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# taz.de -- G7-Gipfel in England: Reizthema Nordirland
> Bis zur Mittagspause gaben sich die Wirtschaftsmächte harmonisch. Während
> Merkel und Biden über Nordstream 2 sprechen, gerät Johnson wegen
> Nordirland unter Druck.
Bild: Heitere, zumindest als Kostüme: Justin Trudeau, Boris Johnson, Joe Biden…
Berlin/Carbis Bay dpa/afp | Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist am
Rande des G7-Gipfels im britischen Cornwall am Samstag zu einem ersten
bilateralen Gespräch mit US-Präsident Joe Biden zusammengekommen. Dabei sei
auch das Streitthema Nordstream 2 angesprochen worden, sagte Merkel
anschließend. Die Kanzlerin sprach von „guten, konstruktiven Diskussionen“,
die in dieser Sache mit den USA geführt würden.
„Für uns beide ist existenziell, dass die Ukraine weiter Transitpartner
beim Erdgas sein muss“, versuchte Merkel, US-Bedenken gegen das
deutsch-russische Pipeline-Projekt zu entkräften. Es sei hier wichtig,
„dass man aufeinander eingeht“, hob sie hervor. Merkel verwies auch auf
ihren am 15. Juli geplanten Besuch bei Biden in Washington: „Wir werden ja
bald Gelegenheit haben, länger miteinander zu sprechen.“
Ausdrücklich begrüßte Merkel den von den G7-Staaten beschlossenen
Infrastruktur-Plan als Antwort auf Chinas „Neue Seidenstraße“. Sie betonte
allerdings, das Projekt der G7 sei „nicht gegen etwas, sondern für etwas“,
nämlich für den Ausbau der Infrastruktur besonders in Afrika. „Es ist unser
Interesse, dass sich da etwas entwickelt“, sagte die Kanzlerin.
Das Verhältnis zu China beschrieb sie ambivalent. „Wir kritisieren die
Frage der Menschenrechte in China“, sagte Merkel. Auch das Thema
Zwangsarbeit in China werde von den G7-Staaten „sicherlich thematisiert“.
Es gehe aber auch um kooperatives Miteinander etwa bei Fragen des
Marktzugangs oder der Biodiversität.
## Streit über Brexit Sonderregeln
Der zwischen der EU und Großbritannien geführte Streit über
Brexit-Sonderregeln für Nordirland droht weiter zu eskalieren.
EU-Spitzenvertreter drängten den britischen Premierminister Boris Johnson
am Rande des G7-Gipfels mit deutlichen Worten zur Einhaltung von
Absprachen, der Regierungschef sieht hingegen die EU in der Pflicht.
„Beide Seiten müssen das umsetzen, was wir vereinbart haben“, teilte
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Samstag nach einem
Gespräch mit Johnson mit. Die EU sei sich bei diesem Thema absolut einig.
Auch der französische Präsident Emmanuel Macron mahnte, dass Großbritannien
das den Europäern gegebene Wort halten und den Rahmen des Brexit-Vertrags
respektieren müsse. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte, sie habe Johnson
deutlich gemacht, dass es der EU um die Kontrolle des Binnenmarktes gehe,
ohne dass Grenzkontrollen zwischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland
eingeführt werden. Dieser Punkt sei vertraglich geregelt.
Johnson drohte hingegen mit weiteren einseitigen Maßnahmen, um die
territoriale Integrität seines Landes zu schützen, und schloss ausdrücklich
auch nicht aus, die vereinbarte Notfallklausel für die irische Grenze zu
ziehen, den sogenannten Artikel 16. Das würde Kontrollen an der Grenze
zwischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland auslösen. Dem Sender Sky
News sagte der Premier, einige EU-Politiker würden nicht verstehen, dass
das Vereinigte Königreich ein Land ist. „Das muss ich in ihre Köpfe
bekommen.“ Johnson sieht den Ball auf EU-Seite. Der EU müsse klar sein,
„dass wir tun werden, was notwendig ist“, sagte Johnson.
Anlass des Streits ist das erst vor wenigen Monaten vereinbarte
Nordirland-Protokoll, das zum Brexit-Vertrag gehört. Es soll Kontrollen an
der Grenze von Nordirland zum EU-Staat Irland verhindern. Ziel war, neue
Spannungen in der einstigen Bürgerkriegsregion zu vermeiden. Allerdings ist
durch die Vereinbarungen nun eine Zollgrenze zum Rest des Vereinigten
Königreichs entstanden, die zu Handelshemmnissen geführt hat. Infolgedessen
kam es bereits zu Ausschreitungen meist protestantischer Anhänger der Union
mit Großbritannien.
## Biden und Trudeau unterstützen die EU
Aus EU-Kreisen hieß es, man habe sich schon sehr flexibel gezeigt. Ein
EU-Beamter mahnte, die Rhetorik herunterzuschrauben und aktiv nach Lösungen
im Rahmen des Nordirland-Protokolls zu suchen. Die EU wirft Großbritannien
seit Monaten eine mangelnde Umsetzung von Brexit-Absprachen vor. So
kritisiert Brüssel vor allem, dass Vereinbarungen zur Kontrolle des
Warenverkehrs zwischen Nordirland und den anderen Teilen des Vereinigten
Königreichs nicht eingehalten würden.
London hatte etwa ohne Absprache Übergangsfristen verlängert, während denen
Lebensmittel aus Großbritannien bei Ankunft in Nordirland nicht
kontrolliert werden. Die Regierung begründete den Schritt damit, die
Versorgung in der britischen Provinz sei ansonsten gefährdet. Johnson hatte
zu den Gesprächen mit den EU-Spitzen am G7-Gipfelort Carbis Bay extra
seinen Brexit-Minister David Frost hinzugeholt.
Die Gruppe der Sieben (G7) tagt noch bis zu diesem Sonntag. Dazu gehören
die USA, Deutschland, Kanada, Großbritannien, Frankreich, Italien und
Japan. Auch die EU nimmt teil. US-Präsident Joe Biden, der irische Wurzeln
hat, und der kanadische Ministerpräsident Justin Trudeau unterstützen die
EU-Sicht, dass die Abmachungen eingehalten werden müsse.
Die Chefin der Welthandelsorganisation (WTO), Ngozi Okonjo-Iweala, rief die
EU und Großbritannien zu einer Einigung auf. Sie hoffe sehr, dass es keinen
Handelskrieg gibt. „Es ist zu teuer und auch nicht das, was die Welt
derzeit braucht“, sagte die WTO-Generaldirektorin.
12 Jun 2021
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