# taz.de -- Kiel verpasst Bundesliga-Aufstieg: Holstein geht die Puste aus | |
> Die Relegation zur Fußball-Bundesliga verliert Holstein Kiel nach einem | |
> 1:5 gegen Köln. Nach Quarantäne und 11 Spielen in 34 Tagen ging nichts | |
> mehr. | |
Bild: Frustrierte Kieler Fans wärmten ihr Herz an Bengalos | |
KIEL taz | Game over! Zweitligist Holstein Kiel erlebte am Sonnabend mit | |
dem 1:5 im Relegationsrückspiel gegen den 1. FC Köln kurz vor dem Ziel der | |
lange wundersamen Fußballreise ins Traumland Bundesliga eine brutale | |
Bruchlandung – und steht nun vor einer ungewissen Zukunft. | |
Nach dem 1:0-Erfolg im Hinspiel am Rhein versemmelten die Störche nach | |
einer sensationellen Saison mit magischen Momenten wie dem Pokaltriumph | |
gegen den FC Bayern auch ihren dritten Aufstiegsmatchball. Im elften Spiel | |
binnen 34 Tagen als Folge von insgesamt 28 Tagen Teamquarantäne fehlten | |
gegen starke Kölner Qualität und Kraft in erschreckendem Maße. Statt des | |
historischen Erfolges setzte es die höchste Niederlage in der Geschichte | |
der Relegation. | |
Das Gros der rund 2.350 zugelassenen Zuschauer im Holsteinstadion tröstete | |
seine gedemütigten Helden noch minutenlang nach dem Schlusspfiff mit | |
stehenden Ovationen. Bei den Protagonisten herrschte dagegen die komplette | |
Leere. Der völlig demoralisierte Kapitän Hauke Wahl weinte hemmungslos auf | |
dem Rasen. Torjäger Janni Serra musste seinen WG-Kumpel Finn Porath beim | |
Gang in die Kabine stützen. Es hatte zum düsteren Kieler Bild an diesem | |
sonnigen Abend gepasst, dass der unverzichtbare Serra ausgerechnet am Tag | |
der Entscheidung wegen einer Oberschenkelzerrung ausgefallen war. | |
Der 23-jährige Mittelstürmer – künftig mit Bielefeld in der Ersten Liga – | |
wird Kiel verlassen. Gleiches gilt für den südkoreanischen Nationalspieler | |
Jae-Sung Lee, Rechtsverteidiger Jannik Dehm und die Kölner | |
Mittelfeld-Leihkraft Niklas Hauptmann. | |
## Erosion des Kaders droht | |
In welchem Maße die Verantwortlichen der KSV Holstein bereit sind, Geld für | |
adäquaten Ersatz auf den Tisch zu blättern, bleibt abzuwarten. „Das | |
Schließen dieser Lücken ist eine anspruchsvolle Aufgabe, sportlich wie | |
wirtschaftlich“, sagt Störche-Sportchef Uwe Stöver. Möglich, dass der | |
Spar-Etat dieser Spielzeit von rund 11,3 Millionen Euro weiter abgespeckt | |
wird. | |
Auch deshalb stuft Stöver die kommende Serie in der stärksten Zweiten Liga | |
aller Zeiten mit Teams wie Werder Bremen und Schalke 04 als „sehr | |
gefährlich“ ein: „Das wird eine große Herausforderung. Aber wir sind | |
überzeugt davon, dass wir auch in der kommenden Saison eine schlagkräftige, | |
konkurrenzfähige Mannschaft im Rahmen unserer wirtschaftlichen | |
Möglichkeiten beisammen haben werden.“ | |
Ein neuer Angriff auf Liga eins? Eher unwahrscheinlich. Eine mit Blick auf | |
die Abstiegsränge sorgenfreie Saison wäre – Stand heute – schon als Erfolg | |
zu werten. 23 Akteure stehen mindestens noch ein Jahr unter Vertrag, 13 | |
davon sogar noch bis 2023 oder 2024. Doch viele von ihnen, wie | |
beispielsweise der 34-jährige Kiel-Heimkehrer Fin Bartels, haben in den | |
zurückliegenden Monaten am kaum wiederholbaren Limit gespielt. | |
## Begehrter Trainer | |
Das größte Fragezeichen steht allerdings hinter Ole Werner. Der mit 33 | |
Jahren jüngste Cheftrainer im deutschen Profifußball vermied am Sonnabend | |
ein eindeutiges Bekenntnis zur Erfüllung seines noch zwölf Monate laufenden | |
Engagements. „Wir werden uns in ein, zwei Tagen zusammensetzen. Und dann | |
schauen, was der Verein in der neuen Saison vorhat – und was ich vorhabe“, | |
sagte Werner in der Stunde der ultimativen Frustration. | |
Werner hat seit seiner Beförderung zum obersten Trainer im Klub im | |
September 2019 unter schwierigsten Rahmenbedingungen fast das sportliche | |
Optimum erzielt. Ohne üppige Investitionen in den Kader droht nun ein | |
gravierender sportlicher Rückschritt. | |
Bei Werder Bremen soll der „Kieler Jung“ derweil neben dem Ex-Störche-Coach | |
Markus Anfang (aktuell Darmstadt 98) ganz oben auf der Wunschliste der | |
Nachfolger für den entlassenen Florian Kohfeldt stehen. „Fakt ist, dass Ole | |
Werner einen bestehenden Arbeitsvertrag bis Juni 2022 hat. Die gegenseitige | |
Wertschätzung ist sehr groß. Daher sind wir eher interessiert, den Vertrag | |
zu verlängern, als ihn abzugeben“, so Stöver. Ein berechtigtes Lob in | |
XXL-Format, das zumindest die mögliche Ablösesumme in die Höhe treibt. Die | |
Kieler Wochen bis zum Trainingsstart am 21. Juni garantieren Spannung. | |
30 May 2021 | |
## AUTOREN | |
Andreas Geidel | |
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