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# taz.de -- Marianne Rosenberg zum 66. Geburtstag: Eine Familiengeschichte
> Die Sängerin wurde mit 14 Jahren entdeckt, hat eine steile Karriere
> gemacht. Lange Zeit war die Geschichte ihres Vaters tabu. Heute aber
> nicht mehr.
Bild: Marianne Rosenberg begeht am 10. März ihren 66. Geburtstag
Berlin taz | Flughafen Tegel, 1976. Rosa von Praunheim sitzt mit einem
Blumenstrauß in der Ankunftshalle und wartet auf Marianne Rosenberg. Der
schwule Filmemacher will den 21-jährigen Schlagerstar für ein
Fernsehporträt interviewen. Rosenbergs Song „Er gehört zu mir“ – ein Ja…
zuvor erschienen – war in der aufstrebenden Schwulenbewegung auf enorme
Resonanz gestoßen.
Der Aktivist will am Heile-Welt-Image der Sängerin kratzen. Vor einer
glitzernden Kulisse fragt er sie zunächst nach dem Glück und nach der
Liebe. Von Praunheim blickt immer wieder nervös auf Menschen, die hinter
der Kamera stehen, und fragt schließlich doch: „Der Name Rosenberg lässt
darauf schließen, dass du Jüdin bist. Wart ihr rassisch diskriminiert
während der Nazizeit?“ Rosenberg erschrickt, auch sie blickt hinter die
Kamera. Dann schüttelt sie den Kopf und verneint.
Otto Rosenberg, Mariannes Vater, wurde 1936 als Sinto in das Zwangslager
Berlin-Marzahn eingewiesen und von „Zigeunerforschern“ untersucht. 1943
wurden der 16-Jährige und seine Familie in das Konzentrationslager
Auschwitz deportiert. Ein Großteil der Familie wurde ermordet. Otto
überlebte Auschwitz und die Lager Buchenwald, Dora und Bergen-Belsen.
Doch 1976 will Otto Rosenberg nicht, dass seine erfolgreiche Tochter diese
Geschichte erzählt. „Er hatte Angst vor rassistischen Übergriffen“, erkl�…
Mariannes Schwester Petra später in einem Interview. „Und er hatte auch
Angst, dass ihr das schaden könnte bei der Karriere.“
## Mit 14 Jahren entdeckt
Mit 14 Jahren war Marianne bei einem Talentwettbewerb am Ku’damm entdeckt
worden. Ihr Erfolg bedeutete für die Rosenbergs eine Aufstiegschance. Die
Preisgabe der Familiengeschichte und -identität hätte im
Schlager-Deutschland das Aus bedeuten können.
In den Achtzigern dann brach Marianne Rosenberg mit den Erwartungen des
Mainstreams. Sie begann musikalisch zu experimentieren, freundete sich mit
Rio Reiser an und engagierte sich gegen den Häuserleerstand in der Stadt.
Der Herausgeber der linksradikalen Zeitschrift radikal wurde zu ihrem
Lebensgefährten – und ist es bis heute.
Auch Otto Rosenberg brach schließlich sein Schweigen. Er wurde zum
Vorsitzenden des Verbandes Deutscher Sinti und Roma Berlin-Brandenburg.
Seine Tochter Petra setzt diese politische Arbeit fort. Marianne
unterstützt dabei mit ihrer Bekanntheit und spricht heute auch im Fernsehen
von ihrer Geschichte und Identität. Wenn Weiße sich heutzutage in
Fernsehdiskussionen wie zuletzt im WDR setzen und sich darüber beklagen,
dass sie dies und das nicht mehr sagen dürften, ist das deren Problem.
Den Schlager, zu dem Marianne Rosenberg musikalisch zurückgekehrt ist, muss
mensch nicht mögen. Doch das Emanzipatorische, das sie heute in dieses
Genre hineinbringt, darf Hoffnung machen. Am Mittwoch, dem 10. März 2021,
wird die Sängerin 66 Jahre alt. Alles Gute!
9 Mar 2021
## AUTOREN
Stefan Hunglinger
## TAGS
Popstar
Schlager
Disko
Sinti und Roma
Mahnmal
Schlager
Neue Deutsche Welle
CDU
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