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# taz.de -- Brandanschlag auf Flüchtlingsunterkunft: Rechter Terror in Serie?
> Auf die Landesaufnahmebehörde Niedersachsen im Kloster Blankenburg wurde
> ein Brandschlag verübt. Es ist einer von mehreren in letzter Zeit.
Bild: Erstaufnahme für Geflüchtete: Unterkunft auf dem Gelände des Klosters …
Osnabrück taz | Das Kloster Blankenburg bei Oldenburg wirkt nur auf den
ersten Blick wie eine Idylle. Wie sehr dieser Eindruck täuscht, hat sich in
der Nacht zum vergangenen Sonnabend gezeigt: Auf die hier untergebrachte
Außenstelle Oldenburg der Landesaufnahmebehörde (LAB) Niedersachsen wurde
ein Anschlag verübt.
Zwei Brandsätze zündeten auf dem Gelände der Erstaufnahmeeinrichtung für
Geflüchtete. Die Feuer beschädigten zwei Gebäude, eines leer stehend, eines
schwach belegt. Verletzt wurde niemand, zumindest nicht physisch. Neben
der LAB, derzeit mit rund 180 Personen belegt, hauptsächlich aus Syrien,
Irak und Afghanistan, befindet sich hier auch eine Dienststelle des
Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF).
„Die Hintergründe der Tat sind unklar“, sagt Jens Rodiek, Sprecher der
Polizeiinspektion Oldenburg-Stadt/Ammerland. „Noch gibt es keinen konkreten
Verdacht. Es wird daher weiter in alle Richtungen ermittelt.“ Wegen der
„besonderen Bedeutung des Objektes“ ist auch der Staatsschutz eingebunden.
Die Polizei spricht von einem „Großaufgebot“ an Ermittlerinnen und
Ermittlern.
Nach Einschätzung des Flüchtlingsrats Niedersachsen sind die Hintergründe
der Tat nicht ganz so unklar. „Dass das Anschlagsziel eine Unterkunft für
Asylsuchende war, ist aus unserer Sicht kein Zufall“, sagt Sascha Schießl,
Referent der Geschäftsführung. „Wir werten den Brandanschlag daher als
rechtsextreme und rassistische Tat.“ Wichtig sei jetzt, die Betroffenen
umfassend zu unterstützen. Zugleich sei eine beschleunigte Verteilung der
Personen auf die Kommunen zwingend erforderlich, damit sie nicht mehr lange
an dem Ort des Anschlags bleiben müssten.
## Erkennbare rechtsextreme Strukturen
Es sei falsch, derartige Brandanschläge als Einzeltaten zu sehen, sagt
Schießl. Die rechtsextremen Strukturen zu erkennen, innerhalb derer solche
Brandanschläge verübt würden, sei die Grundlage für entschiedenes
politisches und zivilgesellschaftliches Handeln.
„Der Brandanschlag zeugt von einer massiven Bedrohungslage“, erklärt das
Kollektiv Solidarity without Borders Oldenburg. Geflüchtete in öffentlichen
Unterbringungen lebten ohnehin häufig in ständiger Angst vor Abschiebungen
und unter massiver Kontrolle. „Wir fordern die Schließung von Blankenburg
und allen Lagern“, schreibt das Kollektiv.
Rund 100 Teilnehmer kamen am Tag nach der Tat zu einer Spontandemonstration
in Oldenburg, zu der die Ortsgruppe des Bündnisses „Nationalismus ist keine
Alternative“, kurz „Nika“, aufgerufen hatte. Sie protestierten gegen „d…
Festung Europa und ihre Fans“.
Man betrachte den Brandanschlag „unter dem Verdacht des rechten Terrors“,
erklärt die Ortsgruppe in einer Mitteilung.Und erinnert an drei
Brandanschläge im vergangenen Jahr: Im Bremer Umland in [1][Syke],
[2][Gnarrenburg] und [3][Ganderkesee] warfen Unbekannte Brandsätze auf
migrantisch betriebene Restaurants. Auch wenn die Polizei und der Staat
[4][nicht zu dieser Einordnung kämen], ließen sich die Angriffe klar einer
rechten Anschlagsserie zuordnen, so die Aktivisten. „Rechter Terror ist ein
gewaltiges Problem in Niedersachsen“.
Auf den ersten Blick seltsam: Der Stadtrat lehnte den Dringlichkeitsantrag
„Solidarität mit Geflüchteten nach dem Brandanschlag in Blankenburg“ der
Oldenburger Linken zur Ratssitzung am 31. Mai ab. Stadtsprecher Reinhard
Schenke fasst das so zusammen: „SPD, CDU, Grüne, FDP – alle dagegen. Als
Grund wurde genannt, dass keine Dringlichkeit bestehe.“
## Feuer an zwei Stellen
„Da die Straftäter gleich an zwei Stellen Feuer gelegt haben, ist davon
auszugehen, dass sie die erfolgreiche Ausbreitung des Feuers auf jeden Fall
sicherstellen wollten“, hatte Hans-Henning Adler, der Fraktionsvorsitzende
der Linken, an Oldenburgs Oberbürgermeister Jürgen Krogmann (SPD)
geschrieben. „Die Täter haben damit gezeigt, dass sie den Tod von
Bewohnerinnen und Bewohnern in Folge des Brandes billigend in Kauf genommen
haben.“ Der Vorgang habe aber nicht nur eine strafrechtliche Seite. „Zu so
einer abscheulichen Tat können sich Menschen nur aufgerufen fühlen, wenn
das politische Klima im Land den Hass auf Geflüchtete fördert“, so Adler.
Rita Schilling, Sprecherin der Ratsfraktion der Oldenburger Grünen, erklärt
die Ablehnung des Dringlichkeitsantrags so: „Das liegt allein schon in der
Geschäftsordnung begründet. Dringlichkeit herrscht ja nur dann vor, wenn
sonst womöglich ein unmittelbarer Schaden einträte, eine Frist verstriche.
Das ist hier aber nicht der Fall.“ Außerdem sei ja noch gar nicht sicher,
wer für den Anschlag verantwortlich sei: „Wir haben hier in der Stadt seit
einigen Wochen eine ganze Brandanschlagsserie“, sagt Schilling. Auch eine
Kneipe sei zum Ziel geworden, ebenso eine Kita. Die Resolution werde in der
nächsten Ratssitzung Ende Juni behandelt. „Dann kann uns die
Staatsanwaltschaft vielleicht schon mehr sagen“, hofft Schilling.
Welche Maßnahmen will die Landesaufnahmebehörde nun ergreifen, damit
Ähnliches sich nicht wiederholen kann?„Der Sicherheitsdienst ist rund um
die Uhr auf dem Gelände und auch für die Bewohnerinnen und Bewohner zu
jeder Zeit ansprechbar“, sagt Hannah Hintze, Stabsstellenleiterin der
Braunschweiger Behörde. „Aufgrund der aktuellen Vorkommnisse haben wir
unsere Sicherheitsmaßnahmen noch einmal verstärkt.“
3 Jun 2021
## LINKS
[1] /Brandanschlag-auf-Restaurant-in-Syke/!5659994
[2] /Erneuter-Brandanschlag-im-Bremer-Umland/!5699318
[3] /Brandanschlag-in-Ganderkesee/!5717708
[4] /Brandanschlaege-im-Bremer-Umland/!5726508
## AUTOREN
Harff-Peter Schönherr
## TAGS
Schwerpunkt Rassismus
Rechtsextremismus
Niedersachsen
Brandanschlag
Unterbringung von Geflüchteten
Brandanschlag
Rechtsextremismus
Amadeu-Antonio-Stiftung
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