# taz.de -- Kollektive Quarantäne nach Live-Konzert: Kiez in Katerstimmung | |
> Nach einem Open-Air-Konzert im Hamburger „Molotow“ wurde ein Besucher | |
> positiv auf Corona getestet. Der Club äußert sich nun zu dem Vorfall. | |
Bild: Eigentlich alles richtig gemacht: Tische und Bänke vor dem Reeperbahn-Cl… | |
HAMBURG taz | Eigentlich hat das Molotow alles richtig gemacht. Eigentlich. | |
Auf der kleinen Bühne im offenen Hinterhof des Clubs, der im Zuge des | |
Abrisses der Essohäuser temporär umziehen musste, spielten mit Grundeis und | |
Liiek am vergangenen Donnerstag zwei Künstler:innengruppen aus der | |
Post-Punk-Szene. Ungefähr 100 Menschen saßen an den Klapptischen im | |
Hinterhof, um im ungewohnten Gefühl von Livemusik zu schwelgen. Sie kamen | |
getestet, mit Maske und mussten das Abstandsgebot an ihren Sitzplätzen | |
einhalten – doch wie der NDR [1][berichtet], wurde nachträglich eine Person | |
positiv auf das Coronavirus getestet. Nun müssen alle Gäste in Quarantäne. | |
In einer Pressemitteilung bedauert das Molotow die Situation und wünscht, | |
dass es der erkrankten Person „den Umständen entsprechend gut geht“. | |
Allerdings sei trotz strenger Hygieneregeln, die regelmäßig durch die | |
Polizei und das Ordnungsamt kontrolliert würden, ein minimales | |
Ansteckungsrisiko nicht zu verhindern: „Ein zu einhundert Prozent sicheres | |
Kulturerlebnis ist nicht möglich“, schreibt der Club. | |
Nach über 100 Open-Air-Veranstaltungen sei es nun zum ersten Mal zu einem | |
solchen Vorfall gekommen. Alle Personen, die sich an jenem Abend im Molotow | |
befunden haben, sollten sich proaktiv beim Gesundheitsamt melden. | |
Thore Debor, Geschäftsführer des Clubkombinats, das sich für die Interessen | |
der Hamburger Veranstaltungsbranche einsetzt, möchte sich nicht zu dem | |
Vorfall im Molotow äußern. Allerdings sei es für ihn ein Anlass, nun | |
Gespräche mit der Stadt zu führen, denn viele Veranstalter:innen | |
hätten gar nicht die Möglichkeiten des Molotows – und [2][Partys in | |
Innenräumen sind derzeit verboten]: „Viele Clubs besitzen keine | |
Außenflächen. Unter den aktuellen Auflagen gibt es wenig Möglichkeiten, | |
überhaupt ein Angebot zu machen.“ | |
## Pssssst, die Nachbar:innen! | |
Dabei seien Sitzkonzerte weniger das Problem als Tanzveranstaltungen. Die | |
nämlich müssen bereits um 22 Uhr enden – wegen der Nachtruhe. In der Nähe | |
von Wohnbebauung gilt dann eine Grenze von 40 Dezibel. „Diese Restriktionen | |
gehen an der Realität der Veranstaltungsbranche vorbei“, sagt Debor. | |
Insbesondere der Lärmschutz sei auf öffentlichen Flächen fast nicht | |
einzuhalten. | |
Das Bezirksamt Altona bot bereits Ende Juni solche Flächen aktiv über | |
Soziale Medien an. Wie die Hamburger Morgenpost [3][berichtet], habe sich | |
jedoch nach zwei Wochen lediglich eine einzige Veranstaltung realisieren | |
lassen – nicht nur in Altona, sondern in ganz Hamburg. | |
Der Senat gibt sich bisher zögerlich, wenn es um einen Plan für die Öffnung | |
der Innenräume von Clubs und Tanzlokalen geht. „Gegenwärtig beobachten wir | |
in Hamburg leider ein moderat steigendes Infektionsgeschehen, sagt Martin | |
Helfrich, der Sprecher der Sozialbehörde. „Dieses Umfeld ist keines, das | |
größere Öffnungsschritte ermöglicht.“ | |
Ganz anders sieht es bei Sportveranstaltungen aus. Bereits seit letztem | |
Jahr wird wieder Fußball gespielt. Der Hamburger SV fährt nun zum | |
Eröffnungsspiel der zweiten Liga zum SV Schalke 04. Anfang der Woche | |
meldete das Team aus Gelsenkirchen, dass sich ihr Torhüter mit dem | |
Coronavirus angesteckt haben soll. Das Spiel vor 20.000 Zuschauenden soll | |
trotzdem stattfinden. | |
## Der Punk der Coronazeit | |
Die Band Grundeis, die am vergangenen Donnerstag im Molotow spielte, teilte | |
auf ihrem Instagramkanal die Mitteilung des Molotows mit ihren | |
Follower:innen. Die Tests der Mitglieder seien allesamt negativ gewesen, | |
sie befänden sich aber in Quarantäne. Unterlegt ist das Posting mit dem | |
Lied „Isolation“ von Joy Division. | |
Ian Curtis besingt dabei die Zwiespältigkeit zwischen der Freude unter | |
Menschen zu sein und der sozialen Beklemmung, die sich währenddessen | |
ausbreitet. Das ist wohl der Sound der Coronazeit. | |
21 Jul 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://www.ndr.de/nachrichten/hamburg/Corona-Fall-Molotow-Besucher-muessen… | |
[2] /Oeffentliches-Feiern-in-Hamburg/!5779107 | |
[3] https://www.mopo.de/hamburg/der-partyflop-des-senats/ | |
## AUTOREN | |
Arne Matzanke | |
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