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# taz.de -- Die Wahrheit: Billiger Gin für Queen Mum
> Wer hat den Duty-Free-Shop erfunden, die Oase in der Wüste des
> Charter-Tourismus? Eins sei verraten: Die Schweizer waren es nicht.
Auf nach England. Dort tobt zwar die indische Coronamutation, das Wetter
ist meistens grauenhaft und die Preise sind astronomisch – aber es gibt
Duty-free-Läden! Seit das Vereinigte Königreich aus der Europäischen Union
ausgetreten ist, kann man in den Flughäfen und auf den Fähren nach und von
Großbritannien wieder zollfrei einkaufen.
Die Regierungen in London und Dublin verhandeln zurzeit über eine
gemeinsame „Reiseblase“. Die Tourismusindustrie freut sich, dass der
Reiseverkehr mit dem Ausland ab 19. Juli wieder möglich sein wird. Aber
Briten sollten unverzüglich wieder hereingelassen werden, meinen die
Hoteliers. Umgekehrt würde das bedeuten, dass Iren wieder nach
Großbritannien reisen und mit billigem Alkohol, Zigaretten und Parfum nach
Hause kommen dürfen.
Leider gilt das nicht für Nordirland, obwohl es zum Vereinigten Königreich
gehört. Das blöde Nordirlandprotokoll zum Brexit-Vertrag regelt, dass der
Norden der Insel weiterhin Teil des EU-Binnenmarkts bleibt und sich deshalb
an die Zollregeln der EU halten muss. Dadurch soll eine harte Grenze in
Irland vermieden werden, und deshalb gibt es auch keine harten Sachen zum
Sonderpreis.
Duty Free ist ein 70-Milliarden-Dollar-Geschäft weltweit. Es war ein Ire,
der das Konzept erfunden hat: Brendan O’Regan aus der westirischen
Grafschaft Clare. Dort war im Oktober 1945 der Shannon-Flughafen eröffnet
worden. Er wurde zum wichtigsten transatlantischen Flughafen Europas, 1946
wurden mehr als 100.000 Passagiere abgefertigt. Aber als das Zeitalter der
Düsenflugzeuge anbrach, mussten die Maschinen aus den USA nicht mehr in
Shannon auftanken.
## P.P. war begeistert
O’Regan kam eine Idee, als er per Schiff von den USA nach Irland reiste und
an Bord ein Duty-free-Geschäft sah. Das müsste doch auch in Shannon
funktionieren, dachte er. Irgendwie überzeugte er das Finanzministerium,
und im Juli 1950 stellte er eine Holzhütte neben das Flughafengebäude, wo
er Schnaps für 1,50 Dollar pro Flasche verkaufte. Prinz Philip war von der
Vorstellung so begeistert, dass er sich für jeden britischen Flughafen
einen solchen Laden wünschte. Vermutlich wollte er die Kosten für den Gin
seiner Schwiegermutter senken.
O’Regan hatte noch mehr Ideen auf Lager. Er erfand den Irish Coffee, jenen
Kaffee mit Whiskey und einem Sahnehäubchen, als ein Transatlantikflug wegen
Nebels nicht starten konnte und die Passagiere bei Laune gehalten werden
mussten. Darüber hinaus verhinderte er, dass die Cliffs of Moher in den
Besitz der Firma Liebherr übergingen. Heute sind die Steilklippen nach der
Guinness-Brauerei die meistbesuchte Attraktion der Grünen Insel.
O’Regans wichtigstes Vermächtnis sind jedoch die Duty-free-Läden. Nachdem
er im Jahr 2008 im Alter von 90 Jahren gestorben war, errichtete man eine
Bronzebüste zu seinen Ehren auf dem Flughafen Shannon. Die Reisenden werden
sie küssen, wenn sie vollbepackt aus England zurückkehren.
31 May 2021
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
## TAGS
Kolumne Die Wahrheit
Irland
Nordirland
Schwerpunkt Brexit
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