# taz.de -- Nobelpreisträgerin festgehalten: „Im Stile Lukaschenkos“ | |
> Die belarussische Literaturnobelpreisträgerin Swetlana Alexijewitsch | |
> wurde angeblich am Berliner Flughafen festgehalten. Die Bundespolizei | |
> widerspricht. | |
Bild: Swetlana Alexandrowna Alexijewitsch | |
Eine „Geschichte im Stile von Lukaschenko“ sei das gewesen, sagt | |
[1][Swetlana Alexijewitsch. Die belarussiche | |
Literaturnobelpreisträgerin] wollte von Berlin via Warschau Richtung | |
Breslau fliegen, als sie am Mittwoch am BER festgehalten wurde. In ihrem | |
Handgepäck wurde eine Bombe vermutet. Die herbeigerufene Polizei ließ dann | |
so lange auf sich warten, dass Alexijewitsch ihren Flieger nicht mehr | |
erreichte. „So etwas ist mir noch nie begegnet“, sagte sie. | |
Alexijewitsch sollte am Donnerstag um 17 Uhr im Nationalen Musikforum in | |
Breslau auftreten. Zusammen mit der [2][polnischen | |
Literaturnobelpreisträgerin Olga Tokarczuk] wollte sie über den Protest in | |
Belarus diskutieren. Wollte sie daran jemand hindern? | |
Den Vorfall am BER schilderte Alexijewitsch einer Mitarbeiterin der | |
Literaturstiftung, die Olga Tokarczuk gegründet hatte. „Nachdem ich mein | |
Gepäck aufgegeben hatte, wurden bei der Sicherheitskontrolle plötzlich | |
meine Sachen, die ich auf das Förderband gelegt hatte, erneut | |
kontrolliert.“ Zuerst habe sie gedacht, das könne passieren. Doch dann habe | |
ein Mann vom Flughafenservice ihre Tasche „weggeworfen“. | |
Als Alexijewitsch darauf hinwies, dass sie ihren Flieger erreichen müsse, | |
hieß es, sie solle warten. Anschließend wurde ihr mitgeteilt, dass die | |
Polizei gerufen wurde. Die kam nach einer halben Stunde und habe ihr | |
mitgeteilt, dass in ihrer Tasche eine Bombe sei. „Die Polizistin weist | |
einen der Kontrolleure an, alles aus meiner Tasche in einen Container zu | |
kippen“, erzählt Alexijewitsch der Mitarbeiterin der Tokarczuk-Stiftung. | |
Auch eine zweite Tasche wird durchsucht. „Sie haben alles überprüft, eine | |
Bombe war nicht dabei, und sie sagten zu mir, dass ich jetzt gehen kann.“ | |
Eine Entschuldigung habe es nicht gegeben. | |
Nachdem sie ihren Flieger verpasst hatte, schickte die Tokarczuk-Stiftung | |
aus Breslau ein Auto nach Berlin, das Alexijewitsch abholte. Im Auto gab | |
sie auch das Interview, das die Stiftung auf Facebook veröffentlichte und | |
von „[3][Stimmen aus Belarus“] auf Deutsch übersetzt wurde. | |
Die Flughafen Berlin Brandenburg GmbH wollte zu dem Vorfall am Freitag | |
nicht Stellung nehmen. Die Bundespolizei teilte zunächst mit, man prüfe den | |
Vorgang. „Solange die Prüfung dauert, wird es kein abschließendes Statement | |
geben“, so ein Sprecher der Bundespolizei zur taz. Offen blieb damit | |
bislang auch, ob einer der Beteiligten am BER in Kontakt mit belarussischen | |
Behörden steht. | |
Später teilte die Bundespolizei mit, dass ihr keine Hinweise zu einer | |
Bombendrohung- oder Warnung am betreffenden Tag vorlagen. Vielmehr habe | |
Alexijewitsch ihren Flug verpasst, weil sie zu spät gekommen sei. Sie sei | |
erst 20 Minuten vor dem geplanten Abflug an der Sicherheitskontrolle | |
eingetroffen. „Aufgrund einer routinemäßig erforderlichen Nachkontrolle des | |
Handgepäcks der Reisenden durch Luftsicherheitsassistenten sind Beamte der | |
Bundespolizei hinzugezogen worden.“ Die Beamten hätten die Kontrollstelle | |
in kurzer Zeit erreicht und das Gepäckstück als unbedenklich eingestuft, | |
anschließend habe die Reisende Ihren Weg fortsetzen können. | |
Der innenpolitische Sprecher der Berliner Grünen, Benedikt Lux, forderte | |
die Flughafengesellschaft und die Bundespolizei auf, „den Vorfall | |
aufzuklären“. Insbesondere müsse geklärt werden, ob Alexijewitsch den | |
Sicherheitskräften bekannt war und wer den Hinweis gegeben haben könnte. | |
Berlins ehemaliger Justizsenator Michael Braun (CDU) forderte auf Facebook | |
die Landesregierungen in Berlin und Brandenburg auf, sich bei Alexijewitsch | |
zu entschudigen. | |
16 Jul 2021 | |
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## AUTOREN | |
Uwe Rada | |
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