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# taz.de -- DFB-Elf vorm Spiel gegen Portugal: Die Heilsbringerrolle ist besetzt
> Die deutsche Offensive ist harmlos. Ein Stürmer von Format fehlt im
> Kader. Jetzt hängen die Hoffnungen an Leon Goretzka.
Bild: Perfekte Mülltrennung: das halbe Team schaut andächtig zu, wie Goretzka…
Wenn die deutsche Mannschaft zur Pressekonferenz aus dem sogenannten Home
Ground in Herzogenaurach lädt, dann kann man sich darauf verlassen, dass
alles so abläuft wie sich das der Deutsche Fußball-Bund und seine zahlenden
Partner vorstellen. Da wird keine klebrige Limo durch Wasser ersetzt, so
wie es Cristiano Ronaldo bei einer EM-Pressekonferenz getan hat. Und
Bierflaschen kann man auch nicht aus dem Bild rücken wie Paul Pogba
neulich. Es stehen keine Bierflaschen da. Der DFB hat gar keinen
Biersponsor. Da soll noch einer sagen, es hätte sich nichts geändert [1][in
der ewigen Amtszeit von Bundestrainer Joachim Löw].
Auch taktisch hat sich ja jede Menge getan über die Jahre. Löw wusste
früher immer ganz genau, wie er seine Mannschaft aufstellen wollte. Als
4-4-2-Apologet hat er begonnen, hat später mit einem Stürmer gespielt und
ein Fünfermittelfeld vor einer Viererabwehr agieren lassen. Er konnte immer
erklären, warum er das, was er tat, für richtig hielt.
Bis zum Halbfinalaus bei der EM in Frankreich vor fünf Jahren hielten auch
viele Beobachter meist für richtig, was Löw tat. Kein Wunder, er war ja
Weltmeister geworden. Bis zum WM-Aus schwor der Bundestrainer auf
Ballbesitzfußball, dann schwor er ihm ab. Er formiert eine Dreierkette,
weil er die Gegner kommen lassen wollte, und musste nun beim 0:1 gegen
Frankreich recht ratlos mitansehen, was passiert, wenn der Gegner gar nicht
kommen möchte.
Dann läuft zwar der Ball über 5, 10, 15 oder 20 Stationen, aber es wird
einfach nicht gefährlich. Wie sagte der Gladbacher Abwehrspieler Matthias
Ginter so treffend am Donnerstag in Herzogenaurach? „Im letzten Drittel hat
oft der letzte Pass gefehlt.“ Tja, wen hätte man auch anspielen sollen. Die
Bayernspieler. Serge Gnabry und Thomas Müller werden gespürt haben, dass
ihr Spiel viel mehr zum Tragen kommt, wenn in der Mitte ein Stürmer spielt,
zu dem grundsätzlich immer der Ball soll. Robert Lewandowski spielt ja nun
leider für Polen, und im deutschen Kader findet sich keiner, der eine
vergleichbare Rolle einnehmen könnte.
## Laufen wie Locatelli
Was tun also gegen die Portugiesen am Samstag (18 Uhr, ARD) in München?
Deren Spiel lebt auch vor allem davon, dass vor dem eigenen Strafraum die
Räume zugemacht werden. Und natürlich von Cristiano Ronaldo. Den haben die
Deutschen auch mit Viererkette schon des Öfteren in den Griff bekommen.
Beim 4:0 im deutschen Auftaktspiel bei der WM 2014 war auch Ginter dabei,
als dies gelang. „Da gilt es höllisch aufzupassen“, sagte er. Recht hat er,
und doch weiß er, dass das Hauptproblem der Deutschen nicht die Defensive,
sondern der Angriff ist. Bei einer Viererabwehr würde ein Platz frei im
Mittelfeld. Wer ihn bekommen soll? Immer wieder fällt ein Name: Leon
Goretzka.
Der Bayernspieler, der mit einer Muskelverletzung zur Nationalmannschaft
angereist war, könnte, so hat es der Bundestrainer angedeutet, durchaus
spielen am Samstag. Er ist in die Rolle eines Heilsbringers aufgestiegen.
Das hat mit einem gewissen [2][Manuel Locatelli] zu tun. Dessen vertikaler
Laufweg durch das gesamte Mittelfeld vor seinem Tor zum 1:0 der Italiener
gegen die Schweiz war so konsequent, dass sich die Frage auftat, ob es bei
den Deutschen nicht auch so jemanden gebe, der aus dem Mittelfeld in den
Strafraum eindringen könne. Leon Goretzka ist so einer. Wenn er Platz für
sich sieht, dann ist er auch schon mal kurz vor dem Torwart zu finden.
Um ihn einzubinden bräuchte es nicht einmal den beschworenen Systemwechsel
in der Defensive. Er könnte, so wie er es im Klub schon des Öfteren getan
hat, vorne im zentralen Mittelfeld spielen, hinter Thomas Müller und Kai
Havertz etwa. Serge Gnabry müsste dann zuschauen.
In Goretzkas Haut jedenfalls möchte man nicht stecken, sollte er spielen.
Die Heilsbringerrolle ist überaus undankbar. Denn so einfach wird meistens
nicht gut, was ungenügend war. Joachim Löw hat das in den Jahren seit dem
WM-Aus 2018 zur Genüge erlebt.
18 Jun 2021
## LINKS
[1] https://tv.dfb.de/video/dfb-pressekonferenz-nach-dem-laenderspiel-gegen-fra…
[2] https://www.youtube.com/watch?v=jI4mKLc8edE
## AUTOREN
Andreas Rüttenauer
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