# taz.de -- Beruf und Gesundheit: Karriere einfach verweigern? | |
> Wir sollten anfangen, für gesunde Karrieren zu kämpfen. Wenn wir uns | |
> verweigern, bleibt die Macht bei weißen Männern. | |
Bild: Karriere oder Privatleben? Warum nicht beides? | |
Vor mehr als anderthalb Jahren habe ich einen Text gelesen, der mir nicht | |
mehr aus dem Kopf ging. Im Magazin der Süddeutschen Zeitung fragte sich die | |
Journalistin Teresa Bücker, ob es radikal sei, [1][keine Karriere machen zu | |
wollen]. „Solange wir uns nicht dagegen wehren, was schon ein normaler Job | |
und erst recht eine Karriere von Menschen verlangen, wird es eine | |
Work-Life-Balance, die ihren Namen verdient, nicht geben“, schrieb Bücker. | |
Für mich kam dieser Text zur richtigen Zeit. Ich hatte anderthalb Jahre | |
Journalistenschule hinter mir, in der uns am Anfang prophezeit wurde, dass | |
unsere Liebesbeziehungen sehr wahrscheinlich zerbrechen würden, weil die | |
Ausbildung hier so anstrengend werde. | |
Danach arbeitete ich neun Monate in meinem ersten Job als Redakteurin und | |
verließ ihn mit dem Gefühl, eine gute Erfahrung gemacht zu haben, aber | |
nicht an dem Ort gelandet zu sein, an dem ich bleiben wollte. Also schrieb | |
ich erstmal meine Masterarbeit und dachte darüber nach, wie ich leben und | |
arbeiten möchte. | |
Teresa Bücker brachte viele meiner Gedankenfetzen auf den Punkt: | |
„[2][Karriere sollte auch dann möglich sein, wenn wir Erfüllung in mehr als | |
unserem Beruf finden], und sie sollte einschließen, dass währenddessen die | |
Beziehungen intakt bleiben, [3][wir neue Beziehungen aufbauen können und | |
die Gesundheit nicht leidet.]“ Sie kam zu dem Schluss: „Ohne | |
Karriereverweigerung kommen wir da wohl nicht hin.“ Damals fand ich das | |
einen super Satz. Das würde ich machen: Karriere einfach verweigern. | |
Vor wenigen Wochen erschien dann bei Edition F ein Text von Thuy-An Nguyen | |
unter der Überschrift: [4][„Warum ich das Konzept Karriere aus meinem Leben | |
gestrichen habe“.] Ich erinnerte mich an damals, finde die Entscheidung der | |
Autorin konsequent und realisierte trotzdem, dass ich für mich zu einem | |
anderen Schluss gekommen bin. | |
Ich arbeite heute selbstständig und habe in Projekten erste | |
Führungsaufgaben übernommen. Ich mag meinen Job und könnte mir vorstellen, | |
irgendwann mehr Verantwortung zu tragen. Niemals würde ich dafür alles | |
andere in meinem Leben opfern, meine Hobbys, meine Freund:innen und | |
Familie, meine Gesundheit. | |
Aber statt Karriereverweigerung sollten wir lieber für gesunde Karrieren | |
kämpfen. Wenn wir uns verweigern, dann bleibt die Macht bei denen, die das | |
Spiel mitspielen. Bei denen, die diese Dinge aus ihren Leben schneiden | |
können, auch, weil jemand anderes die Carearbeit macht. Natürlich wären das | |
sehr oft weiße Männer aus privilegierten Verhältnissen. Und das wäre | |
schade, denn solange unsere Wirtschaft organisiert ist, wie sie organisiert | |
ist, können Chef:innen nun mal viel vorgeben und entscheiden. | |
Eine Freundin von mir wird bald Chefredakteurin. Arbeiten wird sie vier | |
Tage die Woche. Das geht. Dafür müssen sich die Chef:innen eingestehen, | |
dass sie nicht unersetzlich sind. | |
28 Jul 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://sz-magazin.sueddeutsche.de/freie-radikale-die-ideenkolumne/frauen-k… | |
[2] /Debatte-Frauen-und-Karriere/!5308538 | |
[3] /Frauen-in-Fuehrungspositionen/!5707911 | |
[4] https://editionf.com/karriere-wohlbefinden-uber-wachstum/ | |
## AUTOREN | |
Susan Djahangard | |
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