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# taz.de -- Brände in Tierställen: Was tun?
> Regelmäßig kommen bei Bränden in Tierställen hunderte oder gar tausende
> Tiere ums Leben. Tierschützer:innen fordern einen besseren
> Brandschutz.
Bild: 800 Tiere verendet: Brand in einem Schweinestall in Bramsche am 28. Juli …
Hamburg taz | Nicht bei jedem Brand in einem Stall sterben Tiere. Aber es
gibt immer wieder tragische Fälle. Im März kommen bei einem Großbrand in
einer Schweinezuchtanlage in Alt Tellin in Mecklenburg-Vorpommern fast
50.000 Tiere ums Leben. Im Mai verbrennen in Gelting, Schleswig-Holstein
mehr als 1.000 Schweine. Vergangene Woche war es wieder so weit. In
Bramsche-Epe im Landkreis Osnabrück werden durch ein Feuer mehr als 800 von
rund 1.500 Schweinen getötet. Etwa 100 weitere Tiere mussten nach
Begutachtung des Veterinäramtes vor Ort notgetötet werden. Nach jetzigem
Stand der Ermittlungen hat ein technischer Defekt das Feuer ausgelöst,
teilt die zuständige Polizei mit.
Warum brennen ausgerechnet Tierställe immer wieder? Tierschützer:innen
weisen schon lange auf das Problem hin. Aktivist:innen des Deutschen
Tierschutzbüros sind regelmäßig in Tierställen unterwegs, um die dortigen
Bedingungen zu dokumentieren.
Auch im Kreis Osnabrück sind sie in verschiedene Ställe eingestiegen:
„Auffällig ist, dass sehr viele preiswerte Materialien beim Bau der Ställe
verwendet werden. Das sind zum Teil Baustoffe, die man für den normalen
Hausbau niemals zulassen würde. Das hat natürlich Auswirkungen: Wenn es
brennt, dann brennt es wesentlich schneller und intensiver“, sagt Jan
Peifer vom Deutschen Tierschutzbüro. Problematisch sei auch die Lagerung
von Heu, Stroh oder Dünger in unmittelbarer Nähe. „Das ist im Brandfall
eine Katastrophe“, so Peifer.
Auch die existierenden Konzepte für den Brandschutz in Tierställen seien
unzureichend. Schweine würden insbesondere in Zuchtbetrieben in
Kastenständen oder Buchten gehalten, so der Tierschützer: „Um die Tiere im
Brandfall zu evakuieren, müssten die Stände dann händisch geöffnet werden.
Das ist in allen Haltungsformen ein Problem, auch bei Bio-Betrieben.“
## Neues Brandschutzkonzept
Der Fachdienst Planen und Bauen des Landkreises Osnabrück kann insbesondere
die Kritik an den verwendeten Baumaterialien nicht nachvollziehen. „Die
Grundanforderungen zum Brandschutz unterscheiden sich bis auf die
Rauchmelderpflicht zwischen Einfamilienhäusern und Ställen nicht“, heißt es
auf Anfrage. Man lege bei der Planung einen Fokus darauf, „Brandausbrüche
möglichst zu verhindern“. Ein „Nullrisiko“ könne nicht erreicht werden.
Für Tierschützer:innen ist das unzureichend. Peifer fordert mehr
Kontrollen des Brandschutzes in den Ställen: „Schon Tierschutzkontrollen
werden nur sehr selten durchgeführt, bei Brandschutzkontrollen sieht es
nicht anders aus.“ Vom Landkreis Osnabrück heißt es dazu nur: „Regelmäß…
Brandschutzinspektionen sind in Ställen nicht vorgesehen.“
Wie viele Ställe jährlich brennen und wie viele Tiere dabei getötet werden,
kann niemand so genau sagen. Sowohl aus Kleinen Anfragen der Grünen im
Bundestag als auch im Niedersächsischen Landtag geht hervor, dass es weder
auf Bundes- noch auf Landesebene eine amtliche Statistik gibt, die die
Anzahl getöteter oder verletzter Tiere aufgrund von Bränden erfasst.
Das kritisiert auch Stefan Stein. Der Tierschützer wurde 2019 auf die
Vielzahl von Bränden aufmerksam und führt seitdem eine eigene Erhebung über
Stallbrände in Deutschland durch. Dazu wertet er gemeinsam mit zwei
Mitstreiterinnen nahezu täglich Medienberichte sowie Polizei- und
Feuerwehrmeldungen aus. Im vergangenen Jahr lag das Agrarland Niedersachsen
demnach mit 413 Bränden und mehr als 9.000 getöteten Tieren auf Platz zwei
hinter Spitzenreiter Bayern. Bundesweit sind nach Steins Erhebung fast
56.000 Tiere bei mehr als 2.000 Bränden ums Leben gekommen.
## Keine Lösungsvorschläge aus dem Ministerium
Vergleicht man diese Zahlen mit dem Jahr 2019, fallen sie fast niedrig aus.
Nach Steins Erhebung sind damals deutschlandweit mehr als 115.000 Tiere ums
Leben gekommen. „Die Dunkelziffer dürfte deutlich höher sein“, sagt er.
Allein in Niedersachsen starben damals mehr als 86.000 Hühner bei einem
einzigen Brand in einem Legehennenbetrieb im Kreis Vechta.
Die Grünen im Niedersächsischen Landtag haben nun einen Antrag in den
Agrarausschuss eingebracht, in dem sie eigene Punkte für ein
Brandschutzkonzept unterbreiten. Lösungsvorschläge aus dem Ministerium gebe
es trotz mehrfacher Anfragen und Forderungen keine.
„Landwirtschaftsministerin Otte-Kinast ignoriert dieses gravierende
Tierschutzproblem“, heißt es in einer Pressemitteilung.
Das Landwirtschaftsministerium verweist auf Anfrage auf eine Arbeitsgruppe,
die sich gemeinsam mit dem Bundeslandwirtschaftsministerium den
Brandschutzmaßnahmen in Tierställen widme. Die Ergebnisse „sollen
spätestens in der Frühjahrs-Agrarministerkonferenz 2022 und anschließend
der Bauministerkonferenz vorgelegt werden“, heißt es.
4 Aug 2021
## AUTOREN
Simeon Laux
## TAGS
Tierschutz
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