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# taz.de -- Grünen-Vorstoß gegen Anbindehaltung: „Nicht tiergerecht“
> Vier Landesministerinnen der Grünen fordern Bundesministerin Klöckner
> auf, etwas gegen die Anbindehaltung von Rindern zu tun. Die lässt sich
> Zeit.
Bild: Nicht mal umdrehen geht: Die Anbindehaltung von Rindern steht seit Jahren…
Osnabrück taz | Viele Anstöße hat es gegeben, die ganzjährige
Anbindehaltung von Rindern abzuschaffen. 2015 durch die
Bundestierärztekammer, im Jahr darauf folgte eine Entschließung des
Bundesrats. Passiert ist bislang trotzdem nichts. Immerhin kommt wieder
Bewegung in die Sache.
Anfang Juli haben vier Landesministerinnen der Grünen einen weiteren
Vorstoß unternommen. Sie haben Bundeslandwirtschaftsministerin Julia
Klöckner (CDU) einen Brief geschrieben. „Bei der Haltung von Rindern in
Anbindehaltung sehen wir seit Langem dringenden Handlungsbedarf“, sagen
Hessens Landwirtschaftsministerin Priska Hinz, in der Initiative
federführend, Bremens Umweltsenatorin Maike Schaefer, Sachsen-Anhalts
Landwirtschaftsministerin Claudia Dalbert und Hamburgs
Verbraucherschutzsenatorin Anna Gallina. „Wir fordern Sie daher noch einmal
nachdrücklich auf, noch in der laufenden Legislaturperiode zumindest ein
erstes Eckpunktepapier für die weiteren Beratungen zur Beendung der
Anbindehaltung von Rindern vorzulegen.“
Auf Länderebene sei man jenseits freiwilliger Vereinbarungen und
finanzieller Anreizsysteme machtlos. Eine bundesweite Regelung in der
Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung sei „überfällig“ und die
Anbindehaltung nicht tiergerecht.
Tiere anzubinden, das klingt grundsätzlich nicht gut. Bei einem Rind
bedeutet das: Es wird an seinem Standplatz im Stall durch eine Kette oder
einen Halsrahmen fixiert. Selbst sich umzudrehen, ist dem Tier verwehrt.
Ein Sozialleben ist kaum möglich, jede Umgebungserkundung fällt weg, Teile
der Eigenkörperpflege sind unterbunden. Nur Stehen geht. Und Hinlegen. Wenn
das Rind Glück hat, liegt es auf einer Matte, ein bisschen Stroh. Hat es
Pech, liegt es auf Beton. Rund eine Million Rinder leben in Deutschland so.
Vorrangig in kleineren und mittleren Betrieben, und vorrangig im
süddeutschen Raum.
„Das ist eine pure Qual für die Tiere“, sagt Lisa Kainz,
Agrarwissenschaftlerin und Fachreferentin bei der Tierrechtsorganisation
Peta auf taz-Anfrage. „Die Initiative der vier Ministerinnen ist also
begrüßenswert. Aber sie wendet sich nur gegen die ganzjährige
Anbindehaltung, und das ist nicht konsequent genug.“
Das Problem ist: Viele Tiere, die im Sommer auf der Weide sein dürfen,
stehen dann den Winter über angebunden im Stall. „Und das ist ebenfalls
schlimm“, sagt Kainz. „Nehmen wir an, jemand hat einen Hund. Der sagt ja
auch nicht: Den kann ich ruhig das halbe Jahr über anketten, im Sommer
läuft er ja ein bisschen im Park herum.“
Wach sein, schlafen, fressen und gemolken werden. Den Rest verhindert die
Fixierung. Lisa Kainz empört das: „Die Anbindehaltung muss komplett
abgeschafft werden!“ Dass der Vorstoß der vier Ministerinnen erst so kurz
vor dem Ende der Legislaturperiode erfolgt, findet sie „ein bisschen
schwach“. Vielleicht, vermutet sie, „ist das ja auch Teil des Wahlkampfs“.
Viele Wähler wünschen sich mehr Tierschutz. Hinz, Schaefer, Dalbert und
Gallina bedienen das.
Derweil leiden die Tiere weiter, auch im Agrarland Niedersachsen. Ende Juli
hat Peta Strafanzeige gegen einen Rinderhaltungsbetrieb aus Burgwedel
erstattet. Es war nicht die erste Peta-Strafanzeige gegen Anbindehaltung in
Niedersachsen.
„Wir haben das Bundeslandwirtschaftsministerium noch einmal an sein
Versprechen erinnert, bis Ende der Legislaturperiode eine Regelung
vorzulegen“, sagt Dennis Sulzmann, Sprecher der Behörde für Justiz und
Verbraucherschutz, Hamburg, auf taz-Anfrage. Das Bundesministerium sei in
einer „Bringschuld“. „Wir sind uns sicher, dass dieses deutliche Signal so
auch in Berlin angekommen ist.“ Das Thema bleibe „auch über die
Bundestagswahl hinaus“ wichtig.
Die ganzjährige Anbindehaltung sei „nicht mehr zeitgemäß und wird auslaufen
müssen“, räumt Silke Brandt, Sprecherin des
Bundeslandwirtschaftsministeriums (BMEL), auf Nachfrage ein. Sie sei „kaum
mehr mit einem modernen Tierschutzverständnis vereinbar“. Das sei „auch die
uneingeschränkte Haltung der Bundesministerin“.
Und dann fliegt der Ball zu den Ländern zurück: Das BMEL habe „im Rahmen
des Bundesratsverfahrens zur siebten Verordnung zur Änderung der
Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung daher in einer Protokollerklärung
zugesichert, Vorschläge zu künftigen Regelungen zur Anbindehaltung von
Rindern vorzulegen. Die Beratungen mit den Ländern zur Umsetzung der
Protokollerklärung laufen.“ Und das klingt nicht so, als ob bald etwas
passieren würde.
6 Aug 2021
## AUTOREN
Harff-Peter Schönherr
## TAGS
Tierschutz
Peta
Bündnis 90/Die Grünen
Tierhaltung
Julia Klöckner
Tierschutz
Tierschutz
Milch
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