| # taz.de -- Gedenken an Internierungslager: Fragen drängen sich auf | |
| > Auf dem Marzahner Parkfriedhof wurde an die Internierung von Berlins | |
| > Sinti und Roma vor 85 Jahren erinnert. | |
| Bild: Vor dem Eingang zum Parkfriedhof erinnern Stelen an das frühere Lager | |
| Auf einmal macht der Sommer wieder Pause. Im kühlen Schatten hoher Bäume | |
| auf dem Marzahner Parkfriedhof stehen am Sonntagmittag rund 80 Menschen um | |
| einen mit Blumen und Kränzen geschmückten Gedenkstein, eine junge Frau | |
| singt zur Jazzgitarre ein trauriges Liebeslied. | |
| Seit 1986 gibt es den Gedenkstein. Seine Inschrift: „Vom Mai 1936 bis zur | |
| Befreiung unseres Volkes durch die ruhmreiche Sowjetarmee litten in einem | |
| Zwangslager unweit dieser Stätte hunderte Angehörige der Sinti. Ehre den | |
| Opfern.“ In den letzten DDR-Jahren aufgestellt, erinnert er an das | |
| Zwangslager Marzahn, in dem die Nazis kurz vor den Olympischen Spielen 1936 | |
| Berlins Sinti und Roma auf einem früheren Rieselfeld internierten. | |
| Besonders zynisch: die offizielle Bezeichnung „Zigeunerrastplatz Marzahn“. | |
| Unter den BewohnerInnen, die 1943 unter anderem nach Auschwitz deportiert | |
| wurden, war Otto Rosenberg. Als einziger von elf Geschwistern überlebte er | |
| die Verfolgung, später war er der langjährige Vorsitzende des | |
| Landesverbands Deutscher Sinti und Roma Berlin-Brandenburg. 2001 verstarb | |
| er, vor dem Eingang zum Friedhof erinnern Informationsstelen an ihn und die | |
| anderen Menschen im Lager. | |
| Heute ist seine Tochter Petra Vorsitzende des Verbands. Auf der | |
| Gedenkfeier, die an den 85. Jahrestag der Internierung erinnert, stellt sie | |
| sich und den Anwesenden die Frage, wie „Menschen anderen Menschen so etwas | |
| zufügen konnten“ – ob es „keine allgemeine humanistische Einstellung geb… | |
| die davon abhält, zu foltern und zu morden“. | |
| ## Gedenken kein Selbstzweck | |
| Wichtig ist Rosenberg, dass das Gedenken „kein Selbstzweck ist“, sondern | |
| „immer wieder Anlass gibt, über den heutigen Umgang mit Sinti und Roma, | |
| Ausgrenzung und Stigmatisierung nachzudenken“. Als Beispiel nennt sie den | |
| Konflikt um den Bau der S-Bahn-Strecke S21, die nach allen bisherigen | |
| Planungen das Mahnmal für die ermordeten Sinti und Roma im Tiergarten | |
| tangieren wird: „Nicht hinnehmbar“ findet sie das. | |
| Unterstützung erhält sie von Kultursenator Klaus Lederer, der neben vielen | |
| anderen Linken-PolitikerInnen wie Sozialsenatorin Elke Breitenbach, | |
| Bezirksbürgermeisterin Dagmar Pohle und Bundestags-Vizepräsidentin Petra | |
| Pau gekommen ist. „Schon die Debatte“, ob das Mahnmal in Mitleidenschaft | |
| gezogen werden könne, sei „ein Armutszeugnis“. An den höheren Kosten für | |
| eine klare Umgehung des Gedenkorts könne es nicht liegen: „Ja, wo leben wir | |
| denn?“ | |
| Dani Karavan, der israelische Künstler, der das Mahnmal entworfen hatte, | |
| ist kürzlich gestorben. Demnächst wird seine Tochter in Berlin erwartet, | |
| dann sollen auch mit ihr Gespräche geführt werden. Sie hat zuletzt gesagt, | |
| ihr Vater akzeptierte keine Beeinträchtigung des Ortes. | |
| 13 Jun 2021 | |
| ## AUTOREN | |
| Claudius Prößer | |
| ## TAGS | |
| Mahnmal | |
| Verband Deutscher Sinti und Roma | |
| Sinti und Roma | |
| Berlin Marzahn-Hellersdorf | |
| Denkmal der im Nationalsozialismus ermordeten Roma und Sinti | |
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