| # taz.de -- Moderne Frauen und ihre Beziehungen: Toxisch, aber muss ja | |
| > Toxische Beziehungen gehören zu einem emanzipierten Lebensentwurf aus | |
| > Geld, Karriere und Sex. Wo führt das alles hin? | |
| Bild: So siehts aus, wenn das Eis essen, rumvögeln und Karriere machen langwei… | |
| „Mein Bruder und seine Freundin haben echt so eine maximal toxische | |
| Beziehung!“, sagt eine junge Frau zu ihrer Freundin in der Schlange vor dem | |
| Eisladen. | |
| „Aber Christin und Kolja haben noch ’ne toxischere Beziehung, mehr toxisch | |
| geht nicht!“ | |
| „Doch Leonie, weißt du noch: ich und Manuel im Sommer 2019!“ | |
| „Ok, Angelina, das war übertoxisch!“ | |
| Zwei ältere Damen schauen sich an und zucken mit den Schultern, eine fragt: | |
| „Entschuldigung bitte, die Damen, über was für eine Art Beziehung sprechen | |
| Sie da?!“ | |
| „Na, über toxische Beziehungen!“ | |
| „Aber was bedeutet das genau?“ | |
| „Na, wenn alles scheiße ist, aber man trotzdem zusammenbleibt!“ | |
| „Ach, Gerlinde, guck an, das ist nur ein anderes Wort für Ehe!“ | |
| „Nein!“, ruft Leonie, „dafür muss man nicht verheiratet sein!“ | |
| „Ach? Aber dann kann man doch fix auseinandergehen und sich was | |
| Erfreulicheres suchen.“ | |
| „Nee, das ist der Witz, das tut man nicht, man geht ewig auf die negative | |
| Leidenschaft ab“, sagt Angelina. | |
| „Man zieht es durch bis zum bitteren Ende!“, sagt Leonie. | |
| „Oder ohne Ende“, sagt Angelina. | |
| „Ach, sieh an, so wie wenn man völlig erschöpft immer weiter zur Arbeit | |
| geht, bis es irgendwann ,Burnout' heißt und man rechtmäßig krankgeschrieben | |
| wird!“ | |
| „Ach, Gerlinde, heute gibt es für alles Sammelbegriffe, man sagt ja auch: | |
| Das ist nicht so meins, für alle Arten von Missfallen, nix muss mehr | |
| differenziert erklärt werden!“ | |
| „Eine toxische Beziehung scheint eine Art Liebes-Mobbing und zu Guter Letzt | |
| ein undifferenziertes Liebesburnout, nur dass man sich in der Liebe nicht | |
| krankschreiben lassen kann.“ | |
| „Klingt ziemlich auf den Punkt“, sagt Leonie. | |
| Und Angelina sagt seufzend: „Ich würd’ gegen mein toxisches Ding mit Mikko | |
| gern einfach Tabletten nehmen, dann wär er die längste Zeit mein Freund | |
| gewesen!“ | |
| „Wenn dieser Mikko so toxisch ist, warum ist er dann Ihr Freund?“, fragt | |
| Gerlinde. | |
| „Na, weil er auch süß sein kann und es wird nie langweilig mit ihm und | |
| irgendwie sind doch sowieso alle Typen scheiße, bei einigen merkt man es | |
| sofort, bei anderen eben erst später!“ | |
| „Ach, guck Gerlinde, die Damen sind einfach bloß Realistinnen!“ | |
| „Und dazu Masochistinnen!“ | |
| „Hä?! Nee! Wir sind voll fundiert emanzipiert!“ | |
| „Inwiefern?“ | |
| „Wir verdienen viel Geld, machen Karriere, haben Sex mit wechselnden Typen | |
| und heiraten eben pragmatisch irgendwann einen von den Idioten!“ | |
| „Ach, das klingt aber eher ambivalent emanzipiert“ | |
| „Warum wollt ihr unbedingt heiraten, wenn ihr keinen Kerl mit gutem | |
| Charakter dafür findet?“ | |
| „Ich will einfach bis 30 unter der Haube sein, denn Eizellen werden ja | |
| ziemlich schnell bequem.“ | |
| „Ihr glaubt, ihr müsst unbedingt heiraten und Kinder kriegen, auch wenn es | |
| in einer miesen Beziehung ist?!“ | |
| „Warum nicht?“ | |
| „Was denn sonst? Man kann ja nicht sein ganzes Leben einfach nur Eis essen, | |
| rumvögeln und Karriere machen, oder?“ | |
| 5 Jul 2021 | |
| ## AUTOREN | |
| Jasmin Ramadan | |
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