# taz.de -- Die Wahrheit: Vorsicht vor dem Ungarn! | |
> Erkennungsdienstliche Hinweise zu einem europäischen Unhold namens Willi | |
> Magyar, der an Dreistigkeit kaum zu überbieten ist. | |
Bild: Willi der Ungar spielt gern das Opfer | |
Er wohnt in einer sonnigen Maisonettewohnung unterm Dach des europäischen | |
Hauses und kommt doch nur selten ans Tageslicht. Sein Name ist Willi, und | |
seine Frau heißt Puszta. Aber die lassen wir hier mal zur Seite. Sie hat | |
sowieso nichts zu sagen und ist stumm wie die Donau. | |
Willi Magyar trägt immer ein rot-weiß-grünes Holzfällerhemd. Damit man ihn | |
auch sofort als Hinterwäldler erkennt, hat er sich außerdem einen Turul auf | |
den Oberarm tätowieren lassen, das an einen Geier erinnernde fabelhafte | |
Wappentier seiner Sippe. In der Hand führt er stets eine Paprika mit sich. | |
Sie dient ihm zur Körperpflege. Tag und Nacht reibt er sich mit dem | |
Nationalgemüse von den Achseln bis zu den Füßen ein, um den unangenehmen | |
Geruch von engherziger Biederkeit zu überdecken. | |
Seine Haare sind traditionell über die Ohren ölgetränkt, und der leicht | |
bräunliche Anstrich des Gesichts verweist auf den Lieblingssport des | |
Ungarn: Darmtauchen. Denn unser Willi kriecht gern starken Männern hinten | |
hinein. Er ist der einzige Mensch der Welt, der es sogar mit dem ganzen | |
Kopf schafft. | |
Willi hasst Schwule, Juden und Flüchtlinge, alle, die seine herrlich | |
beschauliche Wohnung den ganzen Tag überschwemmen, überfluten und | |
überströmen. Er liest nämlich Magyar Nemzet, die klügste Zeitung der Welt, | |
das allerletzte Bollwerk gegen die braunen, roten und regenbogenfarbenen | |
Horden. Ungarns größtes Stiefelleckermäulchen. | |
## Die Ö-igkeit des Ungarischen | |
Öffnet Willi den Mund, sagt er mit seinen finno-ugrisch verwachsenen | |
Sprechwerkzeugen seinen Lieblingssatz: „Dös wörd mön döch wöhl nöch sö… | |
dörfen.“ Die ganze Ö-igkeit des Ungarischen gibt ihm Sicherheit, wenn er | |
seine Nase ängstlich in den modernen Wind hängt und überall eine | |
internationale Verschwörung gegen ihn und seine sonnendurchflutete | |
Behausung wittert. Dann ruft er sofort Interpol oder alarmiert die | |
Blauhelme der Vereinten Nationen, weil seine abendländische Wertegrundlage | |
angeblich angegriffen worden ist. | |
Schwerverletzt wälzt sich Willi auf dem Trottoir, schreit: „Blüt, moin | |
wörtvölles Blüt!“, bis ihn Passanten darauf aufmerksam machen, dass er | |
keine sichtbaren Wunden am Körper hat. Sogleich steht Willi auf, klopft | |
sich den Staub aus der Trachtenkleidung, schaut mit gerümpfter Nase ins | |
europäische Rund und streckt die Hand aus, weil er ein Honorar verlangt für | |
die gelungene schauspielerische Darstellung eines Opfers. Und bekommt es | |
sogar! | |
Obwohl die von der Dreistigkeit überrumpelten Zuschauer dem grinsenden | |
Ungarn einen erstaunlich hohen Obolus in die Hand zahlen, geht er | |
schließlich zeternd zurück in sein grelles Domizil. Dort brütet er, während | |
er sich einen Unicum-Schnaps nach dem anderen über den trockenen Knorpel | |
gießt, weiter über Weltverschwörungen und feindliche Agenten, die sein | |
muffiges Glaubensreich vermeintlich bedrohen. Bis er wieder ein Geld | |
braucht oder ihm die ewige Sonne das Hirn branderhitzt oder es ihm einfach | |
nach Mütchenkühlung verlangt. | |
So ist er, der Willi, der Ungar. | |
25 Jun 2021 | |
## AUTOREN | |
Michael Ringel | |
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