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# taz.de -- Die Wahrheit: Picknick mit Polithansel
> Eine angesichts des Sommers dringend notwendige Warnung vor dem
> furchtbaren Feind jedes freudigen Fests unter freiem Himmel.
Bild: Jean-Antoine Watteau schifft im Jahr 1710 ein paar Picknicker auf die Ins…
Sommerzeit – Zeit der Festivitäten unter freiem Himmel. Im Freien zu
feiern, ist in der Ära der Pandemie sogar Pflicht. Burschikos gibt sich das
Barbecue, heiß ist das Fest als Grillabend. Steif geht es zu bei der
Cocktail-Gesellschaft, umgänglicher auf der Gartenparty. Und dann ist da
noch das zarte Picknick. Mal im intimen Rahmen, mal in größerer Runde. Mit
feinen Speisen und perlenden Getränken. Dem Himmel zugewandt, aber immer
erdverbunden. Ein Idyll – und wie alle Paradiese bedroht.
Das Picknick ist die leichte Muse unter den Festen, gerade weil dort nur
selten Musik zu hören ist, findet es doch an einem Flusslauf oder auf einer
Waldlichtung oder in einem weitläufigen Park statt. Zwar können
mittlerweile mit modernen Bluetoothboxen die Örtlichkeiten beschallt
werden, doch verzichten die Deckenräkler nur zu gern aus Respekt vor der
Natur darauf, um der zugelärmten Alltagswelt zu entfliehen.
Das Zwitschern der Vögel, das Plätschern eines Bachs, das Klirren aus dem
Hackenporsche der Pfandflaschensammler muss als Klangteppich über dem
barock-romantischen Gelage genügen. Auch deshalb ist das Picknick selbst im
fortgeschrittenen Parlier- und Trunkenheitszustand so angenehm. Eine Reise
nach Kythera, zur Insel der Aphrodite …
## Bollernde Belästigungen
Gäbe es da nicht einen furchtbaren Feind, der jedes freudige Fest mit
seinen bollernden Belästigungen kippen lassen will: der Polithansel. Im
Zeichen großer Zeitenwenden hat der Polithansel gerade Konjunktur. Es gab
ihn zwar schon immer, bereits in der Schule und im Studium trieb er sein
Unwesen, und später begegnete man ihm erneut im Beruf, aber derzeit feiert
der Polithansel seine Renaissance. Seine Mission ist es, alles durch und
durch zu politisieren.
In der weiblichen Ausformung stellt sich die Politgretel gleich beim ersten
Aufeinandertreffen mit den Worten vor: „Ich bin Feministin.“ So unhöflich
ist sonst niemand, mit der Gartentür ins Festhaus zu fallen, es sei denn
das männliche Pendant eröffnet das Gespräch: „Ich bin
Fußballsachverständiger.“ Auf gleichem Niveau stehen beide Hooligans der
Small-Talk-Überwältigung.
Es wird nicht besser: Gendern, Wahlen, Rassismus, aktuelle Affären und
Skandälchen sind des gewöhnlich halbgut unterrichteten Polithansels
tägliches Metier. Doch hat er da noch nicht die Bazooka gezückt, denn das
Große und Ganze ist sein Kanonengeschäft: Klimawandel, Armut, Hunger,
Atomwaffen – Tod und Teufel bemüht er herbei, um die Stimmung kippen zu
lassen mit seinen vehementen Litaneien, die nur seine gealterte Langeweile
und verknöcherte Schwermut überdecken sollen und so öde sind wie ein
miserabel gemixter Trocadero.
Picknickverbot für Polithansel! Das wäre eine Forderung, würde man sich auf
eine Stufe stellen mit dem ewig Fordernden. Aber wir sind ja tolerant.
Lassen seine Belästigungen an unserem Austernarsch abperlen. Mit sanftem
Groll und Grausen wenden wir uns ab, um eine neue kühle Flasche zu
entkorken. Champagner und Rache sollten kalt genossen werden.
30 Jul 2021
## AUTOREN
Michael Ringel
## TAGS
Picknick
Sommer
Politik
Kolumne Die Wahrheit
Mode
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Ungarn
Annalena Baerbock
Krankheit
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