| # taz.de -- Bildungsgewerkschaft GEW: Maike Finnern will den Vorsitz | |
| > Sie war Co-Rektorin an einer Realschule und eine große Kritikerin der | |
| > NRW-Bildungsministerin. Jetzt könnte Finnern Gewerkschaftsvorsitzende | |
| > werden. | |
| Bild: Außer Konkurrenz: Maike Finnern | |
| Bochum taz | „Chancengleichheit“: Dieses Wort fällt immer wieder, wenn | |
| Maike Finnern erklärt, warum sie Vorsitzende der größten deutschen | |
| Bildungsgewerkschaft GEW mit ihren mehr als 280.000 Mitgliedern werden | |
| will. Am Donnerstag steht beim virtuellen Gewerkschaftstag die Wahl der | |
| 52-Jährigen an – Gegenkandidat:innen gibt es bisher keine. | |
| [1][Chancengleichheit: Für Finnern beginnt die bereits in der Kita.] Dort | |
| müssten die Betreuungschlüssel besser und die Bezahlung höher werden, sagt | |
| die Realschullehrerin im Gespräch mit der taz. Finnern war von 2011 bis | |
| 2019 stellvertretende Vorsitzende der GEW in Nordrhein-Westfalen – vor zwei | |
| Jahren stieg die Bielefelderin dann zur Landes-Gewerkschaftschefin auf. | |
| An den Schulen gebe es nicht überall Ganztagsangebote und die Ausstattung | |
| der Schüler:innen mit Tablets oder Laptops sei nicht gesichert, ärgert | |
| sich die Pädagogin. Wer aber zu Hause über keinen guten Rechner und kein | |
| schnelles Netz verfüge, sei im Distanzunterricht schlechter gestellt. | |
| Finnern fragt: „Wie können wir es schaffen, dass unser Schulsystem nicht | |
| mehr selektiert – sondern fördert?“ | |
| Studierenden aus einkommensschwachen Familien fehlten außerdem | |
| „auskömmliche“ Zuwendungen aus dem Bundesausbildungsförderungsgesetz | |
| (BAföG), findet die designierte GEW-Chefin. In Zeiten, in denen schon | |
| WG-Zimmer 400 Euro und mehr kosteten, müsse der Höchstsatz „in Richtung | |
| 1.000 Euro monatlich“ steigen. | |
| ## „Ein Zeichen von Geringschätzung“ | |
| Das Ziel der Lehrerin, die zuletzt als zweite Konrektorin einer Realschule | |
| im rund 20.000 Menschen zählenden Städtchen Enger in Ostwestfalen | |
| gearbeitet hat, ist klar: Für Bildung muss mehr Geld her. „Schon 2009 haben | |
| sich Bund und Länder beim Dresdner Bildungsgipfel darauf geeinigt, dass | |
| perspektivisch zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts zur Verfügung stehen | |
| sollen.“ | |
| Doch schon vor Corona war die Bundesrepublik davon weit weit entfernt: 2020 | |
| lag der Anteil der Bildungsinvestitionen nur bei 4,8 Prozent. Und durch die | |
| hohe, coronabedingte Verschuldung der öffentlichen Etats fürchtet die | |
| parteilose Gewerkschafterin bald neue Spar-Runden. Verhindern will Finnern | |
| die mit Druck auf die Politik. „Auch die FDP bekennt sich heute zur | |
| Chancengleichheit“, sagt sie – selbst Nordrhein-Westfalens | |
| FDP-Bildungsministerin Yvonne Gebauer setzt auf den „schulscharfen | |
| Sozialindex“, der in Brennpunkte mehr Mittel lenkt als in Villenviertel. | |
| In der durch Corona geprägten Praxis der vergangenen Monate war Finnern | |
| eine der schärfsten Kritiker:innen von NRW-Bildungsministerin Yvonne | |
| Gebauer (FDP). „Noch heute sind Schulbusse überfüllt, fehlen gerade | |
| Schüler:innen aus ärmeren Familien FFP2-Masken, gibt es in den | |
| Klassenzimmern keine Luftfilter“, resümiert sie. | |
| „Ein Zeichen von Geringschätzung“ auf Bundesebene sei auch die | |
| Entscheidung, das Familienministerium nach dem Rücktritt der | |
| Sozialdemokratin Franziska Giffey monatelang von SPD-Justizressortchefin | |
| Christine Lambrecht mitverwalten zu lassen. „Ich weiß, dass ich erste | |
| Erfolge nicht schon übermorgen haben werde“, sagt die designierte | |
| GEW-Chefin deshalb. | |
| Bei ihrer Forderung nach „mehr Mut, mehr Geld und mehr Personal“ aber | |
| bleibt sie – und will nicht nur für eine bessere Bezahlung oft prekärer | |
| Lehraufträge etwa an Volkshochschulen kämpfen: Finnern will auch dafür | |
| sorgen, dass Lehrer:innen an Grundschulen mit A13 endlich überall so gut | |
| bezahlt werden wie ihre Kolleg:innen an weiterführenden Schulen. „In | |
| Deutschland fließt einfach viel zu wenig Geld in die Bildung“, sagt sie – | |
| und hat beim Telefongespräch mit der taz sofort ein plakatives Beispiel | |
| parat: [2][„An Corona-Nothilfen gab es inclusive Nachhilfepaket 7,5 | |
| Milliarden Euro. Die Lufthansa allein hat dagegen neun Milliarden | |
| bekommen.“] | |
| 9 Jun 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Andreas Wyputta | |
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