# taz.de -- Expertin über trans* Menschen in Hamburg: „Es gibt keine Safe Sp… | |
> Nach einem Angriff auf der Reeperbahn landete eine trans* Frau im | |
> Krankenhaus. Ein Gespräch mit Expertin Cornelia Kost über die Situation | |
> in Hamburg. | |
Bild: Feier- oder Angstraum? Die Reeperbahn ist auf hässliche Weise beides | |
taz: Frau Kost, war der Angriff am Wochenende ein Einzelfall oder sind | |
trans* Personen immer Gefahren ausgesetzt? | |
Cornelia Kost: Geschlechtsdiverse Menschen haben ständig mit struktureller | |
Gewalt zu tun. So ein singulärer Vorfall wie auf der Reeperbahn ist eines | |
von ganz vielen Gewaltereignissen, denen Menschen, die sichtbar als trans* | |
wahrgenommen werden, tagtäglich ausgesetzt sind. Im Übrigen nicht nur in | |
der Öffentlichkeit, sondern auch im unmittelbaren Umfeld, etwa in der | |
Familie. Ich selber berate trans* Jugendliche, denen passiert das immer | |
wieder. Einem unserer Jugendlichen hat kürzlich ein Mann an die Brust | |
gefasst, der ihn fragte, ob er Mann oder Frau sei. Man muss immer damit | |
rechnen, dass es Übergriffe gibt. | |
Was können Betroffene tun, wenn Sie Opfer werden? | |
Sie können sich an Beratungsstellen wie uns wenden. Wenn wir von | |
Übergriffen erfahren, ermuntern wir die Betroffenen, den Vorfall zur | |
Anzeige zu bringen und stellen den Kontakt zu den Ansprechpersonen für | |
LSBTI* der Hamburger Polizei her. Die Menschen dort machen eine sehr gute, | |
vertrauenswürdige und engagierte Arbeit. Es ist unglaublich wichtig, dass | |
mehr Taten zur Anzeige kommen, ansonsten entsteht der Eindruck, dass diese | |
Art von Kriminalität gar nicht besteht. | |
Ist Hamburg eine sichere Stadt für trans* Menschen? | |
Für trans* Menschen gibt es keine wirklichen Safe Spaces, auch nicht in | |
Hamburg. Da fast alle geschlechtsdiversen Menschen zumindest zeitweise | |
Weiblichkeit leben müssen, erleben sie die tagtäglich gegen Frauen | |
gerichtete Gewalt. Aspekte von Passing während der Transition können das | |
verstärken, also ob sie von Außenstehenden so gelesen werden, wie sie | |
gelesen werden möchten. Der Vorfall auf der Reeperbahn zeigt doch ganz | |
klar, dass es keinen sicheren Stadtteil für Menschen gibt, die als | |
geschlechtsvariant bzw. weiblich wahrnehmbar sind. Trans* Menschen sind | |
ständig unter Druck, egal ob sie auf die Straße gehen oder sich beim Arzt | |
mit falschen Papieren herumschlagen müssen. In Hamburg gibt es aber | |
immerhin eine ganz gute Versorgungsinfrastruktur, etwa für | |
Hormonbehandlungen, für die auch Menschen aus Niedersachsen und Bremen | |
hierher kommen. Wir haben hier auch engagierte Beratungsstellen. | |
Wie sieht die Vernetzung der Community in Hamburg aus? | |
Hier besteht eine vielfältige Angebotsstruktur. Das | |
Magnus-Hirschfeld-Centrum hat eine Selbsthilfegruppe für Jugendliche sowie | |
die trans*weibliche Selbsthilfegruppe „Switch“. Und es gibt die „Hanse | |
X-Men“, die mit Abstand größte trans*männliche Selbsthilfegruppe im | |
norddeutschen Raum. | |
Ist trans* sein politisch? | |
Was die Community angeht, ist es so, dass trans* sein nicht über die | |
Selbsthilfegruppen hinaus politisiert, da es eher ein Zustand ist, den man | |
eine bestimmte Zeit lang hat und dann versucht wieder unsichtbar zu werden. | |
Daher ist trans* anders, als schwul oder lesbisch zu sein, wo es etablierte | |
Strukturen gibt. Die Infrastruktur wird in der Regel nur vorübergehend | |
genutzt. | |
Es gibt immer mehr geoutete trans* Schüler*innen. Sind die Hamburger | |
Schulen entsprechend sensibilisiert? | |
Ich habe selber zwei trans* Pflegekinder, die zur Schule gehen. Aus meiner | |
Erfahrung kann ich sagen, dass es sich durchaus komplex gestaltet. Es gibt | |
in Hamburg den Aktionsplan sexueller Vielfalt, der die Behörden dazu | |
verpflichtet, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Entsprechend gilt das | |
auch für die Schulbehörde. Die ist über das Institut für Lehrerbildung | |
engagiert und nimmt auch am Runden Tisch Transidentität teil, der vom | |
Magnus-Hirschfeld-Centrum initiiert wurde. | |
Welchen Problemen sind Sie als Mutter begegnet? | |
Die Schulen, die sich mit dem Thema auseinandersetzen, sind sehr engagiert. | |
Ein großes Problem ist allerdings, dass die alten Namen, die die Kinder vor | |
ihrer Transition hatten, weiterhin in der Lehrer- und Schüler-Datenbank | |
stehen. Dadurch entsteht ein Zwangsouting, wenn beispielsweise ein neuer | |
Lehrer in eine Klasse kommt. Das hat auch eines meiner Kinder erlebt, der | |
dann Angst hatte, in die Schule zu gehen. | |
22 Jul 2021 | |
## AUTOREN | |
Simeon Laux | |
## TAGS | |
Transpersonen | |
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten | |
Hamburg | |
Schwerpunkt LGBTQIA-Community | |
Transgender | |
Kolumne Frau ohne Menstruationshintergrund | |
Diskriminierung | |
Hamburg | |
Hamburg | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Berlin in den Goldenen Zwanzigern: Der Tanz auf dem Vulkan | |
Vor 1933 durfte das „lasterhafte“ Berlin noch feiern. Im Mai vor 89 Jahren | |
wurde dann Hirschfelds Institut für Sexualwissenschaft verwüstet. | |
Transfeindlicher Angriff in Osnabrück: Hasskriminalität oder nicht? | |
Die Osnabrücker Ausstellung „Gender Piracy“ wurde zum Ziel einer | |
transfeindlichen Attacke. Die Polizei sieht darin erstmal keine | |
Hasskriminalität. | |
trans*Frau über ihr Leben in Hamburg: „Ich hatte ein Loch in der Seele“ | |
Domicila Roberta Batista zog für einen Mann von Brasilien nach Deutschland. | |
Nach der Trennung rutschte sie in die Sexarbeit. Doch das ist vorbei. | |
Hamburger Studie zu trans*Menschen: Von der Pandemie schwer getroffen | |
Gesundheitsrisiken, Leidensdruck, Gewalt: Laut einer Studie des Klinikums | |
Hamburg-Eppendorf sind trans* Menschen durch Corona besonders gefährdet. |