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# taz.de -- Fußball-Bundesliga im Rückblick: Die Saison der Superlative
> Mit dem 34. Spieltag geht eine besondere Spielzeit zu Ende. Ob Zuschauer,
> Trainer oder Tore – es war eine Saison der Extreme.
Bild: Mit Abstand am besten: Meistertrainer Hansi Flick vom FC Bayern bei der S…
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## Mit Abstand: Quarantäne
Verschont geblieben ist niemand, aber einige Bundesligateams wurden stärker
von Corona erwischt als andere. Ziemlich weit vorne dabei: die TSG
Hoffenheim. Schon im Oktober 2020 waren zwei Profis positiv getestet
worden. Im November kamen zwei plus einer aus dem Trainerstab hinzu. Arg
viel Quarantäne, zumal in einer Phase der Saison, in der man es so eher gar
nicht gebrauchen konnte, hatte Hertha BSC drei Partien lang auszusitzen,
jeder Spieler zu Hause. Merkwürdiger Befund: Quarantäne hat den besonders
von ihr betroffenen Teams gar nicht geschadet.
## Mit Abstand Lieblingsgegner
Wie die Weichen für den späteren Absteiger und den späteren Meister
gestellt wurden, zeigte sich gleich beim ersten Spieltag: 0:8 ging Schalke
bei Bayern unter. Es blieb die höchste aller Klatschen, aber [1][das stolze
und traditionsreiche Schalke] wurde in dieser Saison als Watschenbaum
rumgereicht. Mal ein 0:4 gegen Leipzig, ein 1:5 gegen Stuttgart, mal ein
0:4 gegen Freiburg oder ein 0:5 gegen Wolfsburg. Interessanter Fakt am
Rande der Demütigung: In der Heimtabelle liegt Schalke gar nicht auf dem
letzten Platz. Dieser traurigste aller traurigen Titel wird erst am letzten
Spieltag geklärt: Der 1. FC Köln kann die, wie Sportjournalisten so schön
schreiben, rote Heimlaterne an die Knappen weitergeben. Absteigen können
sie dennoch beide.
## Die mit Abstand meisten Elfmeter
Drei Spiele, ein Elfer. So lautet statistisch ziemlich korrekt die
Situation in der Bundesliga. 0,36 Strafstöße pro Spiel. Nie wurde so oft
gepfiffen in einer Saison wie dieser, in der die Fans das nicht mit Pfiffen
quittieren konnten. Nutznießer waren Borussia Mönchengladbach, RB Leipzig
und Bayern München, die 10 bzw. 11 Strafstöße zugesprochen bekamen, die sie
dann auch zumeist – zwischen 80,0 und 90,9 Prozent – verwandelten. Traurige
Verschießer gab es auch: Arminia Bielefeld erhielt nur einen Elfer und hat
den verschossen. Ganz unten, kaum überraschend, Schalke, das von drei
zugesprochenen Elfmetern keinen einzigen verwandeln konnte. 0 Prozent
Trefferquote.
## Mit Abstand schnellstes Trainerkarussell
Das Trainerkarussell drehte sich auch in dieser Saison heftig. Der FC
Schalke 04 hat gleich vier Mal den Trainer ausgetauscht, von Wagner über
Baum, den lustlosen Stevens und den hilflosen Gross bis hin zu Grammozis –
allein es half nicht. Ein Trend dieser Saison allerdings war, dass sich
auch in Sachen Trainerbeschäftigung die Liga in zwei Hälften teilt: Die da
oben sehen sich verstärkt mit der Tatsache konfrontiert, dass ihre Trainer
sich einer neuen Macht bewusst sind. Sind sie gut, liefern sie ab, holen
sie Titel oder überzeugen wenigstens mit Spielstil – kehren sie bei
Gelegenheit den alten Stiefel der Vertragsauflösung um. Rose geht zu
Dortmund, Hütter zu Gladbach, Flick zum DFB, Nagelsmann zu den Bayern – und
Terzić freut sich über Angebote aus England. [2][Die Macht sei mit ihnen.]
Nur die da unten, die werden im Zweifel immer noch rausgeworfen.
