# taz.de -- Corona-Verordnung in Bremen und Musik: Nur Flöten sind gefährlich | |
> Singen und Orchesterproben mit Blasinstrumenten sind in Räumen nach wie | |
> vor nur mit zwei Leuten erlaubt. Trotz Studien, die sagen, wie es sicher | |
> geht. | |
Bild: Nur beim Flöten machen sich besonders viele Aerosole breit | |
BREMEN taz | Hobby-Musiker*innen hatten kein leichtes Jahr. Man habe | |
geduldig gewartet, sagt Ulrike Petritzki, Leiterin der Musikschule Bremen, | |
was sollte man mitten in der Pandemie auch anderes machen. „Aber jetzt ist | |
es an der Zeit.“ An der Zeit für Lockerungen: Die Musikschule und neun | |
weitere Verbände haben ein Papier des Landesmusikrats unterzeichnet und | |
fordern mehr Probemöglichkeiten für Chöre und Ensembles mit Laien. „Wir | |
wollen nicht vergessen werden“, sagt Petritzki. | |
In Bremen dürfen Musiker*innen, die singen oder ein Blasinstrument spielen, | |
nur zu zweit oder mit Personen aus dem eigenen Haushalt in geschlossenen | |
Räumen proben. Ausgenommen ist berufliches Musizieren. So steht es in der | |
[1][aktuellen Coronaverordnung]. | |
Der Landesmusikrat protestiert mit seinem Brief gegen die | |
„Ungleichbehandlung der Musik“ – in einer Zeit, in der „die identitäts… | |
zusammenhaltstiftende gesellschaftliche Funktion von Musikensembles“ | |
dringend nötig sei. Nach Monaten der Abstinenz kämpften viele Ensembles um | |
ihren Erhalt. | |
„Inkonsistent“ nennen die Verfasser*innen die Regelungen in der Musik | |
mit Blick auf Gastronomie und Sport. Und auch mit Blick auf Niedersachsen: | |
Dort dürfen Ensembles bereits seit wenigen Wochen wieder drinnen proben, | |
natürlich mit strengen Regeln. Auch Hamburg hat am Dienstag Chor- und | |
Blasmusikproben in Innenräumen erlaubt. | |
Die Verbände appellieren an den Senat: „Retten Sie diesen wertvollen | |
Grundpfeiler unseres Bremer Musiklebens!“ [2][Die Bedeutung der Musik], | |
gerade für junge Menschen, bekommt Petritzki aktuell mit. Vor der Pandemie | |
habe man manchmal mit Unlust bei einzelnen Schüler*innen zu kämpfen | |
gehabt, „aber jetzt schätzen sie das wahnsinnig“. | |
Vergangenen Sonntag hat das Jugendsinfonieorchester trotz der aktuellen | |
Verordnung geprobt – im Nachbarland. Man habe sich natürlich an die | |
niedersächsische Verordnung gehalten, sagt Dirigent Martin Lentz. Im Juli | |
soll das Orchester ein Open-Air-Konzert im Bürgerpark spielen. „Wir | |
brauchen diese Proben ganz dringend“, sagt Lentz. „Wie will man Konzerte | |
machen, wenn man nicht proben darf?“ | |
Im Vergleich zu anderen Regelungen wie dem Arbeiten im Großraumbüro findet | |
er das Verbot für Bläser „lächerlich“. Selbst in die Bremenhalle am | |
Flughafen, die von der Musikschule momentan für Orchester angemietet wird, | |
dürfe er theoretisch nur mit zwei Spielern. Und das auf rund 800 | |
Quadratmetern Fläche. „Wer soll das ernst nehmen?“ Besonders ärgerlich sei | |
die Situation, weil Studien belegten, dass von Blasinstrumenten nicht die | |
Gefahr ausgeht, wie am Anfang der Pandemie befürchtet. | |
Lentz meint Studien, wie sie zum Beispiel das [3][Uniklinikum Erlangen | |
gemeinsam mit der Ludwig-Maximilians-Universität München] durchgeführt hat. | |
Bereits im vergangenen Jahr fanden sie heraus, dass in permanent gelüfteten | |
Räumen das Spielen von Blasinstrumenten mit einem Abstand von eineinhalb | |
Metern zur Seite und zwei Metern nach vorne sicher möglich sei – | |
ausgenommen die Querflöte, die zu ihrem Vorderinstrument besser drei Meter | |
Abstand halten sollte. „Wir hoffen, dass die Erkenntnisse schnell in die | |
Vorgaben von Entscheidungsträgern einfließen“, sagte der Manager des | |
Symphonieorchesters des Bayrischen Rundfunks damals. | |
## Zweieinhalb Meter Abstand beim Singen | |
Die Forschenden fanden auch heraus, wie es sich mit [4][Aerosolen beim | |
Singen] verhält: Zur Seite reichten wohl auch der Abstand von eineinhalb | |
Metern, nach vorne seien zweieinhalb gut; Trennwände noch besser. | |
Voraussetzung auch hier: ständiges Lüften. | |
Während für Orchester die Proben unter freiem Himmel wegen der Logistik und | |
empfindlichen Instrumenten eher keine Lösung sind, scheitert es bei Chören | |
am Klang. „Es ist besser als nichts, aber der Klang fliegt in alle | |
Himmelsrichtungen weg“, sagt Kirsten Bodendieck, Vorsitzende des | |
Kreischorverbands Bremen. | |
Auch sie hat den Brief unterzeichnet und möchte, dass auch Chöre wieder | |
rein dürfen. Natürlich mit Regeln und zunächst in Kleingruppen. „Von jetzt | |
auf gleich große Gruppen in Räumen kann ich mir nicht vorstellen, und die | |
Sängerinnen und Sänger wollen das wahrscheinlich auch nicht.“ Einige Chöre | |
hätten bereits Probleme, ihre Mitglieder wieder zusammen zu klauben. | |
„Manche haben sich bereits aufgelöst.“ | |
9 Jun 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://www.gesundheit.bremen.de/corona/corona/corona_verordnungen-37349 | |
[2] /Ein-Jahr-Corona-in-Berlin/!5749399 | |
[3] https://www.lmu-klinikum.de/aktuelles/pressemitteilungen/ergebnisse-aus-aer… | |
[4] https://www.lmu-klinikum.de/aktuelles/pressemitteilungen/erste-ergebnisse-z… | |
## AUTOREN | |
Alina Götz | |
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