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# taz.de -- Bundeszentrale für politische Bildung: Erneut eingegriffen
> Wieder hat das Innenministerium in der Bundeszentrale für politische
> Bildung interveniert. Diesmal bei einem Buch, das Probleme der Polizei
> thematisiert.
Bild: Keine Einzelfälle, sondern ein Polizeiproblem
Eigentlich ist die Aufgabe der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb)
klar formuliert: Ihr Angebot soll „befähigen, sich kritisch mit politischen
und gesellschaftlichen Fragen auseinanderzusetzen“, heißt es auf der
Website des Bundesinnenministeriums (BMI) – und, dass die bpb sich
„unabhängig und überparteilich“ engagiere. Aber die Realität zeigt, dass
die Rede von der kritischen Unabhängigkeit immer mehr zur Farce wird.
Denn nachdem das BMI der bpb letzthin eine Linksextremismusdefinition des
Verfassungsschutzes diktiert hat, hat es auch die Veröffentlichung des
Sammelbandes „Extreme Sicherheit. Rechtsradikale in Polizei,
Verfassungsschutz, Bundeswehr und Justiz“ verzögert und erst in Begleitung
eines ergänzenden Onlinedossiers erlaubt. Wie die Antwort der
Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linke-Abgeordneten Martina
Renner, die der taz vorliegt, nun zeigt, war auch dieses Mal die für die
Sicherheitsbehörden zuständige BMI-Abteilung „ÖS – Öffentliche Sicherhe…
an der Intervention beteiligt.
Nun hat das BMI zwar eine sogenannte Fachaufsicht über die bpb inne, die
dem BMI als Behörde nachgeordnet ist. Die bpb soll aber, wie eingangs
erwähnt, unabhängig und kritisch arbeiten. Diese Notwendigkeit leitet das
BMI aus den [1][„Erfahrungen mit diktatorischen Herrschaftsformen] in der
deutschen Geschichte“ und der damit verbundenen „besonderen Verantwortung,
Werte wie Demokratie, Pluralismus und Toleranz im Bewusstsein der
Bevölkerung zu festigen“, ab.
Dasselbe Ministerium aber lässt seit geraumer Zeit kaum eine Gelegenheit
aus, diese unabhängige und kritische Arbeit zu verhindern. Nach der
[2][Linksextremismusaffäre] hat der Journalist Matthias Meisner
kritisiert, dass eine bpb-Sonderausgabe des von der Journalistin Heike
Kleffner und ihm herausgegebenen [3][Sammelbandes „Extreme Sicherheit“,]
an dem neben vielen anderen auch taz-Journalist:innen beteiligt waren,
noch nicht zum Kauf vorliege, obwohl er schon 2020 gedruckt worden sei.
Brisant ist der Fall, weil das Buch ausgerechnet rechtsextreme Tendenzen
in Polizei und Verfassungsschutz adressiert, also in Behörden im
Zuständigkeitsbereich des BMI.
## „Einbindung der Fachaufsicht“
Ende Juli hat das Informationsportal [4][FragDenStaat Schriftwechsel]
zwischen bpb-Präsident Thomas Krüger und dem BMI veröffentlicht. Das BMI
beklagt darin, dass das Buch, das zunächst im September 2019 im Verlag
Herder erschienen ist, zum Zeitpunkt der Veröffentlichung in der bpb, die
für März 2021 geplant war, nicht mehr aktuell sei und in der Zwischenzeit
getroffene Maßnahmen nicht berücksichtige. Außerdem beklagt das BMI, nicht
früh genug über die Veröffentlichung informiert worden zu sein.
Schließlich veranlasst das Ministerium die bpb, das Buch gemeinsam mit
einem Begleitdossier zu veröffentlichen, das das Buch „in den Kontext (…)
zu den zahlreichen Maßnahmen der Bundesregierung zur Auseinandersetzung mit
Rechtsextremismus in staatlichen Institutionen“ setzen soll. Das Dossier
soll unter „Einbindung der Fachaufsicht“ entstehen.
## Beiträge über sich selbst
Wie die Antwort der Bundesregierung auf die Linke-Anfrage nun zeigt, wirkte
bei dieser „Einbindung“ wie schon beim Linksextremismusteaser die
BMI-Abteilung Öffentliche Sicherheit mit, die unter anderem für das
Bundeskriminalamt und den Verfassungsschutz zuständig ist. Heißt: Polizei
und Verfassungsschutz konnten kritische Beiträge über sich selbst
„kontextualisieren“. Nicht eingebunden waren auch dieses Mal der
wissenschaftliche Beirat der bpb und ihr Kuratorium.
Seit wenigen Tagen ist die bpb-Sonderausgabe nun [5][bestellbar.] Und auch
das Dossier ist online. Darin finden sich Beiträge [6][von
Wissenschaftler:innen aus Polizeihochschulen] und solche, die Gewalt
gegen die Polizei und mediale Verzerrungen thematisieren.
„Die erzwungene Verzögerung nebst der erzwungenen Beilegung eines Dossiers
aus Seehofers Ministerium ist ein weiteres Beispiel für das Bemühen des
BMI, Einfluss auf politisch missliebige Veröffentlichungen der
Bundeszentrale zu nehmen“, kommentiert Renner. Ein Grund mehr für eine
längst überfällige Debatte über die Frage, ob die bpb beim BMI gut
aufgehoben ist. Oder sollte sich eine so wichtige Bildungsinstitution in
einer wirklich wehrhaften Demokratie nicht der politisch motivierten
staatlichen Intervention entziehen können?
5 Aug 2021
## LINKS
[1] https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/behoerden/DE/bpb.html
[2] /Bundeszentrale-fuer-politische-Bildung/!5775049
[3] https://www.herder.de/geschichte-politik-shop/extreme-sicherheit-kartoniert…
[4] https://fragdenstaat.de/dokumente/118088-untitled/
[5] https://twitter.com/MatthiasMeisner/status/1422228468264275975
[6] https://www.bpb.de/politik/innenpolitik/innere-sicherheit/327029/debatte-ex…
## AUTOREN
Volkan Ağar
## TAGS
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
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Sicherheit
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