## Mit Abstand dümmster Rassismus
Inzwischen gibt es sogar einen eigenen Wikipedia-Eintrag zu „Rassismus im
Fußball“. Besonders aktuell ist er leider nicht: Die Tiefpunkte dieser
Saison fehlen noch. [3][Als da wären das Lehmann-Gate um Dennis Aogo] und
den Fall des Hertha-Torwarttrainers, der sich in Ungarn rassistisch und
homophob geäußert hatte. Ausgerechnet die Hauptstadtklubs spielten bei dem
leidigen Thema eine unrühmliche Rolle – auch der 1. FC Union zeigte sich in
Person von Verteidiger Florian Hübner anfällig. Immerhin: Zumindest die
Hertha zeigte Courage und Konsequenz. Und klar wurde auch, dass gewisse dem
Fußball so eigene Entgleisungen in der heutigen Gesellschaft, die alles
sieht und alles hört, einfach nicht mehr gehen. Sowieso nicht und jetzt
erst recht nicht. Das musste auch Aogo erfahren, der on air unbedacht
Nazi-Formulierungen gebrauchte. Wir schließen uns Jimmy Hartwig an. „Ich
verstehe die Menschen nicht“, sagte er zum Thema Rassismus in der Zeit.
## Die mit Abstand treffsichersten Stürmer
Auf den klassischen Torjäger haben bereits manche Experten Abschiedstexte
gedichtet. Zu geschult schienen die Profis mittlerweile in der Kunst des
kollektiven Verteidigens zu sein, als dass Ausnahmekönner in der Offensive
noch an den alten Bestmarken hätten kratzen können. Das Zeitalter der
hängenden Spitze, der falschen Neun wurde eingeläutet. Doch die klassischen
Mittelstürmer sind zurück. In dieser Saison hat nicht nur [4][Robert
Lewandowski den sagenhaften Gerd-Müller-Rekord (40 Tore)] aus der Saison
1971/72 eingestellt, André Silva überbot mit 27 Treffern die
Vereinsbestmarke von Eintracht Frankfurt, die Bernd Hölzenbein (26) aus der
Saison 1976/77 hielt. Erling Haaland von Borussia Dortmund bewegte sich mit
25 Toren auf ähnlich gutem Niveau. So effiziente Topstürmer hatte die
Fußball-Bundesliga schon lange nicht mehr.
## Die mit Abstand unsinnigste Legende
Union Berlin, so wird gern erzählt, hat seinen Fans fast alles zu
verdanken. Seine Unverwechselbarkeit, das eigene Stadion und jede Menge
Punkte an der Alten Försterei, wo das stimmgewaltige Publikum den Gegner in
die Knie zwinge. Eine Legende, an der ohne Corona wohl lange
weitergestrickt worden wäre. Am stärksten ist Union aber ohne Fans.
Lediglich eine Niederlage gab es bislang in dieser Saison. Und bei dieser
Heimpleite im August 2020 war übrigens noch Publikum erlaubt. Am letzten
Spieltag gegen Leipzig will Union wieder 2.000 Zuschauer reinlassen.
Schade, mit der Conference League wird das also nichts.
## Der mit Abstand teuerste Klassenerhalt
Hertha BSC macht sich zum Windhorst. Mit dem Geld des deutschen
Unternehmers startete man im Winter 2020 die größte europäische
Transferoffensive, gab knapp 80 Millionen Euro für Krzysztof Piątek, Lucas
Tousart, Matheus Cunha und Santiago Ascacíbar aus und legte
sicherheitshalber noch einmal im Sommer 26 Millionen für weitere
Verstärkungen drauf. All das im Glauben, damit im Besitz von europäischer
Fußballklasse zu sein. Die Hertha hat sich gewaltig verrechnet. In Wahrheit
war das der Preis für den Klassenerhalt. Mit großer Erleichterung feierte
man erst vergangenes Wochenende, dass der Big City Club nun ein weiteres
Jahr in der Bundesliga spielen darf.
## Die mit Abstand wenigsten Zuschauer
Es gibt doch eine Statistik, in der Bayern München Schlusslicht ist. 0
Zuschauer kamen im Schnitt zu den 16 Heimspielen des FC Bayern. Im
Söder-Land herrschten die strengsten Coronaregeln. Der Sieger Borussia
Dortmund kommt aus dem Laschet-Land und hatte in 3 Partien insgesamt 21.100
Menschen den Eintritt gewährt. Das Geschäft und die Show haben in dieser
Saison extrem gelitten. Geblieben ist der reine Fußball mit Fachanweisungen
von den Trainerbänken. Ein Spaß nur für die, die auch an
Reinheitsideologien ihre Freude haben.
21 May 2021
## LINKS
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## AUTOREN
Johannes Kopp
René Hamann
Martin Krauss
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Julian Nagelsmann
FC Bayern München
Wochenkommentar
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Letzterer bleibt aber wohl der wichtigste Spieler in der Geschichte des FC
Bayern.
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