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# taz.de -- Radsport Frühjahrsklassiker: Pinguine auf Kopfsteinpflaster
> Auch in ihrem 100. Jahr ist bei der Flandern-Rundfahrt alles beim Alten:
> Favorit Fabian Cancellara gewinnt und Doping ist kein Thema.
Bild: Steile Sache: Fabian Cancellara gewinnt die Flandernrundfahrt.
Die Flandern-Rundfahrt ist nicht wie andere Frühjahrsklassiker. Außenseiter
konnten sich in den 100 Jahren, in denen das berüchtigte Rennen auf
Kopfsteinpflaster nun gefahren wird, selten durchsetzen. Auch der
Überraschungssieger von Mailand–Sanremo, Gerald Ciolek, war zum Zuschauen
verdammt, weil sein Team keine Einladung erhalten hatte. „Fernsehen ist bei
diesen Temperaturen keine ganz schlechte Sache“, versuchte der Kölner
seinem Fehlen bei dem Jubiläumsrennen Positives abzugewinnen.
Folgerichtig machten die beiden Top-Favoriten Fabian Cancellara und Peter
Sagan den Sieg unter sich aus. Aber auf den letzten zehn Kilometern nahm
der Schweizer dem Slowaken einen ganzen Kilometer ab. Das ist gigantisch –
und lässt darauf schließen, dass sich wohl nichts im Radsport verändert
hat. Doch das wäre wohl zu kurz gedacht.
Denn so überlegen wie 2010, als Cancellara den belgischen
Kopfsteinpflaster-Experten Tom Boonen stehen ließ und deshalb Spekulationen
über einen im Rahmen versteckten E-Motor auslöste, war der Schweizer dieses
Mal nicht. Und die entscheidende Tempoverschärfung auf dem Anstieg am
Peterberg war auch die einzige Chance, die er gegen den im Spurt
überlegenen Rivalen hatte.
Wie er dies trotz einiger Kilogramm Körpergewicht mehr fertigstellte,
bleibt zwar ein kleines physiologisches Geheimnis. Aber erstens war ihm die
Erschöpfung anschließend anzusehen und zweitens fühlte er sich bemüßigt,
den Erfolg durch unzählige Trainingskilometer zu erklären.
## Keine Kontrollen auf den Kanaren
„Von Januar bis jetzt bin ich nur wenige Tage zu Hause gewesen. Für meine
Familie war das nicht einfach. Aber das sind Entscheidungen, die man
bewusst trifft. Meine Karriere dauert ja nicht ewig. Da muss man jeden Tag
nutzen“, meinte Cancellara und setzte hinzu, dass das jetzt besonders frohe
Ostern für ihn seien.
Man hätte sich noch gelöster mit dem Schweizer freuen können, wenn der
Weltverband UCI es fertiggebracht hätte, ihn und viele andere, die just zu
dem Zeitpunkt auf von Sonnenschein erwärmten Kanarischen Inseln
trainierten, während Doping-Doktor Eufemiano Fuentes in Madrid vor Gericht
stand, mit Dopingkontrollen zu belästigen. „Wir würden gern mehr Kontrollen
durchführen, aber wir benötigen dazu Aufträge von den Verbänden“, teilten
die verantwortlichen Dopingkontrolleure auf Gran Canaria und Teneriffa dem
Autor während einer Recherche im Januar mit.
Auf Gran Canaria hatte Cancellara, auf Teneriffa die Tour-de-France-Sieger
Bradley Wiggins und Ivan Basso unbehelligt ihre Runden gedreht. Basso sagte
aus dem Trainingslager über Skype im Madrider Prozess als Zeuge aus und gab
zu, 70.000 Euro an Fuentes bezahlt zu haben.
Spaniens neue Antidoping-Chefin Ana Munoz, eigentlich eine taffe Juristin
mit Erfahrung in der Drogenbekämpfung, scheint sich momentan darauf zu
beschränken, auf den Tag zu warten, an dem die Richterin des
Fuentes-Prozesses ihr die Blutbeutel als Beweismittel überstellt. Das
könnte erstens der Sankt-Nimmerleins-Tag sein, weil in Spanien die
wahrscheinlich nicht unbegründete Furcht herrscht, auch Fußball spielende
Nationalheiligtümer könnten dann belastet werden. Zweitens wäre eine
Auswertung der Puerto-Beweise zumindest für den Radsport von mittlerweile
nur noch historischem Interesse.
## Zuverlässig wie eine Wünschelrute
Die aktuell aktiven Radsportler zu kontrollieren, während die in ihrem
Herrschaftsbereich trainieren, das allerdings unterlässt Munoz. Da bleibt
nur der „Pinguin“- Indikator, um die Ehrlichkeit im Feld zu bestimmen.
Tatsächlich schienen mehr Rennfahrer als in den vergangenen Jahren an den
steil ansteigenden Kopfsteinpflasterpassagen der Flandern-Rundfahrt vom Rad
zu steigen und sich – vom laufungeeigneten Schuhwerk gezwungen – des
ungelenken Watschelgangs der Tauchvögel zu bedienen. Das sieht zwar putzig
aus, ist aber als Glaubwürdigkeitsgewinnungswerkzeug kaum so zuverlässig
wie eine Wünschelrute.
Stefan Schumachers österliche Dopingbeichte – und Hans Michael Holczers
Gegenposition – spielten in Flandern keine Rolle. Dazu waren die Aussagen
des früheren Gerolsteiner-Profis und seines ehemaligen Chefs tatsächlich zu
erwartbar. Und in gedoptem Zustand gewann Schumacher ja nicht Flandern,
sondern 2007 „nur“ das Amstel Gold Race. Das findet nicht in Belgien,
sondern in Holland statt.
1 Apr 2013
## AUTOREN
Tom Mustroph
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