# taz.de -- Kriegsdienstverweigerer in der Ukraine: Mit Desinfektionsmittel ver… | |
> Der ukrainische Journalist und Kriegsdienstverweigerer Ruslan Kozaba | |
> wurde überfallen. Er ist nicht das einzige Opfer ukrainischer | |
> Rechtsradikaler. | |
Bild: Vuhlehirsk, Ostukraine, Februar 2015: ein zerstörter Panzer am Strassenr… | |
Berlin taz | Nach einem Angriff mit der grünen Chemikalie „Seljonka“ | |
befindet sich der ukrainische Kriegsdienstverweigerer Ruslan Kozaba in | |
augenärztlicher Behandlung. Kozaba war kurz nach Mitternacht in der | |
westukrainischen Stadt Iwano-Frankiwsk aus dem Zug ausgestiegen, als er von | |
[1][Rechtsradikalen] auf dem Bahnhof mit dem Desinfektionsmittel übergossen | |
wurde. Am Morgen diagnostizierten ihm die behandelnden Ärzte eine | |
Hornhautverätzung an einem Auge. | |
Der Überfall dürfte mit der für Dienstag, den 29. Juni, angesetzten | |
Gerichtsverhandlung gegen Kozaba im Zusammenhang stehen. Der Journalist | |
hatte 2015 nach einem Aufenthalt im ostukrainischen Kriegsgebiet in einem | |
auf Youtube veröffentlichten Video erklärt, dass er sich einer etwaigen | |
Einberufung verweigern werde. Gleichzeitig hatte er auch seinen Landsleuten | |
geraten, dies ebenfalls zu tun. | |
Wegen des Videos wurde er 2015 verhaftet und wegen „Landesverrats“ und | |
„Behinderung der Tätigkeit der Streitkräfte“ zu 3 ½ Jahren Haft verurtei… | |
Nach 16 Monaten Haft wurde er von einem Berufungsgericht | |
[2][freigesprochen]. | |
Doch 2017 wurde dieser Freispruch vom Obersten Gericht für Zivil- und | |
Strafsachen wieder kassiert. Seit mehr als drei Jahren wird nun | |
weiterverhandelt. Bei einer Verurteilung droht Kozaba eine mehrjährige | |
Freiheitsstrafe. | |
## Immer wieder rechtsradikale Überfälle | |
Mit der ätzenden „Seljonka“ wird immer wieder gegen Oppositionelle | |
vorgegangen. Bekanntestes Opfer eines Seljonka-Angriffs ist der russische | |
Oppositionspolitiker Alexej Nawalny. Sein rechtes Auge war nach einem | |
Seljonka-Angriff im Mai 2017 schwer geschädigt worden, die Ärzte hatten ihm | |
eine chemische Verbrennung der Hornhaut attestiert. | |
Der Überfall auf Ruslan Kozaba auf dem Bahnsteig von Iwano-Frankiwsk ist | |
nicht der einzige Gewaltakt gegen ukrainische AktivistInnen in der jüngsten | |
Zeit. Seit dem 6. Juni wird der 24-jährige Ilyess El Kortbi, Sprecher der | |
ukrainischen Fridays for Future-Bewegung, in einem Kiewer Krankenhaus | |
behandelt. El Kortbi, Sohn eines Marokkaners und einer Ukrainerin, war am | |
5. Juni aus seiner Heimatstadt Charkiw zur Teilnahme an einer Aktion für | |
einen besseren Schutz von Minderheiten nach Kiew gereist. Die ukrainische | |
Fridays for Future-Bewegung geht regelmäßig mit Gruppen der LGBT-Community | |
auf die Straße. | |
Nach der Aktion wurden die TeilnehmerInnen von der Polizei zur U-Bahn | |
begleitet. Doch kurz nachdem El Kortbi an einer anderen U-Bahn-Station | |
ausgestiegen war, wurde er von Rechtsradikalen überfallen und brutal | |
zusammengeschlagen. Dabei wurde er von den Angreifern fremdenfeindlich und | |
homophob beschimpft. Kurz darauf wurde Ilyess mit einer Gehirnerschütterung | |
in ein Kiewer Krankenhaus eingewiesen. Die Kopfverletzungen haben bei ihm | |
zu Gefäßverengungen in der Hirngegend geführt. Der Übersetzer für | |
Französisch und Arabisch leidet an einem hochfunktionalen Autismus | |
(Asperger-Syndrom), hatte schon vor dem Überfall ein Rückenleiden und eine | |
Einstufung als Frühinvalide. | |
„Diese ganzen Überfälle haben natürlich Auswirkungen auf unsere Bewegung. | |
Viele haben Angst, bei uns mitzumachen, fürchten, ihnen könnte ähnliches | |
zustoßen.“ berichtet El Kortbi der taz. Deswegen werde man nun weniger | |
Aktionen auf der Straße machen, mehr auf Öffentlichkeitsarbeit und Präsenz | |
in den sozialen Netzen setzen. | |
25 Jun 2021 | |
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## AUTOREN | |
Bernhard Clasen | |
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