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# taz.de -- Gelöschte Daten wieder da?: Immer neue Fragen zu Zellenbrand
> Angeblich gelöschte Daten zu dem in einer Zelle verbrannten Amad Ahmad
> sollen wieder aufgetaucht sein. Anwälte gehen von Verschleierung aus.
Bild: Steht im Fall Amad Ahmad in der Kritik: NRW-Innenminister Herbert Reul (C…
Bochum taz | Im Fall des monatelang zu Unrecht inhaftierten und in seiner
Zelle in der JVA Kleve verbrannten Kurden [1][Amad Ahmad] haben Anwälte mit
massiver Skepsis und heftiger Kritik auf Erklärungen von NRW-Innenminister
Herbert Reul (CDU) reagiert, dass für die Aufklärung entscheidende
[2][Daten doch nicht verschwunden] seien.
Entweder gebe es beim LKA „niemanden, der in der Lage ist, einen Datensatz
aufzurufen“, schreiben die Anwälte Sven Tamer Forst und Eberhard Reinecke,
die die Familie des Toten vertreten. Oder die Informationen wurden in der
ViVA-Datenbank der nordrhein-westfälischen Polizei „tatsächlich gelöscht�…
danach aber „auf irgendeine Art und Weise rekonstruiert“. Dann aber sei
„die Integrität des Datensatzes in keiner Weise sichergestellt“.
Für die Aufklärung des Falls, um die sich auch ein Untersuchungsausschuss
des Landtags bemüht, könnte das massive Folgen haben – schließlich werfen
Forst und Reinecke Reuls Beamten vor, „im ganzen Verfahren nicht mit dem
Ziel agiert zu haben, die Wahrheit herauszufinden“. Stattdessen solle
verhindert werden, „dass konkrete Verantwortlichkeiten in der Polizei
aufgeklärt“ werden.
Auch die IT-Expertin Annette Brückner, welche die Anwälte unterstützt,
sagt: „Am Protokoll über die Bearbeitung des Datensatzes ist manipuliert
worden.“ Damit könne derzeit nicht nachvollzogen werden, wer die Daten zu
Amad Ahmad mit Informationen über einen per Haftbefehl gesuchten Mann aus
Mali vermischt und damit dafür gesorgt hat, dass der vor dem syrischen
Assad-Regime Geflohene [3][mehr als drei Monate in Haft saß].
## Innenminister Reul vollzieht Kehrtwende
Für Aufregung hatte deshalb ein aufgetauchtes Schreiben des LKA an die
ermittelnde Staatsanwaltschaft Kleve gesorgt. „Bei der Vorbereitung der
Berichterstattung habe ich festgestellt, dass Daten des Personendatensatzes
des […] im Landesbestand ViVA gelöscht wurden“, heißt es darin schon mit
Datum vom 21. Januar 2021. Auch in der Bundespolizeidatenbank INPOL sei
[4][„der Datenbestand“ über Ahmad gelöscht]. „Das ist auch aus unserer
Sicht bedauerlich, weil dies Nährboden für Verschwörungstheorien der
Opposition ist“, erklärte selbst der Obmann der CDU-Regierungsfraktion im
Untersuchungsausschuss, Oliver Kehrl.
Innenminister Reul aber vollzog am Mittwochabend vor Pfingsten eine
überraschende Kehrtwende. Zumindest in der NRW-Datenbank ViVA seien alle
Informationen zu Amad Ahmad noch vorhanden, erklärte Reul in einer
Fragestunde des Landtags. Am Donnerstagabend stand der CDU-Mann auch dem
U-Ausschuss Rede und Antwort – auf Beschluss von CDU und FDP allerdings in
nichtöffentlicher Sitzung. Aufgrund eines Löschmoratoriums seines
Ministeriums seien die Daten gesichert, so Reul. Nur „im Auskunftsteil“ der
ViVA-Datenbank seien sie nicht mehr sichtbar gewesen, habe das LKA in einer
„zweiten Stellungnahme korrigiert oder richtiggestellt“.
## Opposition findet Vorgang „sehr ärgerlich“
Vertretern der Opposition aber liegt diese zweite Stellungnahme noch nicht
vor. „Sehr ärgerlich“ sei, dass Reul die Abgeordneten tagelang nicht
informiert habe, sagt SPD-Fraktionsvize Sven Wolf. Das sorge erneut für
„viel Verunsicherung“. Auch der grüne Abgeordnete Stefan Engstfeld findet
Reuls Vorgehen „sehr merkwürdig“. Offenbar wisse der Minister schon seit
Februar, dass die Daten doch nicht gelöscht sein sollen – und habe den
Untersuchungsausschuss, die Staatsanwaltschaft und die Öffentlichkeit
trotzdem nicht informiert.
Auch die Zusicherung des Christdemokraten, der Untersuchungsausschuss
verfüge über alle nötigen Informationen, betrachtet Engstfeld mittlerweile
skeptisch. „Was für den Untersuchungsausschuss relevant ist, beurteilt am
Ende Reuls Ministerium.“ Die Anwälte Forst und Reinecke gehen noch einen
Schritt weiter: Sie fordern, „Sachverständige und Polizeidienststellen aus
anderen Bundesländern“ zu beteiligen – denn die unterlägen „nicht der
politischen Weisung des Innenministeriums NRW“.
24 May 2021
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## AUTOREN
Andreas Wyputta
## TAGS
JVA Kleve
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Polizei NRW
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