter den Delegierten verschafft es ihr indes | |
nicht. Zu sehr ist sie in ihren Ausführung auf das Thema Doping | |
konzentriert. Danach darf nochmals Scharping ran, der seine Kritiker | |
attackiert: „Ich habe nicht dem BDR von außen zugerufen, der Radsport sei | |
moralisch völlig verrottet. Wer solche Formulierungen in die Welt setzt und | |
nun beklagt, dass nur über Doping gesprochen werde, der muss mit der | |
Mäßigung seiner Stimme beginnen.“ Das trifft den Ton. „Es gibt ja nicht n… | |
Doping. Wir müssen weg von diesem Wort!“, ruft Hein-Detlef Ewald, ein | |
beleibter Funktionär aus Berlin, empört in Schenks Richtung. | |
Scharpings Auftritt ist für seine frustrierten verbandsinternen Kritiker | |
ein weiterer Beleg dafür, wie erfolgreich der Altpolitiker es versteht, | |
eine Fassade zu errichten, hinter der nur wenig Inhaltliches vorhanden ist. | |
„400 Ideen in vier Monaten? Besser wären 40 in vier Jahren gewesen und | |
davon zehn ordentlich umgesetzt“, sagt Hans Lutz, Präsident des | |
Landesverbandes Württemberg. | |
Wie groß die Beharrungskräfte im Verband sind, zeigen die weiteren Wahlen, | |
in denen Scharping seine Mannschaft durchbringt. So unterliegt | |
Sydney-Olympiasieger Robert Bartko bei seiner Kandidatur für den Posten des | |
Vizepräsidenten Leistungssport gegen Amtsinhaber Günter Schabel ebenso wie | |
Toni Kirsch aus dem Schenk-Lager bei der Wahl zum stellvertretenden | |
Präsidenten gegen Peter Streng. | |
Scharping soll intern verkündet haben, nicht die volle Amtsperiode bis 2017 | |
absolvieren zu wollen. Offiziell ist davon nichts zu hören. | |
24 Mar 2013 | |
## AUTOREN | |
Boris Spernol | |
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