# taz.de -- Junge Obdachlose in Hamburg: Schlafplatz in Sicht | |
> Zum 1. Januar 2022 soll es in Hamburg endlich ein eigenes | |
> Not-Übernachtungsangebot für junge Erwachsene geben. Leider ist es auf | |
> zwei Jahre befristet. | |
Bild: Essen und Klamotten sind das eine, aber fehlende Unterkünfte lassen sich… | |
Hamburg taz | Der Antrag wurde zwar schon kurz vor den Ferien beschlossen, | |
doch jetzt macht die Grünen-Sozialpolitikerin Mareike Engels auf Facebook | |
noch einmal [1][per Video] darauf aufmerksam, dass es Grünen und SPD | |
wirklich ernst sei mit der Notschlafstelle für Jungerwachsene. Im Interview | |
lässt sie Sozialarbeiter Alexis Schnock vom „Arbeitskreis Wohnraum für | |
junge Menschen“ erklären, wie dringlich die Sache ist und wie es denn | |
passieren kann, dass junge Menschen auf der Straße landen. | |
Das haben Schnock und Kollegen schon oft erklärt. Seit mehr als zehn Jahren | |
kämpft der Kreis von Beratungsstellen, die mit jungen Wohnungslosen zu tun | |
haben, für eigene Übernachtungsstätten abseits der Großunterkünfte. Dafür, | |
dass Junge auf der Straße landen, gebe es viele Gründe: „Es gibt viele, die | |
zu Hause rausfliegen“, sagt Schnock. Es gebe aber auch Leute in der | |
Jugendhilfe, die dafür zu alt werden, sich eine eigne Wohnung suchen müssen | |
und nichts finden: „Und auf einmal stehst du da.“ | |
Auch die taz berichtete mehrfach. „Wir haben täglich mit jungen Menschen zu | |
tun, die nicht wissen, wo sie schlafen und die Nacht in U- und S-Bahn | |
verbringen“, sagte zum Beispiel [2][Sozialarbeiter Ralf Mehnert aus | |
Rahlstedt] im Januar 2019. Im Pik As, der zentralen Obdachlosenunterkunft, | |
blieben sie höchstens eine Nacht. „Dann schlafen die wieder draußen.“ Im | |
Winternotprogramm war 2019 jeder Fünfte ein junger Mensch. | |
Doch die SPD-geführte Sozialbehörde favorisiert ein anderes Modell. Ende | |
2021 soll das Pik As in der Neustadt mit seinen 330 Plätzen abgerissen und | |
bis 2024 neu errichtet werden. Im Neubau soll es einen „separat | |
zugänglichen Teil“ mit 72 Plätzen für junge Obdachlose geben. Die Grünen | |
versprechen dagegen im Wahlkampf die ersehnte Notschlafstelle. Im | |
Koalitionsvertrag einigten sich SPD und Grüne darauf, dass es bis 2024 so | |
ein Angebot geben darf. | |
## Acht Wochen Zeit für eine neue Perspektive | |
Das war die Basis für den Antrag, der am 11. Juni die Bürgerschaft | |
passierte. Der Senat ist aufgefordert, bis zum 1. Januar in Kooperation mit | |
zwei freien Trägern 20 Übernachtungsplätze zu schaffen. Das Angebot soll | |
niedrigschwellig und „voraussetzungslos“ sein, zum Beispiel ist eine akute | |
Suchterkrankung kein Hindernis. Im Rahmen eines sechs- bis achtwöchigen | |
„Clearing-Prozesses“ soll für die jungen Menschen eine Perspektive gefunden | |
werden. Reichen die Plätze nicht, soll mit Pensionszimmern überbrückt | |
werden. Das Ganze ist ein Modellprojekt und „mindestens“ auf zwei Jahre | |
befristet. | |
„Wir sind sehr froh, dass das kommt und der Bedarf und die Dringlichkeit | |
anerkannt ist“, sagt Alexis Schnock zur taz. Das Konzept entspreche viel | |
eher dem, was der Kreis sich vorgestellt habe. Wichtig sei, dass das neue | |
Projekt in Händen der Jugendhilfe sei und nicht der Wohnungslosenhilfe. | |
Denn: „Wir haben es hier mit jugendspezifischen Problemen zu tun.“ Kritisch | |
sieht Schnock die weiterhin geplante Neubaulösung am Pik As, zumal diese | |
nur für junge Männer wäre. | |
Die Sozialbehörde ließ Fragen der taz zum Stand der Dinge bis | |
Redaktionsschluss unbeantwortet. Auf eine frühere Anfrage im vorigen | |
Dezember nannte sie als Grund für das Festhalten an der Pik-As-Lösung | |
„fachliche Erwägungen“. | |
Die Grüne Sozialpolitikerin Mareike Engels sagt, mit den dezentralen | |
Notschlafstellen probiere man etwas Neues. Auch wenn das Modellprojekt als | |
Übergangslösung bis zum Neubau des Pik As gedacht sei, werde es danach | |
ausgewertet, „sodass wir daraus Schlüsse für ein langfristiges Angebot | |
ziehen können. Wenn sich der dezentrale Ansatz bewährt, sollten wir den | |
auch zukünftig weiter verfolgen.“ Sie erhoffe sich auch Erkenntnisse über | |
nötige Strukturen zur Verhinderung von Obdachlosigkeit junger Menschen: | |
„Unser Ziel ist, dass junge Leute erst gar keine Notschlafstelle brauchen.“ | |
2 Jul 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://www.facebook.com/mareikeengels/posts/10221988295869020 | |
[2] /Umgang-mit-Jugendlichen-ohne-Bleibe/!5560764 | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
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